Onhandi lilongo Oshiwambo
Von Ina Briest, Windhoek
Schon vor der Tür ist das Gelächter im Klassenraum von Meme Auala zu hören. Die zehn Schüler im Anfängerkurs der resoluten Dame sind guten Mutes. In dem weiß getünchten Raum mit bunten Vokabelzetteln an den Wänden sitzen Schüler im Alter von 20 bis 60 Jahren. Viele Nationalitäten sind vertreten: Namibier ebenso wie Deutsche, Spanier, Amerikaner, Kanadier… Doch auf der Schulbank sind alle gleich. Und genau wie in der Schule gibt es hier solche, die ihre Dokumente ordentlich eingeheftet haben, Schüler mit Laptop auf dem Tisch und jene, die inmitten einer Zettelwirtschaft lernen.
Gemeinsam mit Meme Auala lesen sie im Chor ein Kapitel aus „Hai ti – Ich sage“, dem Lehrbuch, das sie kostenlos im Internet heruntergeladen haben. Die Amerikanern Thera Crane, Karl Lindgren-Streicher und Andy Wingo haben es während ihrer Zeit als Hilfslehrer im Owamboland geschrieben. Ursprünglich ist es für Mitglieder des Friedenskorps entwickelt worden, doch auch im Goethe-Zentrum leistet es gute Dienste.
Die Lehrerin mit den schwarzen Locken und der Brille trägt Goldschmuck und Sandalen zu ihrem Leopardengewand. Streng und trotzdem geduldig bespricht sie mit ihren Schülern den Text. Sie stellt Fragen, verbessert, schreibt an, erklärt, wiederholt. Die Hausaufgabe war, einen Text über sich selbst zu schreiben. „Das war Hausaufgabe?“ tönt es von einer Schülerin. Gelächter von allen Seiten. „Ja, das war Hausaufgabe. Sich vorstellen zu können, ist sehr wichtig“, rügt Meme Auala. Am liebsten antworten die Lernenden mit „Kandi shi shi“, was soviel heißt wie „Ich weiß nicht.“ Das lässt die Lehrerin aber nicht durchgehen.
Der sportliche Kanadier Nathan ist einer der Schüler. Er ist zum Arbeiten nach Namibia gekommen und möchte Oshiwambo lernen, weil es von der Mehrheit der Menschen im Land gesprochen wird. Allerdings hat er sich erst nach einigem Zögern dazu entschlossen. „Hier gibt es viele unterschiedliche Sprachen. Es fühlt sich an, als würde man Partei ergreifen, wenn man nur eine davon wählt.“ Das kann Deborah aus den USA ein bisschen nachvollziehen. Sie ist mit ihrem Mann schon um die halbe Welt gezogen und hat immer eine der Landessprachen gelernt: Deutsch, Französisch, sogar Arabisch. Deshalb falle ihr Oshiwambo nicht so schwer „Die Sprache hat zumindest dasselbe Alphabet wie das Englische“, sagt sie.
Schwierige Wörter wie omutoolinghundana – Journalistin, lässt Meme Auala die Schüler oft wiederholen, bis die Aussprache endlich sitzt. Dann sagt sie: „Und jetzt kommen wir zu dem, was ich euch heute eigentlich beibringen wollte.“ Es geht darum, wie man die Mehrzahl bildet. Worte, die mit „Omu“ anfangen (wie Omumwameme – Geschwisterkind), beginnen im Plural mit „Ova“. Nach dieser Lektion müssen die Schüler die neuen Vokabeln umformen. Minutenlang ist es mucksmäuschenstill, nur das Klicken der Kugelschreiber ist zu hören. Meme Auala geht durch die Reihen, kontrolliert, verbessert und erklärt mit gesenkter Stimme.
Im nächsten Kurs unterrichtet Immanuel Shipanga diejenigen, die schon ein bisschen fortgeschrittener sind. Der junge Mann mit Glatze wirkt sehr ernsthaft in seiner schwarzen Hose und dem weißen Hemd. Zu Beginn der Stunde schreibt er Wörter der Wortgruppe E an die Tafel. Die Schüler zeigen, was sie schon alles gelernt haben. „Etango!“ sagt einer. Das heißt „Sonne“. „Ehololo – Wahlen!“ ruft die Nächste. „Das Wort kommt von okuhoolala – wählen“, erklärt Tate Shipanga und verweist auf die Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr. „Efano“ heißt sowohl Bild als auch Kamera. Dieses Wort kommt von dem Verb „Okufaneka“, malen. Er schreibt den ganzen Satz an die Tafel: „Ame onda faneka – Ich habe ein Bild gemalt.“
Tate Shipanga hat über die Jahre ebenfalls ein Buch geschrieben, das er immer weiter vervollständigt. Denn die gängige Literatur sei nicht vollständig und behandele zum Beispiel keine reflexiven Verben (z.B. sich waschen). Er erklärt jedes Wort und bietet immer auch Beispiele dafür. „Die Nomen, die wir heute durchnehmen, sind noch relativ kurz im Vergleich zu vielen anderen Wörtern“, sagt er. Dabei lächelt er breit und man merkt, wie viel Spaß er hat, seine Sprache zu vermitteln.
Auch Tate Shipanga ist als Schüler ans Goethe-Zentrum gekommen. Er wollte Deutsch lernen, aber wunderte sich, dass hier keine afrikanischen Sprachen gelehrt wurden. Da bot er sich kurzerhand als Lehrer an. In seinem ersten Kurs 2012 hatte er bereits 20 Schüler. Damals seien auch viele Damara und Herero unter ihnen gewesen. „Momentan sind es recht viele deutsche Praktikanten – von der GIZ oder der deutschen Botschaft, zum Beispiel“, sagt Tate Shipanga. Mittlerweile unterrichten er und Meme Auala mehr als 35 Schüler in zwei Kursen.
Zum Oshiwambo-Üben unterhält sich die Amerikanerin Deborah am liebsten mit Taxifahrern oder den alten Damen auf der Independence-Avenue. „Die Leute freuen sich einfach, wenn sie merken, dass man sich Mühe gibt.“ Nathan dagegen hat es nicht so leicht. Er ist schüchterner und findet die Sprache auch ein bisschen kompliziert. „Die Grammatik ist ein bisschen wie im Deutschen. Sätze zu bilden, grenzt fast an Mathematik.“ Aber zum Glück muss er sich nicht allein durch dieses System schlagen. Mitschüler und geduldige Lehrer stehen mit Rat und Tat zur Seite. Denn wie heißt es so schön: „Omunwe umwe ihau litombola na. – Ein Finger allein fängt keine Laus.“
Schon vor der Tür ist das Gelächter im Klassenraum von Meme Auala zu hören. Die zehn Schüler im Anfängerkurs der resoluten Dame sind guten Mutes. In dem weiß getünchten Raum mit bunten Vokabelzetteln an den Wänden sitzen Schüler im Alter von 20 bis 60 Jahren. Viele Nationalitäten sind vertreten: Namibier ebenso wie Deutsche, Spanier, Amerikaner, Kanadier… Doch auf der Schulbank sind alle gleich. Und genau wie in der Schule gibt es hier solche, die ihre Dokumente ordentlich eingeheftet haben, Schüler mit Laptop auf dem Tisch und jene, die inmitten einer Zettelwirtschaft lernen.
Gemeinsam mit Meme Auala lesen sie im Chor ein Kapitel aus „Hai ti – Ich sage“, dem Lehrbuch, das sie kostenlos im Internet heruntergeladen haben. Die Amerikanern Thera Crane, Karl Lindgren-Streicher und Andy Wingo haben es während ihrer Zeit als Hilfslehrer im Owamboland geschrieben. Ursprünglich ist es für Mitglieder des Friedenskorps entwickelt worden, doch auch im Goethe-Zentrum leistet es gute Dienste.
Die Lehrerin mit den schwarzen Locken und der Brille trägt Goldschmuck und Sandalen zu ihrem Leopardengewand. Streng und trotzdem geduldig bespricht sie mit ihren Schülern den Text. Sie stellt Fragen, verbessert, schreibt an, erklärt, wiederholt. Die Hausaufgabe war, einen Text über sich selbst zu schreiben. „Das war Hausaufgabe?“ tönt es von einer Schülerin. Gelächter von allen Seiten. „Ja, das war Hausaufgabe. Sich vorstellen zu können, ist sehr wichtig“, rügt Meme Auala. Am liebsten antworten die Lernenden mit „Kandi shi shi“, was soviel heißt wie „Ich weiß nicht.“ Das lässt die Lehrerin aber nicht durchgehen.
Der sportliche Kanadier Nathan ist einer der Schüler. Er ist zum Arbeiten nach Namibia gekommen und möchte Oshiwambo lernen, weil es von der Mehrheit der Menschen im Land gesprochen wird. Allerdings hat er sich erst nach einigem Zögern dazu entschlossen. „Hier gibt es viele unterschiedliche Sprachen. Es fühlt sich an, als würde man Partei ergreifen, wenn man nur eine davon wählt.“ Das kann Deborah aus den USA ein bisschen nachvollziehen. Sie ist mit ihrem Mann schon um die halbe Welt gezogen und hat immer eine der Landessprachen gelernt: Deutsch, Französisch, sogar Arabisch. Deshalb falle ihr Oshiwambo nicht so schwer „Die Sprache hat zumindest dasselbe Alphabet wie das Englische“, sagt sie.
Schwierige Wörter wie omutoolinghundana – Journalistin, lässt Meme Auala die Schüler oft wiederholen, bis die Aussprache endlich sitzt. Dann sagt sie: „Und jetzt kommen wir zu dem, was ich euch heute eigentlich beibringen wollte.“ Es geht darum, wie man die Mehrzahl bildet. Worte, die mit „Omu“ anfangen (wie Omumwameme – Geschwisterkind), beginnen im Plural mit „Ova“. Nach dieser Lektion müssen die Schüler die neuen Vokabeln umformen. Minutenlang ist es mucksmäuschenstill, nur das Klicken der Kugelschreiber ist zu hören. Meme Auala geht durch die Reihen, kontrolliert, verbessert und erklärt mit gesenkter Stimme.
Im nächsten Kurs unterrichtet Immanuel Shipanga diejenigen, die schon ein bisschen fortgeschrittener sind. Der junge Mann mit Glatze wirkt sehr ernsthaft in seiner schwarzen Hose und dem weißen Hemd. Zu Beginn der Stunde schreibt er Wörter der Wortgruppe E an die Tafel. Die Schüler zeigen, was sie schon alles gelernt haben. „Etango!“ sagt einer. Das heißt „Sonne“. „Ehololo – Wahlen!“ ruft die Nächste. „Das Wort kommt von okuhoolala – wählen“, erklärt Tate Shipanga und verweist auf die Präsidentschaftswahlen im letzten Jahr. „Efano“ heißt sowohl Bild als auch Kamera. Dieses Wort kommt von dem Verb „Okufaneka“, malen. Er schreibt den ganzen Satz an die Tafel: „Ame onda faneka – Ich habe ein Bild gemalt.“
Tate Shipanga hat über die Jahre ebenfalls ein Buch geschrieben, das er immer weiter vervollständigt. Denn die gängige Literatur sei nicht vollständig und behandele zum Beispiel keine reflexiven Verben (z.B. sich waschen). Er erklärt jedes Wort und bietet immer auch Beispiele dafür. „Die Nomen, die wir heute durchnehmen, sind noch relativ kurz im Vergleich zu vielen anderen Wörtern“, sagt er. Dabei lächelt er breit und man merkt, wie viel Spaß er hat, seine Sprache zu vermitteln.
Auch Tate Shipanga ist als Schüler ans Goethe-Zentrum gekommen. Er wollte Deutsch lernen, aber wunderte sich, dass hier keine afrikanischen Sprachen gelehrt wurden. Da bot er sich kurzerhand als Lehrer an. In seinem ersten Kurs 2012 hatte er bereits 20 Schüler. Damals seien auch viele Damara und Herero unter ihnen gewesen. „Momentan sind es recht viele deutsche Praktikanten – von der GIZ oder der deutschen Botschaft, zum Beispiel“, sagt Tate Shipanga. Mittlerweile unterrichten er und Meme Auala mehr als 35 Schüler in zwei Kursen.
Zum Oshiwambo-Üben unterhält sich die Amerikanerin Deborah am liebsten mit Taxifahrern oder den alten Damen auf der Independence-Avenue. „Die Leute freuen sich einfach, wenn sie merken, dass man sich Mühe gibt.“ Nathan dagegen hat es nicht so leicht. Er ist schüchterner und findet die Sprache auch ein bisschen kompliziert. „Die Grammatik ist ein bisschen wie im Deutschen. Sätze zu bilden, grenzt fast an Mathematik.“ Aber zum Glück muss er sich nicht allein durch dieses System schlagen. Mitschüler und geduldige Lehrer stehen mit Rat und Tat zur Seite. Denn wie heißt es so schön: „Omunwe umwe ihau litombola na. – Ein Finger allein fängt keine Laus.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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