NUR 24 ZEILEN (40. Folge)
Eine wahre Geschichte über den Krieg, die Liebe und den langen Weg zurück nach Afrika
EINE ENTSCHEIDENDE ANTWORT (Kapitel 13, Teil 2/2)
Mein lieber Kurt!
Was meine Antwort auf Deinen Brief sein wird, wirst Du wissen. Wenn ich Dir heute ja sage, so kannst Du mir glauben, daß ich es aus ganzem Herzen tue, denn ich habe Dich lieb, heute noch wie vor langer Zeit, als dieses mir zum ersten Mal bewußt wurde. Meine Antwort kann gar nicht anders sein. Ich hätte aber auch so gewartet, bis wir einander wiedergesehen hätten, und Du mußt niemals glauben, daß dieses auch nur in irgendeiner Weise für mich ein Opfer bedeutet. Und das Schicksal hat Dir ein viel härteres Los auferlegt als mir. Daß ich Deine Liebe haben darf, in all diesen Jahren haben durfte, hat mir unendlich viel bedeutet. Ich habe es Dir schon oft gesagt.
Kurt antwortet sofort in winzigen Buchstaben und dicht gedrängten Zeilen:
Im Laufe der letzten Wochen sind alle Deine Briefe vom Januar bis April eingetroffen. Auch Deine von mir langersehnte Antwort war dabei. Ich danke Dir für diesen Brief ganz besonders, er wird immer der entscheidendste Brief in meinem Leben bleiben. Ich weiß jetzt – ich hatte wohl noch gezweifelt – daß Du auf mich warten willst. Und doch war ich in einer seltsamen Ungewißheit.
Mit uns beiden ist ja das Merkwürdige geschehen, daß wir uns trotz zeitlicher und räumlicher Trennung nicht verloren haben. Wir sind uns gegenseitig lieb und wert, einer hilft dem anderen, indem wir uns gegenseitig unser Leben verschönern, indem wir aneinander denken und uns dem anderen mitteilen. Und jetzt, wenn ich ganz in Gedanken bei Dir bin, habe ich dasselbe glückliche Gefühl wie in den Augenblicken, in denen ich einen Brief von Dir lesen darf.
Die leise Verwunderung, die Dich nach den Gründen für meinen Sylvesterbrief fragen läßt, verstehe ich gut. Anlaß war, Dir zu der Gewißheit zu verhelfen, daß ich mich durch mein Versprechen gebunden fühle. Wir werden noch schwereren Zeiten entgegensehen. Mag dann unser gegebenes Wort jedes Hindernis, das uns trennen möchte, überwinden. Nicht in einem Gefühlsüberschwang und nicht mit sentimentaler Romantik bin ich zu meinem Brief vom 31.12.1943 gekommen, sondern aus der klaren Erkenntnis heraus, daß Du als auch ich ein verpflichtendes Wort noch bitter nötig haben werden. Vielleicht tritt eines Tages an Dich eine Entscheidung heran, bei der Du Dein wohlgesichertes Leben, die geordnete Arbeit, die friedvolle Umgebung mit einer dunklen, ungewissen Zukunft abzuwägen haben wirst. Vielleicht kann Dir dann mein Wort helfen. Ein bürgerliches, beschauliches Dasein wird uns in Zukunft nicht vergönnt sein, viele Werte und Maßstäbe sind zerbrochen. Ich kann diese Wandlung nur ahnen, da wir so sorgsam von allen äußeren Einflüssen behütet und bewahrt werden.
Danach gibt es wieder eine monatelange Briefpause. Im September ist das fünfte Jahr seit ihrer Trennung vergangen. Ideale und Werte sind verlorengegangen, Zukunftsträume geplatzt. Nach neuen Richtlinien für ein neues Leben zu suchen ist in der Zeit des Kriegs schwierig und für Kurt schwerer als für Hildegard, da er hinter Stacheldraht von den Geschehnissen in der Welt abgeschnitten ist.
Im Dezember scheint in Europa der Krieg endlich an sein Ende zu kommen. Im Laufe des Jahres 1944 zweifeln immer mehr Deutsche am militärischen Erfolg der Wehrmacht und vor allem am Sinn der brutalen Kämpfe. Doch nur wenige haben den Mut, Widerstand zu leisten. Viel zu spät machen einige Frauen und Männer den Versuch, gegen das NS-Regime aktiv zu werden. Der erfolgversprechendste Versuch eines Attentats auf die NS-Führung scheitert am 20. Juli 1944, nachdem Oberst Graf von Stauffenberg eine Zeitzünderbombe in Hitlers Hauptquartier Wolfsschanze deponiert hat. Nur leicht verletzt, bezeichnet Hitler sein Überleben als ein Zeichen der Vorsehung. Trotz zunehmender Niederlagen an allen Fronten werden noch Hunderttausende Soldaten in militärisch sinnlose Schlachten geschickt. Riesige Trecks von Flüchtlingen fliehen vor dem Vormarsch der Roten Armee nach Westen.
Im Winter 1944/45 besetzen alliierte Truppen große Gebiete des westlichen Deutschen Reiches. Hier werden sie von der Bevölkerung zumeist freundlich begrüßt. Sie sind erleichtert, dass es Amerikaner, Briten und Franzosen sind, die als Besatzer einrücken, und keine Rotarmisten. Mit der Besetzung ihres Heimatortes ist der Krieg für die Menschen weitgehend beendet.
Mein lieber Kurt!
Was meine Antwort auf Deinen Brief sein wird, wirst Du wissen. Wenn ich Dir heute ja sage, so kannst Du mir glauben, daß ich es aus ganzem Herzen tue, denn ich habe Dich lieb, heute noch wie vor langer Zeit, als dieses mir zum ersten Mal bewußt wurde. Meine Antwort kann gar nicht anders sein. Ich hätte aber auch so gewartet, bis wir einander wiedergesehen hätten, und Du mußt niemals glauben, daß dieses auch nur in irgendeiner Weise für mich ein Opfer bedeutet. Und das Schicksal hat Dir ein viel härteres Los auferlegt als mir. Daß ich Deine Liebe haben darf, in all diesen Jahren haben durfte, hat mir unendlich viel bedeutet. Ich habe es Dir schon oft gesagt.
Kurt antwortet sofort in winzigen Buchstaben und dicht gedrängten Zeilen:
Im Laufe der letzten Wochen sind alle Deine Briefe vom Januar bis April eingetroffen. Auch Deine von mir langersehnte Antwort war dabei. Ich danke Dir für diesen Brief ganz besonders, er wird immer der entscheidendste Brief in meinem Leben bleiben. Ich weiß jetzt – ich hatte wohl noch gezweifelt – daß Du auf mich warten willst. Und doch war ich in einer seltsamen Ungewißheit.
Mit uns beiden ist ja das Merkwürdige geschehen, daß wir uns trotz zeitlicher und räumlicher Trennung nicht verloren haben. Wir sind uns gegenseitig lieb und wert, einer hilft dem anderen, indem wir uns gegenseitig unser Leben verschönern, indem wir aneinander denken und uns dem anderen mitteilen. Und jetzt, wenn ich ganz in Gedanken bei Dir bin, habe ich dasselbe glückliche Gefühl wie in den Augenblicken, in denen ich einen Brief von Dir lesen darf.
Die leise Verwunderung, die Dich nach den Gründen für meinen Sylvesterbrief fragen läßt, verstehe ich gut. Anlaß war, Dir zu der Gewißheit zu verhelfen, daß ich mich durch mein Versprechen gebunden fühle. Wir werden noch schwereren Zeiten entgegensehen. Mag dann unser gegebenes Wort jedes Hindernis, das uns trennen möchte, überwinden. Nicht in einem Gefühlsüberschwang und nicht mit sentimentaler Romantik bin ich zu meinem Brief vom 31.12.1943 gekommen, sondern aus der klaren Erkenntnis heraus, daß Du als auch ich ein verpflichtendes Wort noch bitter nötig haben werden. Vielleicht tritt eines Tages an Dich eine Entscheidung heran, bei der Du Dein wohlgesichertes Leben, die geordnete Arbeit, die friedvolle Umgebung mit einer dunklen, ungewissen Zukunft abzuwägen haben wirst. Vielleicht kann Dir dann mein Wort helfen. Ein bürgerliches, beschauliches Dasein wird uns in Zukunft nicht vergönnt sein, viele Werte und Maßstäbe sind zerbrochen. Ich kann diese Wandlung nur ahnen, da wir so sorgsam von allen äußeren Einflüssen behütet und bewahrt werden.
Danach gibt es wieder eine monatelange Briefpause. Im September ist das fünfte Jahr seit ihrer Trennung vergangen. Ideale und Werte sind verlorengegangen, Zukunftsträume geplatzt. Nach neuen Richtlinien für ein neues Leben zu suchen ist in der Zeit des Kriegs schwierig und für Kurt schwerer als für Hildegard, da er hinter Stacheldraht von den Geschehnissen in der Welt abgeschnitten ist.
Im Dezember scheint in Europa der Krieg endlich an sein Ende zu kommen. Im Laufe des Jahres 1944 zweifeln immer mehr Deutsche am militärischen Erfolg der Wehrmacht und vor allem am Sinn der brutalen Kämpfe. Doch nur wenige haben den Mut, Widerstand zu leisten. Viel zu spät machen einige Frauen und Männer den Versuch, gegen das NS-Regime aktiv zu werden. Der erfolgversprechendste Versuch eines Attentats auf die NS-Führung scheitert am 20. Juli 1944, nachdem Oberst Graf von Stauffenberg eine Zeitzünderbombe in Hitlers Hauptquartier Wolfsschanze deponiert hat. Nur leicht verletzt, bezeichnet Hitler sein Überleben als ein Zeichen der Vorsehung. Trotz zunehmender Niederlagen an allen Fronten werden noch Hunderttausende Soldaten in militärisch sinnlose Schlachten geschickt. Riesige Trecks von Flüchtlingen fliehen vor dem Vormarsch der Roten Armee nach Westen.
Im Winter 1944/45 besetzen alliierte Truppen große Gebiete des westlichen Deutschen Reiches. Hier werden sie von der Bevölkerung zumeist freundlich begrüßt. Sie sind erleichtert, dass es Amerikaner, Briten und Franzosen sind, die als Besatzer einrücken, und keine Rotarmisten. Mit der Besetzung ihres Heimatortes ist der Krieg für die Menschen weitgehend beendet.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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