Nix für Sprachpuristen: "Esisallesoreidt"
Für Joe Pütz' Generation hieß es noch "Südwester-Deutsch", aber die im bereits unabhängigen Namibia aufgewachsenen Jahrgänge sprechen natürlich lieber von "Nam-Släng" (Namibia-Slang). Im Prinzip ist das Jacke wie Hose. Nur dass heute einige neue Worte im Umlauf sind, von denen selbst Joe Pütz 2001 noch nichts wusste, als er die dritte und bisher letzte überarbeitete Ausgabe seines "Großen Dikschenärie" auf den Markt brachte. EeS geht es also um ein aktuelles Update. Wörter, die heute nicht mehr Teil der Umgangssprache deutscher Jugendlicher in Namibia sind (welcher 20-Jährige weiß denn heute noch was "Sübsiddies" sind?), werden in seinem "Esisallesoreidt Nam-Släng Universal-Wörterbuch" gar nicht erwähnt. Dafür greift Sell aber aktuelle Begriffe auf wie "Cherrie" (junges Mädchen), "chilln" (Joe Pütz hat noch "rieläxt") oder "chukken" (Pütz war immer "getscheillert". Aber auch EeS & Co zelebrieren noch gerne die "Tscheila Taim" - am liebsten mit einem "Dopp". So viel hat sich also nicht geändert.)
Wie schon AZ-Kollege Eberhard Hofmann in seinem Beitrag "Ein ärgerlich-freches Wörterbuch" in der AZ-Beilage "Deutsch in Namibia" (10.9.2008) vorwegnahm: Die Orthographie im "Nam-Släng"-Lexikon ist haarsträubend. Nur fragt sich, inwiefern überhaupt jemand die "richtige" Schreibweise für das namibische Umgangsdeutsch in Anspruch nehmen kann. Weder "Hof(f)manns Erzählungen" noch das "Dikschenärie" oder Adelheid Lilienthals Karikaturensammlung "Hart wie Kameldornholz" von 1992 benutzen eine einheitliche oder oftmals nur halbwegs nachvollziehbare Schreibweise. Sowohl der Südwesterdeutsche als auch die "Nu Generation" von EeS sprechen nicht nur, wie ihnen das Maul gewachsen ist, sondern schreiben auch frei von der Leber weg. "Da geht auch kein Tietscha kommen und das mit eim roten Penn durch streichen", weiß EeS - schickt dann aber vorsichtshalber doch eine Warnung vorweg: "Net nich das in einem Deutsch-Aufsatz in der Schule train, da kann ich für nix garantiern!"
Einzig sinnvoll - und erst dann wirklich nützlich auch für den Djerrie, der Namibia-Deutsch lernen will - wäre wohl eine phonetische Schreibweise der südwesterdeutschen und Nam-Släng-Begriffe. Doch das ist eine Aufgabe für einen Sprachwissenschaftler. Eric Sell, wie vor ihm auch schon Joe Pütz, hat vor allem einen Anspruch: Spaß beim Zusammenstellen und Erläutern der Begriffe zu haben. "Kack anzujagen" - denn dass es gewissen Widerstand von Sprachpuristen geben wird, ist dem in Windhoek gebürtigen Musiker schon von vornherein klar. "Ich skiehm klomp piehpel gehn eine maa seine Schtorie choin, wenn die dieses Nam-Släng Händbuk lesen", nimmt EeS jegliche Kritik vorweg. "Aba ich worrie sierijaslie nicht. Der, der nicht Entertäinment und Rejälitie auseinander halten kann, muss sich dann ma net aufregen."
Der derzeit in Köln wohnhafte Nam-Boy spricht damit eine aktuelle Debatte um Namibias umgangssprachliches Deutsch an, die mittlerweile recht seltsame Züge annimmt. So wurde der Sprachgebrauch der namibischen Jugend, wie er in dem Spaß-Film "Naminator" porträtiert ist, beim jüngsten Literaturforum der Felsgraffiti-Redaktion ("Einzige Deutsche Literaturzeitschrift Namibias") als "dümmlich" bezeichnet (WAZon-Bericht vom 12.9.2008). Anscheinend hat sich eine Front von Besser-Südwessies gebildet, die zwischen einer "hohen" und einer "niederen" Form der Umgangssprache unterscheiden. Vielleicht handelt es sich dabei aber auch nur um einen Generationen-Konflikt. So auf die Art: "Wir haben damals noch gutes Südwesterdeutsch gesprochen!"
Jemandem wie EeS ist diese Unterscheidung herzlich egal. Er scheint eher gewissermaßen stolz darauf zu sein, eine Generation der sprachlichen Underdogs zu vertreten, wenn er sagt: "Ich hab noch ampa nie ein bleddie Buch gelesen - und jetzt hab ich eins geschrieben, haha!" Fast ein Jahr will er sich damit beschäftigt haben, die alten und neuen Begriffe zu sammeln, die die Sprache der Jugend ausmachen. "Vor allem meine letzten Decemba-Holidäis waren nochals roff. Bin mit Pen und Block in Swakop rumgestappt und hab mooi gehört, wo ich noch ein neues Nam-Släng-Wort herkriegen kann", so Sell im Interview mit WAZon.
Natürlich erhebt der Erstlingsautor keinen Anspruch auf Vollständigkeit. So enthält sein reich bebildertes Lexikon, dessen Umschlagdesign sich an das Layout der Langenscheidt-Wörterbücher anlehnt, einige leere Seite für "Nouts" (Notizen). "Ich hab muts ein pah Wörta vergessen", schreibt EeS, und fordert seine Leser auf: "Ettat die hier hin und choit mir die durch für Esisallesoreidt Eddischen Tuh!"
"Esisallesoreidt Universalwörterbuch Nam-Släng", zusammen ge-ettat von "EeS" a.k.a. Eric Sell, Windhoek 2008. ISBN 978-99945-68. Richtpreis: NS 100. Available näischen weit (erhältlich im namibischen Buchhandel) oder online unter www.eesy-ees.com.
Wie schon AZ-Kollege Eberhard Hofmann in seinem Beitrag "Ein ärgerlich-freches Wörterbuch" in der AZ-Beilage "Deutsch in Namibia" (10.9.2008) vorwegnahm: Die Orthographie im "Nam-Släng"-Lexikon ist haarsträubend. Nur fragt sich, inwiefern überhaupt jemand die "richtige" Schreibweise für das namibische Umgangsdeutsch in Anspruch nehmen kann. Weder "Hof(f)manns Erzählungen" noch das "Dikschenärie" oder Adelheid Lilienthals Karikaturensammlung "Hart wie Kameldornholz" von 1992 benutzen eine einheitliche oder oftmals nur halbwegs nachvollziehbare Schreibweise. Sowohl der Südwesterdeutsche als auch die "Nu Generation" von EeS sprechen nicht nur, wie ihnen das Maul gewachsen ist, sondern schreiben auch frei von der Leber weg. "Da geht auch kein Tietscha kommen und das mit eim roten Penn durch streichen", weiß EeS - schickt dann aber vorsichtshalber doch eine Warnung vorweg: "Net nich das in einem Deutsch-Aufsatz in der Schule train, da kann ich für nix garantiern!"
Einzig sinnvoll - und erst dann wirklich nützlich auch für den Djerrie, der Namibia-Deutsch lernen will - wäre wohl eine phonetische Schreibweise der südwesterdeutschen und Nam-Släng-Begriffe. Doch das ist eine Aufgabe für einen Sprachwissenschaftler. Eric Sell, wie vor ihm auch schon Joe Pütz, hat vor allem einen Anspruch: Spaß beim Zusammenstellen und Erläutern der Begriffe zu haben. "Kack anzujagen" - denn dass es gewissen Widerstand von Sprachpuristen geben wird, ist dem in Windhoek gebürtigen Musiker schon von vornherein klar. "Ich skiehm klomp piehpel gehn eine maa seine Schtorie choin, wenn die dieses Nam-Släng Händbuk lesen", nimmt EeS jegliche Kritik vorweg. "Aba ich worrie sierijaslie nicht. Der, der nicht Entertäinment und Rejälitie auseinander halten kann, muss sich dann ma net aufregen."
Der derzeit in Köln wohnhafte Nam-Boy spricht damit eine aktuelle Debatte um Namibias umgangssprachliches Deutsch an, die mittlerweile recht seltsame Züge annimmt. So wurde der Sprachgebrauch der namibischen Jugend, wie er in dem Spaß-Film "Naminator" porträtiert ist, beim jüngsten Literaturforum der Felsgraffiti-Redaktion ("Einzige Deutsche Literaturzeitschrift Namibias") als "dümmlich" bezeichnet (WAZon-Bericht vom 12.9.2008). Anscheinend hat sich eine Front von Besser-Südwessies gebildet, die zwischen einer "hohen" und einer "niederen" Form der Umgangssprache unterscheiden. Vielleicht handelt es sich dabei aber auch nur um einen Generationen-Konflikt. So auf die Art: "Wir haben damals noch gutes Südwesterdeutsch gesprochen!"
Jemandem wie EeS ist diese Unterscheidung herzlich egal. Er scheint eher gewissermaßen stolz darauf zu sein, eine Generation der sprachlichen Underdogs zu vertreten, wenn er sagt: "Ich hab noch ampa nie ein bleddie Buch gelesen - und jetzt hab ich eins geschrieben, haha!" Fast ein Jahr will er sich damit beschäftigt haben, die alten und neuen Begriffe zu sammeln, die die Sprache der Jugend ausmachen. "Vor allem meine letzten Decemba-Holidäis waren nochals roff. Bin mit Pen und Block in Swakop rumgestappt und hab mooi gehört, wo ich noch ein neues Nam-Släng-Wort herkriegen kann", so Sell im Interview mit WAZon.
Natürlich erhebt der Erstlingsautor keinen Anspruch auf Vollständigkeit. So enthält sein reich bebildertes Lexikon, dessen Umschlagdesign sich an das Layout der Langenscheidt-Wörterbücher anlehnt, einige leere Seite für "Nouts" (Notizen). "Ich hab muts ein pah Wörta vergessen", schreibt EeS, und fordert seine Leser auf: "Ettat die hier hin und choit mir die durch für Esisallesoreidt Eddischen Tuh!"
"Esisallesoreidt Universalwörterbuch Nam-Släng", zusammen ge-ettat von "EeS" a.k.a. Eric Sell, Windhoek 2008. ISBN 978-99945-68. Richtpreis: NS 100. Available näischen weit (erhältlich im namibischen Buchhandel) oder online unter www.eesy-ees.com.
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Allgemeine Zeitung
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