!Naruseb vermeidet ökonomische Kernfrage
Der Minister hat sich am vergangenen Donnerstag zu einer sachlichen Antwort auf sechs Fragen von Jesaya Nyamu Mühe gegeben. Auf die Kernfrage Nyamus zur Feststellung, wie es den neu angesiedelten, vorher zumeist landlosen, Namibiern heute geht, hat !Naruseb nach eigenem Eingeständnis allerdings keine Antwort, obwohl die Regierung eine Studie über die Verteilung, die Eigentumsverhältnisse und die Infrastruktur der meisten Neusiedlerfarmen hat anfertigen lassen. „Diese Aufnahme hat jedoch die Auswirkung des (Landreform)Programms auf die auf die Wirtschaft und auf die Existenz der neu Angesiedelten nicht erfasst.“ Die Regierung habe allerdings die Notwendigkeit erkannt, eine solche Studie über die Auswirkung der Landreform anzufertigen, weil nur dann ermittelt werden könne, ob die Neusiedlerfarmen „signifikant zur nationalen Produktion der Landwirtschaft beitragen“.
!Naruseb fügte hier den aktuellen Stand der staatlichen Landreform hinzu: 4981 Begünstigte/Neufarmer sind auf 2,4 Mio. Hektar kommerziellem Farmland angesiedelt worden. Der Minister hat an dieser Stelle nicht den Durchschnittswert pro Neusiedler angegeben, der sich mit geringfügigen Schwankungen auf 481 Hektar pro Begünstigten einpendeln dürfte. !Naruseb betont, dass die Statistik der angekauften Bodenfläche und die Zahl der Ansiedler allein schon Ausdruck „der Auswirkung“ (impact) der Landreform seien. „Wir können die Auswirkung des Neusiedlerprogramms auf unsere Gemeinschaften nicht nur aus einer Perspektive beurteilen, sondern müssen auch die multidimensionale sozio-ökonomische, politische Situation berücksichtigen.“ Man müsse in Acht nehmen, dass „4981 zuvor benachteiligte landlose Namibier“ aus dem ganzen Land jetzt durch das Neusiedlerprogramm eine eigene Bleibe gefunden hätten. „Die Existenz von über 50% dieser Siedler ist davon abhängig.“ !Naruseb ist an dieser Stelle nicht auf die vermutlich zusätzlichen Einkommensquellen der anderen Hälfte (50%) dieser Siedler eingegangen.
Bei den knapp über zwei Millionen Hektar handelt es um insgesamt 345 ehemalige kommerzielle Farmen, die der Staat für 768,5 Mio. N$ gekauft hat. Die Hindernisse zum Ankauf von Farmen beschreibt !Naruseb als Mangel an Geldern sowie mit der Behauptung, dass die Regierung „keinen geeigneten Boden“ angeboten bekomme, weil solche Farmen „auf schwierigem Terrain, in niedrigem Niederschlagsgebiet, auf verbuschtem Gelände gelegen seien und wenig Infrastruktur vorweisen“. Er beklagt auch den überteuerten Bodenpreis, so dass der vom Staat bewilligte Jahresbetrag von 50 Mio. N$ zum Ankauf von Boden kaum für fünf Farmen ausreiche.
Entgegen anderer Stimmen aus dem Regierungslager, die die Empfehlungen der großen Landkonferenz von Juni 1991 negieren wollen, obwohl die zwei gültigen Gesetze über kommerzielle und kommunale Landreform daraus hervorgegangen sind, hat sich !Naruseb in seiner Parlamentserklärung ausdrücklich zum bestehenden Gesetzesrahmen bekannt. Polemiker der SWAPO und andere verteufeln wiederholt den 1991 vereinbarten Grundsatz des „willigen Käufers und willigen Verkäufers“ (willing buyer, willing seller). In seiner Antwort an Nyamu hat der Minister den Grundsatz jedoch gar nicht erwähnt.
Der Frage Nyamus, ob es stimmt, dass die Mehrzahl der Neusiedler ihren Flecken wieder an den vorigen Eigentümer als Weideland verpachten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, entgegnete !Naruseb, dass es im rechten Rahmen nach dem Gesetz erlaubt sei, solchen Boden zu verpachten. Der Verpächter müsse dem Minister jedoch einen Antrag mit allen Angaben der zwei Parteien und der Dauer der Pacht einreichen. „Ich kann das Haus (Nationalversammlung) informieren, dass ich keinem ehemaligen Farmeigentümer eine solche Pacht bewilligt habe.“ Sollte es ein solches Verhältnis geben, geschehe das „außerhalb des Gesetzes“. Im Widerspruch dazu bietet der Minister dann aber eine Begründung an, inwiefern sein Ressort die Weiterverpachtung neu zugeteilten Bodens erlauben will. Die Kriterien für Wieder- und Neuansiedlung gelten „für marginalisierte Gemeinschaften und ehemalige Farmarbeiter, die in der Regel keinen Bodenbesitz, kein Einkommen und kein Vieh haben. Der Boden ist die einzige Wertgrundlage, worüber diese Gruppen (dann) verfügen. Natürlich müssen sie ihre Farm als Ermächtigungsinstrument (empowerment tool) weiterverpachten, um über eine bewilligte Periode ein Einkommen zu erhalten“. Das Weiterverpachten (subleasing) werde nach Gesichtspunkten der Weide-Tragfähigkeit und der Weideverhältnisse durchgeführt.
Das Ministerium, so !Naruseb, sei weiterhin bemüht, vor dem Hintergrund sozio-ökonomischer Ungleichheit eine Politik zu verfolgen, die mehr Zugriff auf Boden versichere, ohnedem sich die Armut weiter ausdehne.
Eberhard Hofmann
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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