Neue Perspektive für Deutsch-Unterricht

Von Sven Westbrock, WindhoekDie jungen Pädagogen aus der Bundesrepublik machen heute etwa ein Viertel aller Deutschlehrer in Namibia aus. Aktuell sind es 29, verteilt auf 18 Schulen im ganzen Land. Johanna Schedlbauer (32), Sofia Lorenz (27) und Christian Schmid (29) lösen Dieter Poschardt nun als ehrenamtliche Leiter des Programms ab. Alle drei sammelten über das Projekt einst selbst Unterrichtserfahrung im Ausland. Dies will das Trio jetzt seinerseits nachfolgenden Generationen ermöglichen. „Mir hat das damals unglaublich viel gebracht“, erinnert sich Schedlbauer. 2012 verbrachte sie, die heute an einem Gymnasium in Bad Reichenhall unterrichtet, ein halbes Jahr an einer Oberschule in Tsumeb. Der Aufenthalt in Namibia habe ihr geholfen, sich selbst als Lehrerin zu finden und Sicherheit im Unterrichten zu bekommen. Zudem habe die Zeit in Namibia ihr einen Einblick gegeben, „wie die Dinge in einem anderen Land funktionieren“.Auch die namibischen Schüler profitierten unheimlich vom Deutschunterricht aus erster Hand. Gute Kenntnisse der Sprache seien für viele junge Menschen ein Trumpf. Zum Beispiel, um einen Job im Tourismus zu ergattern, dem am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweig Namibias.Gemeinsam mit dem Ehepaar Sofia Lorenz und Christian Schmid leitet Schedlbauer das Projekt ab sofort. Die Sonderpädagogin und der Betriebswirt verbrachten ihre sechs Monate in Namibia gemeinsam an einer Schule in Karibib. Unterstützt wird das Trio ferner von Monika Stocker, der ehemaligen Sekretärin von Dieter Poschardt, Initiator des Projekts und als ehemals Pädagogik-Dozent an der Universität Nürnberg-Erlangen beim Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband in verschiedensten Positionen tätig. Vor allem bei der Beschaffung der für den Aufenthalt notwendigen Visa wird Stocker weiter helfen. Immer wieder gab es damit in der Vergangenheit Probleme. „Um das zu klären, streben wir ein Gespräch mit den zuständigen Behörden an“, sagt Schedlbauer.Dieses Gespräch könnte schwierig werden, weiß Poschardt. „Das Verhalten des Innenministeriums könnte dem Projekt einmal den Todesstoß versetzen“, befürchtet er. So müssten die Bewerber für die Bearbeitung ihres Visum-Antrages eine Vielzahl von Unterlagen einreichen. Doch auch wenn diese rechtzeitig vorliegen, sei nicht gesichert, dass das Visum rechtzeitig vorliegt. „So schwierig wie jetzt war es noch nie“, ärgert Poschardt sich. Erst kürzlich sei zwei Praktikanten die Einreise nach Namibia verwehrt worden. In Kapstadt hätten sie warten müssen, bis ihr Antrag schließlich fertig bearbeitet worden sei. Die Haltung der namibischen Behörden sei manchmal regelrecht zum Verzweifeln.Sollte das Projekt daran tatsächlich eines Tages scheitern, so wäre das Poschardt zufolge ein großer Verlust für künftige Lehrer. Junge Pädagogen würden hier nicht nur interkulturelle Kompetenzen erwerben, sie erlebten bei ihrem Aufenthalt auch erstmals „volle Verantwortung“. Nicht wenige würden in Namibia erwachsen. „Plötzlich sind sie wichtig, es kommt auf sie an“, weiß er, besonders angesichts der erschwerten Rahmenbedingungen mit oftmals großen Klassen und fehlendem Unterrichtsmaterial. Während ihrer Arbeit gebe es für die Studenten zudem einen enormen Entfaltungsspielraum. „Einige haben Musicals aufgeführt und Chöre gegründet“, erzählt Poschardt. Die Schüler profitierten im Übrigen ebenso vom Unterricht der Studenten, da diese über eine hohe didaktische Kompetenz verfügten. „Die Kinder lieben sie, weil sie anders sind“, meint er.1998 war es, als die erste seiner Studenten nach Namibia kam. Kurz darauf fragte Dieter Springer, der damalige Vorsitzende der Arbeits- und Fördergemeinschaft Deutscher Schulvereine (AGDS) in Namibia an, ob es möglich sei, noch weitere Nachwuchs-Lehrer ins Land zu schicken. Seitdem hat Poschardt fast zwei Jahrzehnte lang ehrenamtlich etliche Arbeitsstunden in das Projekt investiert. Dabei war das längst nicht seine einzige Baustelle. Sowohl auf dem Balkan als auch im Nahen Osten engagierte er sich bei Projekten gegen Not, Armut und Krieg. Für seinen vielseitigen Einsatz erhielt er Ende 2013 das Bundesverdienstkreuz am Bande.Die, die in Namibia mit ihm zusammengearbeitet haben, sind voll des Lobes. „Unglaublich, was dieser Mann leistet. Er leiert Projekte nicht nur an, er setzt sie dann auch um“, sagt etwa Corinna Burth, Beauftragte für Bildungskooperation des namibischen Goethe-Instituts. Anka Ellinger, pensionierte Lehrerin aus Tsumeb und langjährige Unterstützerin des Praktikanten-Projektes, bestätigt: „Er ist voller Energie. Was er sich vornimmt, das tut er auch.“ Besonders seine Zielstrebigkeit zeichne Poschardt aus.Nun wird das Projekt weitgehend ohne Poschardt auskommen müssen. Wie groß sein Engagement alleine dabei war, zeigt die Tatsache, dass seine Nachfolge auf drei Schultern verteilt liegt. So bleibt nichts weiter, als dem jungen Trio viel Erfolg zu wünschen. Denn in der Tat: Sollte es eingestellt werden, wäre der Verlust groß.

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Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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