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Niederlande gewinnt Fußball-Weltmeistermeisterschaft - in Soweto

Dass die Niederlande in einem rein europäischen Finale antreten würde, stand schon eine Woche vor der Austragung des Endspiels fest. Zumindest wenn man die Anfang Juli auf drei Ascheplätzen in Soweto - einem Zusammenschluss zahlreicher Townships im Südwesten der Industriemetropole Johannesburg - ausgetragene Mini-WM verfolgt hatte. Nur wenige Kilometer vom Soccer-City-Stadion entfernt, ermittelten 32 Jugendmannschaften, die jeweils eine der teilnehmenden WM-Nationen repräsentierten, in insgesamt 64 Spielen ihren Weltmeister.

"Ich bin stolz, den Weltmeistertitel im Trikot der Niederländer gewonnen zu haben", sagt der zehnjährige Bongani nach dem 3:1-Finalsieg und ergänzt mit leuchtenden Augen: "Mein Lieblingsspieler ist Arjen Robben." Der Titel, den sich die "kleinen Niederländer" nicht gegen Spanien, sondern gegen den in der Realität kläglich in der Vorrunde gescheiterten Titelverteidiger Italien sicherten, wurde von den Nachwuchskickern ausgelassener bejubelt als mancher Sieg auf der wahren WM-Bühne.

Dass die kleinen Vertreter des südafrikanischen Teams wie ihre großen Vorbilder bereits in der Vorrunde ausschieden, tat der Begeisterung keinen Abbruch. "Am liebsten hätte ich den WM-Sieg natürlich im Trikot der Bafana Bafana geholt", sagt Bongani nach dem Finale und klatscht mit Phil Masinga, dem Schirmherr dieser Veranstaltung, ab. Zehn Jahre lang hatte Masinga das Trikot der südafrikanischen Nationalmannschaft getragen und bis zu seinem Karrierende 2002 in 58 Länderspielen 19 Tore erzielt. Er gilt als einer der besten südafrikanischen Stürmer aller Zeiten und wird von den Kindern an diesem Montagmorgen wie ein Superstar gefeiert.

Doch nicht nur Masinga wird bejubelt, sondern auch sein Begleiter: Lutz Pfannenstiel, der Torwarttrainer der namibischen Fußballnationalmannschaft, ist gekommen, um sich das von seinem Freund geleitete Straßenkinderprojekt anzusehen. Die beiden lernten sich vor über zehn Jahren in England kennen. Pfannenstiel hütete damals das Tor von Bradford Park Avenue, während Masinga für Leeds United auf Torejagd ging. "Wir haben uns angefreundet, obwohl wir nie in einem Team gespielt haben", erinnert sich Pfannenstiel und fügt verschmitzt an: "Dafür waren wir oft zusammen feiern."

Nachdem sie sich einige Jahre aus den Augen verloren hatten, gab es im November 2009 ein Wiedersehen in Windhoek. Beim Abschiedsspiel für den früheren namibischen Nationalspieler Sylvester "Lolo" Goraseb liefen Pfannenstiel und Masinga im Trikot der "African Legends" auf und gewannen mit 8:6 gegen eine Auswahl von namibischen Akteuren, die sich 1998 für die Afrikameisterschaft qualifiziert hatten.

Anschließend gingen sie wie in den alten Zeiten gemeinsam feiern und Pfannenstiel erzählte Masinga von seinem Umweltprojekt Global United. Mit spektakulären Benefiz-Fußballspielen Geld für Umweltprojekte gewinnen - Masinga war von der Idee sofort begeistert und wurde Mitglied des Global United Football Clubs, dem mittlerweile mehr als 250 aktuelle und ehemalige Fußballprofis angehören.
Beim Global-United-Event in Windhoek Ende Mai dieses Jahres feierte Masinga sein Debüt für den Benefiz-Klub und beim 1:0-Sieg der African Legends gegen die Europa-Auswahl von Global United gelang ihm als einzigem Akteur ein Treffer gegen Pfannenstiel. "Er hat halt nichts verlernt", sagt Pfannenstiel im Rückblick mit einem Augenzwinkern. Torjäger Masinga zeigt sich unterdessen sehr angetan von der guten Organisation und den großen Namen der beteiligten Akteure. "Das war ein Top-Event", so Masinga, der auch in Zukunft jederzeit für Global United zur Verfügung steht. "Ich bewundere Lutz für seinen Einsatz im Kampf gegen die Umweltzerstörung. Wenn er mich anruft, bin ich dabei."

Der Respekt beruht auf Gegenseitigkeit. "Es ist bewundernswert, wie sich Phil für das Wohlergehen der Kinder hier in Soweto einsetzt", sagt Pfannenstiel. "Trotz seiner sportlichen Erfolge hat er nie seine Wurzeln vergessen." Tatsächlich wohnt Masinga mit seiner Familie in unmittelbarer Nähe der staubigen Ascheplätze im Herzen von Soweto. "Hier ist mein Zuhause und hier fühle ich mich wohl", erklärt der heute 41-jährige, der seinen sozialen Aufstieg dem Fußball zu verdanken hat. "Ich weiß um die Armut in unserem Land und will einen Beitrag leisten, um den Straßenkindern hier in Soweto ein besseres Leben zu ermöglichen."

Soweto ist in den 16 Jahren seit dem Ende der Apartheid zwar stark aufgewertet worden, doch die Armut von weiten Teilen der Bevölkerung ist nach wie vor allgegenwärtig. Nachdem sich die Nachwuchskicker am Ende des aufregenden Tages von ihrem Idol Masinga verabschiedet haben, setzt sich dieser in seinen schwarz lackierten Geländewagen mit den verdunkelten Scheiben und in diesem Moment wird wieder einmal deutlich, dass der Kontrast zwischen arm und reich in Südafrika nach wie vor ganz besonders stark ausgeprägt ist.

Viele der Kinder können sich keine Fußballschuhe leisten und die für die Mini-WM gesponserten Trikots haben für sie einen unermesslichen Wert. "Ein Trikot der Niederländer aus dem Geschäft kann ich mir nicht leisten", bestätigt Bongani und streift sich stolz über sein Trikot mit der Aufschrift "Holland" und der Nummer elf seines Lieblingsspielers Robben.

Als dieser am Sonntag mit seinem Team versuchte, erstmals in der Geschichte des Weltfußballs die Niederlande zum WM-Titel zu führen, hatte er in Soweto, gar nicht weit vom Soccer-City-Stadion entfernt, einen Fan, der ihm voller Leidenschaft die Daumen drückte. Bongani war überzeugt, dass die "großen Holländer" es ihnen gleich tun würden. "Wir sind Weltmeister geworden, also schaffen die es erst recht!"

Er sollte sich irren - Spanien schnappte sich den Titel. Zudem hatte Bonganis Lieblingsspieler Robben gleich mehrere Chancen zur Führung für "Oranje" vergeben. Doch hatte der niederländische Superstar durch seine überragenden Leistungen im Laufe des Turniers einen großen Traum in Bongani geweckt. "In acht Jahren will ich im Trikot der Bafana Bafana an der Weltmeisterschaft teilnehmen - mit der Nummer elf, wie Robben". In diesem Traum hebt der heute Zehnjährige den WM-Pokal in den Himmel - seinem großen Vorbild war dies am vergangenen Sonntag nicht vergönnt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-24

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