Otto Friedrich von der Groeben - Deutschlands erster Afrika-Pionier
Die Jahre 2007 und 2008 markieren zwei historische Daten, die eine Brücke zwischen Deutschland und dem afrikanischen Kontinent schlagen. Am 1. Januar 1683 - und damit vor nunmehr genau 325 Jahren - wurde nämlich an der Westküste Afrikas (im heutigen Ghana) die erste brandenburgische Überseebesitzung gegründet, was zugleich als Beginn einer deutschen Kolonialpolitik gelten kann. Der Geburtstag des Mannes aber, dem die Ausführung dieses Unternehmens oblag, Otto Friedrich von der Groeben, jährte sich 2007 zum 350. Mal.
Leider weisen die vorhandenen Quellentexte zum Geburtsdatum von der Groebens unterschiedliche Aussagen auf. Am häufigsten werden jedoch der 1. bzw. der 6. April 1657 genannt, wobei beide Daten korrekt sein könnten: Er selbst schreibt nämlich in seiner Autobiographie, er sei am Ostersonntag des Jahres 1657 geboren, der nach dem gregorianischen Kalender, welcher im katholischen Ermland galt, auf den 6. April fiel, während es im julianischen Kalender, der noch bis 1700 in den protestantischen Gegenden Deutschlands seine Gültigkeit behielt, der 1. April war. Aber auch der 16. April taucht als Geburtsdatum auf, zuweilen sogar das Jahr 1656.
Was den Geburtsort angeht, so heißt es einmal, der Junge sei in einem Feldlager seines Vaters, des Generalmajors Georg Heinrich von der Groeben, in Prassen (das wäre im Kreis Rastenburg/Ostpreußen) zur Welt gekommen. In seiner schon erwähnten Lebensbeschreibung nennt er das Dorf allerdings selbst "Pratten im Ermland", was darauf schließen läßt, daß es sich um Napratten (früher auch Pretten) im Kreis Heilsberg/Ostpreußen, also im (damals zu Polen gehörigen) Ermland, handelt. Mit Stolz betont er zudem, daß seine Familie, die zahlreiche verdienstvolle Offiziere hervorbrachte, von "urältestem Frankenadel" sei und bereits 927 - zur Zeit König Heinrichs I. - in altmärkischen Chroniken Erwähnung finde.
Seine Jugend verlebte Otto Friedrich von der Groeben zunächst in Albrechtsdorf (Kreis Preußisch Eylau/Ostpreußen), wo er von einer adligen Witwe aufgezogen wurde. Als der Vater zur Belohnung für seine Dienste im Krieg gegen Polen 1662 die Amtshauptmannschaft Marienwerder und Riesenburg (in Westpreußen) erhält, siedelt der Sohn mit dorthin über, kommt aber schon bald auf das Gut seines Onkels in Karschau (Kreis Rastenburg/Ostpreußen) und besucht schließlich, obwohl überzeugter Protestant, die berühmte Jesuitenschule in Rößel (Ermland), die er nach neun Jahren mit einer vorzüglich bestandenen Abschlußprüfung verlässt. Gerade 17 Jahre alt, begleitet er den polnischen Oberst Mgelin auf einer Amtsreise zum Großmeister des Malteser-Ordens nach Malta. Von dort schlägt er sich in den folgenden Jahren als freiwilliger Offizier an Bord eines Korsarenschiffes über Italien und Zypern bis nach Palästina (Besuch des Heiligen Grabes in Jerusalem) und Ägypten durch und reist anschließend nach Spanien, wo er weitere Kriegsdienste leistet. Hier erreicht ihn die Nachricht seines Vaters zurückzukehren, um eine Anstellung am brandenburgischen Hof anzunehmen. So wird denn der erst 25jährige, doch bereits welterfahrene junge Mann - nachdem er "Europam, Asiam und Afrikam ziemlichermaßen durchzogen hatte" - zum Major und Kammerjunker ernannt und ihm bald hernach die Aufgabe zugewiesen, die zweite Expedition kurfürstlicher Schiffe an die westafrikanische Goldküste zu leiten, deren Auftrag darin besteht, die erste brandenburgische Handelsniederlassung in Übersee zu errichten.
In der vom 17. Mai 1682 datierten "Order für den Major Otto Friderich von Groeben, welcher nach der Guineischen Küste geschickt wird", gab der Große Kurfürst unter Bezug auf den im Vorjahr mit drei Häuptlingen abgeschlossenen Vertrag genaue Anweisungen für den Akt der Landbesitzergreifung und die Errichtung eines Forts. An der Ausführung des Unternehmens beteiligt waren die Fregatten "Churprintz" mit 32 Geschützen und 60 Seeleuten unter dem Befehl des Kapitäns Mattheus de Voss sowie "Morian" (die schon 1681 an der ersten Reise nach Westafrika teilgenommen hatte) mit 12 Geschützen und 40 Mann unter dem Kommando ihres Kapitäns Philipp Pietersen Blonck. Als Besatzung des künftigen Forts gingen außerdem an Bord zwei Ingenieure, ein Fähnrich, ein Sergeant, zwei Korporale, zwei Spielleute und 40 "guthe gesunde Musquetiere von denen in Preußen stehenden Regimentern zu Fuße." Die Gesamtleitung der Expedition lag in den Händen des Majors Otto Friedrich von der Groeben, den man wegen seiner diversen Auslandserfahrungen dazu auserkoren hatte.
In der zweiten Maihälfte des Jahres 1682 schiffte man sich in Hamburg ein, nach 28 Tagen war Gibraltar erreicht. Von dort ging die Fahrt weiter entlang der afrikanischen Küste, wo etliche Zwischenstationen eingelegt wurden und die Brandenburger bereits ausgiebigst Gelegenheit hatten, sich mit den Sitten und Gebräuchen der Schwarzen vertraut zu machen. Am 27. Dezember 1682 sichtete man das Kap der drei Spitzen und ankerte die Schiffe in der Nähe des Dorfes Accada. Von der Groeben nahm sogleich mit einigen Häuptlingen der Umgebung Besprechungen auf und schloß schon zwei Tage später einen ersten vorläufigen Schutzvertrag ab. Dann hielt man Ausschau nach einem geeigneten Berg, auf dem das Fort entstehen sollte. Am Silvestertag fand man einen solchen. Mit Hilfe zahlreicher Eingeborener ließ der Major als erstes sechs Geschütze auf dem Berg, der den Namen Manfro trug, aufstellen. Von der Groeben selbst blieb die Nacht über bereits an Land und schlief in einem aus Schiffssegel aufgeschlagenen Zelt.
Am folgenden Tag, dem 1. Januar 1683, fand der feierliche Gründungsakt statt. Von der Groeben berichtet darüber in seiner "Guineischen Reisebeschreibung": "... brachte Capitän Voss die große Churfürstlich-Brandenburgische Flagge vom Schiffe, die ich mit Paucken und Schallmeyen auffgeholet, mit allen im Gewehr stehenden Soldaten empfangen, und an einem hohen Flaggenstock auffziehen lassen, dabey mit fünff scharff-geladenen Stücken das Neue-Jahr geschossen, denen jedes Schiff mit fünff geantwortet, und ich wieder mit drey bedancket. Und weil Sr. Chfl. Durchl. Nahme in aller Welt Groß ist, also nennete ich auch den Berg: den Großen Friedrichs-Berg. Diesen Tag baueten sich unsere Soldaten ihre Baraquen, und ich ließ durch die Nägers vor mich und meine Officirer auch eine lange Baraque aufrichten."
Während die Arbeiten noch im Gange waren, lud von der Groeben die beiden anwesenden Häuptlinge in sein Zelt ein, um sich "ihrer Treue durch einen Eyd zu versichern. Worauf sie geantwortet: Daß ich daran nicht zu zweiffeln, dafern ich mit ihnen Fetisie sauffen wollte, daß wir es gleichfalls treu mit ihnen meynen, sie nie verlassen, und wider ihre Feinde vertheidigen wollten. Welches da ich's eingewilliget, ward eine Schale mit Brandtwein herbeygebracht, und mit Schieß-Pulver durchgerühret. Daraus muste ich die unangenehme Gesundheit anfangen, die beyden Capiscirs (Anm. d. Verf.: Häuptlinge) folgeten mir nach, und beschmiereten mit dem Rest den gemeinen Schwartzen die Zunge, damit sie auch getreu bleiben möchten."
Am Tag nach Neujahr stachen die beiden Ingenieure den Grundriss des zu errichtenden Forts ab, und nachdem die Eingeborenen Palisaden herangeschafft hatten, begannen die brandenburgischen Soldaten mit dem Bau. Mit der gleichen Zeremonie wie oben beschrieben erfolgte am 5. Januar die Besiegelung des Handels- und Schutzvertrages zwischen den Brandenburgern und den um den Berg herum ansässigen Häuptlingen. Diesmal war es eine Mischung aus Branntwein, Wermutextrakt und Veilchensaft, bei der jeder einzelne Häuptling zu schwören hatte: "Ich trinke, die Punkte, so man mir vorgelesen, zu halten, unter dieser über uns wehenden Flagge zu leben und zu sterben. Breche ich meinen Eid, so lasse mich der große Monarch augenblicklich sterben!" Major von der Groeben und Kapitän Blonck, der inzwischen zum ersten Kommandanten von Groß-Friedrichsburg ernannt worden war, hatten dagegen zu geloben: "Ich will euch wider alle eure Feinde beschirmen und in keiner Not verlassen, auch euch euer Weib und Kinder nicht wegnehmen oder verkaufen und namentlich wider die Holländische Kompagnie euch jederzeit verteidigen."
Die Niederländer erhoben denn auch schon bald Einspruch gegen die Landnahme durch die Brandenburger, was von der Groeben jedoch mit der Begründung zurückwies, daß das Gebiet von den rechtmäßigen Besitzern auf legale Vertragsweise angekauft worden sei und somit nun Eigentum des Kurfürsten von Brandenburg bilde. "Wer protestieren will", so der Major gegenüber einem niederländischen Abgesandten, "mag es in Berlin tun, wir bleiben hier."
Unterdessen wütete die Malaria unter der brandenburgischen Besatzung und raffte eine erhebliche Anzahl von ihnen dahin, so auch die beiden Ingenieure, den Sekretär, den Fähnrich, den Sergeanten und etliche Soldaten und Matrosen. Major von der Groeben selbst schwebte ebenfalls einige Tage in Lebensgefahr. Nach seiner Genesung kehrte er auf der Fregatte "Morian" nach Deutschland zurück, während die "Churprintz" mit einer Ladung Sklaven in die Karibik fuhr. Witterungsbedingte Schwierigkeiten - mal ungünstige, mal starke Winde, aber auch Windstillen - führten dazu, daß die Heimreise fast ein ganzes Jahr dauerte. Ende Januar 1684 traf die "Morian" wieder in der Elbmündung ein und ging in Hamburg vor Anker. Von der Groeben fuhr mit einer Postkutsche nach Berlin und erstattete dem Kurfürsten ausführlichen Bericht, wofür er dann mit der herzoglich-preußischen Hauptmannschaft der Ämter Marienwerder und Riesenburg belohnt wurde, welche vor ihm ja bereits sein Vater als Geschenk erhalten hatte (nach dessen Tod 1698 tritt er das Amt an).
Schon im März 1686 nimmt von der Groeben wieder am Feldzug der Venezianer gegen die Türken auf der Halbinsel Morea (Peloponnes) teil, in dessen Verlauf er am 3. Januar 1688 zum Oberst befördert wird. Außerdem erhält er das Majorat Neudörfchen (Kreis Marienwerder/Westpreußen) als Erblehen. Am Kap St. Vincent (Algarve/Portugal) stellt er schließlich mit drei kurbrandenburgischen Schiffen die aus Amerika kommende überlegene Silberflotte der Spanier und nimmt ihnen zwei Schiffe weg, eine Tat, für die er den Orden de la Generosité, den Vorläufer des Pour le Mérite, verliehen bekommt. Nach der Rückkehr in die Heimat lebt er auf seinen ostpreußischen Gütern. Von der Groeben war dreimal verheiratet (ab 1687 mit Barbara von Schlieben, gest. 1703, danach mit Marie Gräfin von Waldburg, gest. 1710, zuletzt mit Luise von Kanitz, gest. 1790) und Vater von insgesamt 18 Kindern. 1694 erschien in Marienwerder sein Buch unter dem Titel "Orientalische Reisebeschreibung des Brandenburgischen Adeligen Pilgers Otto von der Groeben nebst der Brandenburgischen Schiffahrt nach Guinea und der Verrichtung zu Moria".
1704 zum königlich-preußischen Kammerherrn und 1715 in polnischen Diensten zum Generalmajor ernannt, stirbt Otto Friedrich von der Groeben am 30. Januar 1728 in Marienwerder, wo er in einer kleinen, an der Nordostecke des Doms eigens für ihn 1705 angebauten Gruft inmitten seiner drei Ehefrauen beigesetzt ist. Das in Marmor gehaltene Grabmal zeigt ihn selbst in voller Ritterrüstung, den Kopf auf den rechten Arm gestützt und geschmückt mit dem Orden de la Generosité. Neben und vor ihm knien seine drei Frauen. Über seinem Haupt hält ein Schwarzer den Vertrag von Groß-Friedrichsburg in der Hand, auf der anderen Seite eine Schwarze eine Sonnenscheibe. Darunter ist in den Stein der Spruch gemeißelt: "Ich sahe alles, was unter der Sonne gelebet, und siehe, es war alles eitel."
Wolfgang Reith
Leider weisen die vorhandenen Quellentexte zum Geburtsdatum von der Groebens unterschiedliche Aussagen auf. Am häufigsten werden jedoch der 1. bzw. der 6. April 1657 genannt, wobei beide Daten korrekt sein könnten: Er selbst schreibt nämlich in seiner Autobiographie, er sei am Ostersonntag des Jahres 1657 geboren, der nach dem gregorianischen Kalender, welcher im katholischen Ermland galt, auf den 6. April fiel, während es im julianischen Kalender, der noch bis 1700 in den protestantischen Gegenden Deutschlands seine Gültigkeit behielt, der 1. April war. Aber auch der 16. April taucht als Geburtsdatum auf, zuweilen sogar das Jahr 1656.
Was den Geburtsort angeht, so heißt es einmal, der Junge sei in einem Feldlager seines Vaters, des Generalmajors Georg Heinrich von der Groeben, in Prassen (das wäre im Kreis Rastenburg/Ostpreußen) zur Welt gekommen. In seiner schon erwähnten Lebensbeschreibung nennt er das Dorf allerdings selbst "Pratten im Ermland", was darauf schließen läßt, daß es sich um Napratten (früher auch Pretten) im Kreis Heilsberg/Ostpreußen, also im (damals zu Polen gehörigen) Ermland, handelt. Mit Stolz betont er zudem, daß seine Familie, die zahlreiche verdienstvolle Offiziere hervorbrachte, von "urältestem Frankenadel" sei und bereits 927 - zur Zeit König Heinrichs I. - in altmärkischen Chroniken Erwähnung finde.
Seine Jugend verlebte Otto Friedrich von der Groeben zunächst in Albrechtsdorf (Kreis Preußisch Eylau/Ostpreußen), wo er von einer adligen Witwe aufgezogen wurde. Als der Vater zur Belohnung für seine Dienste im Krieg gegen Polen 1662 die Amtshauptmannschaft Marienwerder und Riesenburg (in Westpreußen) erhält, siedelt der Sohn mit dorthin über, kommt aber schon bald auf das Gut seines Onkels in Karschau (Kreis Rastenburg/Ostpreußen) und besucht schließlich, obwohl überzeugter Protestant, die berühmte Jesuitenschule in Rößel (Ermland), die er nach neun Jahren mit einer vorzüglich bestandenen Abschlußprüfung verlässt. Gerade 17 Jahre alt, begleitet er den polnischen Oberst Mgelin auf einer Amtsreise zum Großmeister des Malteser-Ordens nach Malta. Von dort schlägt er sich in den folgenden Jahren als freiwilliger Offizier an Bord eines Korsarenschiffes über Italien und Zypern bis nach Palästina (Besuch des Heiligen Grabes in Jerusalem) und Ägypten durch und reist anschließend nach Spanien, wo er weitere Kriegsdienste leistet. Hier erreicht ihn die Nachricht seines Vaters zurückzukehren, um eine Anstellung am brandenburgischen Hof anzunehmen. So wird denn der erst 25jährige, doch bereits welterfahrene junge Mann - nachdem er "Europam, Asiam und Afrikam ziemlichermaßen durchzogen hatte" - zum Major und Kammerjunker ernannt und ihm bald hernach die Aufgabe zugewiesen, die zweite Expedition kurfürstlicher Schiffe an die westafrikanische Goldküste zu leiten, deren Auftrag darin besteht, die erste brandenburgische Handelsniederlassung in Übersee zu errichten.
In der vom 17. Mai 1682 datierten "Order für den Major Otto Friderich von Groeben, welcher nach der Guineischen Küste geschickt wird", gab der Große Kurfürst unter Bezug auf den im Vorjahr mit drei Häuptlingen abgeschlossenen Vertrag genaue Anweisungen für den Akt der Landbesitzergreifung und die Errichtung eines Forts. An der Ausführung des Unternehmens beteiligt waren die Fregatten "Churprintz" mit 32 Geschützen und 60 Seeleuten unter dem Befehl des Kapitäns Mattheus de Voss sowie "Morian" (die schon 1681 an der ersten Reise nach Westafrika teilgenommen hatte) mit 12 Geschützen und 40 Mann unter dem Kommando ihres Kapitäns Philipp Pietersen Blonck. Als Besatzung des künftigen Forts gingen außerdem an Bord zwei Ingenieure, ein Fähnrich, ein Sergeant, zwei Korporale, zwei Spielleute und 40 "guthe gesunde Musquetiere von denen in Preußen stehenden Regimentern zu Fuße." Die Gesamtleitung der Expedition lag in den Händen des Majors Otto Friedrich von der Groeben, den man wegen seiner diversen Auslandserfahrungen dazu auserkoren hatte.
In der zweiten Maihälfte des Jahres 1682 schiffte man sich in Hamburg ein, nach 28 Tagen war Gibraltar erreicht. Von dort ging die Fahrt weiter entlang der afrikanischen Küste, wo etliche Zwischenstationen eingelegt wurden und die Brandenburger bereits ausgiebigst Gelegenheit hatten, sich mit den Sitten und Gebräuchen der Schwarzen vertraut zu machen. Am 27. Dezember 1682 sichtete man das Kap der drei Spitzen und ankerte die Schiffe in der Nähe des Dorfes Accada. Von der Groeben nahm sogleich mit einigen Häuptlingen der Umgebung Besprechungen auf und schloß schon zwei Tage später einen ersten vorläufigen Schutzvertrag ab. Dann hielt man Ausschau nach einem geeigneten Berg, auf dem das Fort entstehen sollte. Am Silvestertag fand man einen solchen. Mit Hilfe zahlreicher Eingeborener ließ der Major als erstes sechs Geschütze auf dem Berg, der den Namen Manfro trug, aufstellen. Von der Groeben selbst blieb die Nacht über bereits an Land und schlief in einem aus Schiffssegel aufgeschlagenen Zelt.
Am folgenden Tag, dem 1. Januar 1683, fand der feierliche Gründungsakt statt. Von der Groeben berichtet darüber in seiner "Guineischen Reisebeschreibung": "... brachte Capitän Voss die große Churfürstlich-Brandenburgische Flagge vom Schiffe, die ich mit Paucken und Schallmeyen auffgeholet, mit allen im Gewehr stehenden Soldaten empfangen, und an einem hohen Flaggenstock auffziehen lassen, dabey mit fünff scharff-geladenen Stücken das Neue-Jahr geschossen, denen jedes Schiff mit fünff geantwortet, und ich wieder mit drey bedancket. Und weil Sr. Chfl. Durchl. Nahme in aller Welt Groß ist, also nennete ich auch den Berg: den Großen Friedrichs-Berg. Diesen Tag baueten sich unsere Soldaten ihre Baraquen, und ich ließ durch die Nägers vor mich und meine Officirer auch eine lange Baraque aufrichten."
Während die Arbeiten noch im Gange waren, lud von der Groeben die beiden anwesenden Häuptlinge in sein Zelt ein, um sich "ihrer Treue durch einen Eyd zu versichern. Worauf sie geantwortet: Daß ich daran nicht zu zweiffeln, dafern ich mit ihnen Fetisie sauffen wollte, daß wir es gleichfalls treu mit ihnen meynen, sie nie verlassen, und wider ihre Feinde vertheidigen wollten. Welches da ich's eingewilliget, ward eine Schale mit Brandtwein herbeygebracht, und mit Schieß-Pulver durchgerühret. Daraus muste ich die unangenehme Gesundheit anfangen, die beyden Capiscirs (Anm. d. Verf.: Häuptlinge) folgeten mir nach, und beschmiereten mit dem Rest den gemeinen Schwartzen die Zunge, damit sie auch getreu bleiben möchten."
Am Tag nach Neujahr stachen die beiden Ingenieure den Grundriss des zu errichtenden Forts ab, und nachdem die Eingeborenen Palisaden herangeschafft hatten, begannen die brandenburgischen Soldaten mit dem Bau. Mit der gleichen Zeremonie wie oben beschrieben erfolgte am 5. Januar die Besiegelung des Handels- und Schutzvertrages zwischen den Brandenburgern und den um den Berg herum ansässigen Häuptlingen. Diesmal war es eine Mischung aus Branntwein, Wermutextrakt und Veilchensaft, bei der jeder einzelne Häuptling zu schwören hatte: "Ich trinke, die Punkte, so man mir vorgelesen, zu halten, unter dieser über uns wehenden Flagge zu leben und zu sterben. Breche ich meinen Eid, so lasse mich der große Monarch augenblicklich sterben!" Major von der Groeben und Kapitän Blonck, der inzwischen zum ersten Kommandanten von Groß-Friedrichsburg ernannt worden war, hatten dagegen zu geloben: "Ich will euch wider alle eure Feinde beschirmen und in keiner Not verlassen, auch euch euer Weib und Kinder nicht wegnehmen oder verkaufen und namentlich wider die Holländische Kompagnie euch jederzeit verteidigen."
Die Niederländer erhoben denn auch schon bald Einspruch gegen die Landnahme durch die Brandenburger, was von der Groeben jedoch mit der Begründung zurückwies, daß das Gebiet von den rechtmäßigen Besitzern auf legale Vertragsweise angekauft worden sei und somit nun Eigentum des Kurfürsten von Brandenburg bilde. "Wer protestieren will", so der Major gegenüber einem niederländischen Abgesandten, "mag es in Berlin tun, wir bleiben hier."
Unterdessen wütete die Malaria unter der brandenburgischen Besatzung und raffte eine erhebliche Anzahl von ihnen dahin, so auch die beiden Ingenieure, den Sekretär, den Fähnrich, den Sergeanten und etliche Soldaten und Matrosen. Major von der Groeben selbst schwebte ebenfalls einige Tage in Lebensgefahr. Nach seiner Genesung kehrte er auf der Fregatte "Morian" nach Deutschland zurück, während die "Churprintz" mit einer Ladung Sklaven in die Karibik fuhr. Witterungsbedingte Schwierigkeiten - mal ungünstige, mal starke Winde, aber auch Windstillen - führten dazu, daß die Heimreise fast ein ganzes Jahr dauerte. Ende Januar 1684 traf die "Morian" wieder in der Elbmündung ein und ging in Hamburg vor Anker. Von der Groeben fuhr mit einer Postkutsche nach Berlin und erstattete dem Kurfürsten ausführlichen Bericht, wofür er dann mit der herzoglich-preußischen Hauptmannschaft der Ämter Marienwerder und Riesenburg belohnt wurde, welche vor ihm ja bereits sein Vater als Geschenk erhalten hatte (nach dessen Tod 1698 tritt er das Amt an).
Schon im März 1686 nimmt von der Groeben wieder am Feldzug der Venezianer gegen die Türken auf der Halbinsel Morea (Peloponnes) teil, in dessen Verlauf er am 3. Januar 1688 zum Oberst befördert wird. Außerdem erhält er das Majorat Neudörfchen (Kreis Marienwerder/Westpreußen) als Erblehen. Am Kap St. Vincent (Algarve/Portugal) stellt er schließlich mit drei kurbrandenburgischen Schiffen die aus Amerika kommende überlegene Silberflotte der Spanier und nimmt ihnen zwei Schiffe weg, eine Tat, für die er den Orden de la Generosité, den Vorläufer des Pour le Mérite, verliehen bekommt. Nach der Rückkehr in die Heimat lebt er auf seinen ostpreußischen Gütern. Von der Groeben war dreimal verheiratet (ab 1687 mit Barbara von Schlieben, gest. 1703, danach mit Marie Gräfin von Waldburg, gest. 1710, zuletzt mit Luise von Kanitz, gest. 1790) und Vater von insgesamt 18 Kindern. 1694 erschien in Marienwerder sein Buch unter dem Titel "Orientalische Reisebeschreibung des Brandenburgischen Adeligen Pilgers Otto von der Groeben nebst der Brandenburgischen Schiffahrt nach Guinea und der Verrichtung zu Moria".
1704 zum königlich-preußischen Kammerherrn und 1715 in polnischen Diensten zum Generalmajor ernannt, stirbt Otto Friedrich von der Groeben am 30. Januar 1728 in Marienwerder, wo er in einer kleinen, an der Nordostecke des Doms eigens für ihn 1705 angebauten Gruft inmitten seiner drei Ehefrauen beigesetzt ist. Das in Marmor gehaltene Grabmal zeigt ihn selbst in voller Ritterrüstung, den Kopf auf den rechten Arm gestützt und geschmückt mit dem Orden de la Generosité. Neben und vor ihm knien seine drei Frauen. Über seinem Haupt hält ein Schwarzer den Vertrag von Groß-Friedrichsburg in der Hand, auf der anderen Seite eine Schwarze eine Sonnenscheibe. Darunter ist in den Stein der Spruch gemeißelt: "Ich sahe alles, was unter der Sonne gelebet, und siehe, es war alles eitel."
Wolfgang Reith
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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