"Papa, wann stehst Du?"
Etwas unbeholfen hantiert Peter Baas an diversen Hebeln seines Rollstuhls.
"Den habe ich vor kurzem bekommen, jetzt brauche ich wohl erstmal einen Führerschein", schmunzelt er. Seinen Humor hat er nicht verloren, seit ihm das Schicksal in den Rollstuhl zwang. Seinen Willen auch nicht: Er will wieder gehen können.
Optimistisch nach vorn schauen, heißt die Devise. Die Vergangenheit ist verarbeitet, aber freilich unvergessen. Der Tag, der das Leben des 40-jährigen Unternehmers aus Windhoek und das seiner Familie drastisch verändert hat, ist der 9. Januar 2003. Damals war Baas von einem dienstlichen Einsatz aus dem Norden zurück in die Hauptstadt unterwegs. "Etwa zehn Kilometer vor Okahandja stand plötzlich ein schwarzer Hund auf der Straße. Ich bin ausgewichen, aber das Tier kam wieder auf meine Seite. Dann habe ich gebremst, der Wagen stand quer und hat sich danach überschlagen", berichtet Baas, der sich noch sehr gut an Details erinnert. "Vom Auto aus habe ich meine Frau angerufen und gesagt: ,Ich habe Schmerzen in der Schulter und kann meine Beine nicht bewegen."" Doch die Diagnose der Ärzte in Windhoek war nach der Operation der gebrochenen Halswirbel C6 und C7 alles andere als aufbauend. "Sie haben mir gesagt, dass ich meine Beine nie wieder bewegen kann", so Baas. Doch aufgeben wollte und will er nicht. "Ich habe mir gesagt: Ich will wieder laufen und ich werde wieder laufen."
Von Windhoek ging"s nach Kapstadt, eigentlich zur Rehabilitation. Dort stellte man fest, dass die Wirbelsäule zudem gequetscht war - eine weitere OP folgte. Doch die Ärzte machten auch Hoffnung: Die Wirbelsäule sei nicht so stark beschädigt, vielleicht werde Baas seine Beine wieder bewegen können. Es folgten Monate der Rehabilitation und der Teilgenesung.
Am 10. Mai kehrte Baas nach Windhoek zurück - in das gewohnte Umfeld, das plötzlich ganz neu war. "Das Leben ändert sich komplett. Stufen werden zu Hindernissen, allein solche Kleinigkeiten wie einen Lichtschalter betätigen bereiten Probleme", so Baas. Und: "Ich kann nicht mehr mit Besteck umgehen, auch Schreiben geht nur mit Hilfsmitteln." Holzarbeiten, Tennis spielen, Camping - all diese Hobbys waren plötzlich tabu. "Die Frau wird von der Zeit und Kraft her am meisten belastet", sagt er und blickt anerkennend zu Karola. Die 40-Jährige lächelt etwas verlegen und meint nur knapp: "Es ist wirklich eine Umstellung, aber bisher haben wir das gut gemanagt."
Drei Tage nach seiner Rückkehr aus Südafrika war Baas wieder in seiner vor zehn Jahren gegründeten Firma, der Autoelektrik Werkstatt im Süden von Windhoek. An Autos arbeiten konnte der gelernte Fahrzeugelektriker freilich nicht mehr. Auch mit den Außendienst-Fahrten, die ihn früher u.a. nach Gobabis, Rosh Pina und Tsumeb führten, war es vorbei. "Ich würde gern reparieren, aber ich kann"s nicht. Denn meine Hände sind nur minimal funktionsfähig", sagt er und bewegt wie zum Beweis die Finger. Es bereitet ihm Mühe. Seine Tochter Jasmin (4) ist ihm inzwischen auf den Schoß geklettert. Da betritt auch der achtjährige Sohn Olaf den Raum. "Papa, wann stehst Du?" platzt es aus ihm heraus. Aber eine Antwort scheint er nicht zu erwarten. Es gibt auch keine.
"Jeden Tag gehe ich zum Therapeuten, der abwechselnd die Arme und Beine trainiert. Ich übe jeden Tag mit einem Stressball, um meine Finger zu trainieren. Wenn ich jeden Tag so weitermache und die Nerven wiederkommen, kann ich meine Finger vielleicht wieder so bewegen wie früher", so Baas. Das haben jedenfalls die Ärzte gesagt. Eine Garantie gibt es nicht. Nur die Hoffnung bleibt. Und der Wille. "Ich habe noch viel vor in meinem Leben. Meine Kinder sind noch klein, für die will ich das schaffen", erklärt er die Quelle seiner Motivation. "Und eine Firma kann man auch leiten, wenn man im Rollstuhl sitzt."
Unterstützung kam und kommt auch von anderen. Ernst Ahrens und Günther Stubenrauch haben im Februar den Peter Baas Treuhandfonds gegründet, um bei der Bezahlung von medizinischen Kosten zu helfen. Immerhin belaufen sich die Operationen und Rehabilitation auf rund 350000 Namibia-Dollar, die Krankenversicherung übernimmt davon nur den Klinikaufenthalt. Physiotherapie oder Hilfsmittel wie Rollstühle müssen selbst gezahlt werden, ebenso die Aufwendungen für die Anpassung des Lebensumfeldes. Stufen müssen verschwinden, ein Kran für die Badewanne musste her, Türen müssen verbreitert, Tische erhöht und das Bad umgebaut werden. Vor kurzem fanden mehrere Versteigerungen zu Gunsten des Fonds statt, bei denen rund 160000 Namibia-Dollar zusammenkamen. "Die Gemeinschaft hier ist sehr großzügig und hilfsbereit. Meinen neuen Rollstuhl habe ich zum Beispiel von Rolf Martens geschenkt bekommen, der ihn zuvor benutzt hatte", so Baas.
Das Geld aus dem Fonds will er möglichst nicht in Anspruch nehmen. "Noch geht es der Firma gut, ich kann alles finanzieren. Mein Traum ist, das Geld für Leute zu verwenden, die das gleiche oder ein ähnliches Schicksal erlitten haben." Diesen Menschen will er folgendes auf den Weg geben: "Man muss sehr positiv denken und der Wille muss extrem stark sein..." "Man muss auch viel Humor haben", wirft Ehefrau Karola ein. Peter Baas abschließend: "Ich habe mir gesagt: Ich bin in ein tiefes Loch gefallen und jetzt dabei, die Wände hochzukrabbeln - und ich werde oben rausgucken."
"Den habe ich vor kurzem bekommen, jetzt brauche ich wohl erstmal einen Führerschein", schmunzelt er. Seinen Humor hat er nicht verloren, seit ihm das Schicksal in den Rollstuhl zwang. Seinen Willen auch nicht: Er will wieder gehen können.
Optimistisch nach vorn schauen, heißt die Devise. Die Vergangenheit ist verarbeitet, aber freilich unvergessen. Der Tag, der das Leben des 40-jährigen Unternehmers aus Windhoek und das seiner Familie drastisch verändert hat, ist der 9. Januar 2003. Damals war Baas von einem dienstlichen Einsatz aus dem Norden zurück in die Hauptstadt unterwegs. "Etwa zehn Kilometer vor Okahandja stand plötzlich ein schwarzer Hund auf der Straße. Ich bin ausgewichen, aber das Tier kam wieder auf meine Seite. Dann habe ich gebremst, der Wagen stand quer und hat sich danach überschlagen", berichtet Baas, der sich noch sehr gut an Details erinnert. "Vom Auto aus habe ich meine Frau angerufen und gesagt: ,Ich habe Schmerzen in der Schulter und kann meine Beine nicht bewegen."" Doch die Diagnose der Ärzte in Windhoek war nach der Operation der gebrochenen Halswirbel C6 und C7 alles andere als aufbauend. "Sie haben mir gesagt, dass ich meine Beine nie wieder bewegen kann", so Baas. Doch aufgeben wollte und will er nicht. "Ich habe mir gesagt: Ich will wieder laufen und ich werde wieder laufen."
Von Windhoek ging"s nach Kapstadt, eigentlich zur Rehabilitation. Dort stellte man fest, dass die Wirbelsäule zudem gequetscht war - eine weitere OP folgte. Doch die Ärzte machten auch Hoffnung: Die Wirbelsäule sei nicht so stark beschädigt, vielleicht werde Baas seine Beine wieder bewegen können. Es folgten Monate der Rehabilitation und der Teilgenesung.
Am 10. Mai kehrte Baas nach Windhoek zurück - in das gewohnte Umfeld, das plötzlich ganz neu war. "Das Leben ändert sich komplett. Stufen werden zu Hindernissen, allein solche Kleinigkeiten wie einen Lichtschalter betätigen bereiten Probleme", so Baas. Und: "Ich kann nicht mehr mit Besteck umgehen, auch Schreiben geht nur mit Hilfsmitteln." Holzarbeiten, Tennis spielen, Camping - all diese Hobbys waren plötzlich tabu. "Die Frau wird von der Zeit und Kraft her am meisten belastet", sagt er und blickt anerkennend zu Karola. Die 40-Jährige lächelt etwas verlegen und meint nur knapp: "Es ist wirklich eine Umstellung, aber bisher haben wir das gut gemanagt."
Drei Tage nach seiner Rückkehr aus Südafrika war Baas wieder in seiner vor zehn Jahren gegründeten Firma, der Autoelektrik Werkstatt im Süden von Windhoek. An Autos arbeiten konnte der gelernte Fahrzeugelektriker freilich nicht mehr. Auch mit den Außendienst-Fahrten, die ihn früher u.a. nach Gobabis, Rosh Pina und Tsumeb führten, war es vorbei. "Ich würde gern reparieren, aber ich kann"s nicht. Denn meine Hände sind nur minimal funktionsfähig", sagt er und bewegt wie zum Beweis die Finger. Es bereitet ihm Mühe. Seine Tochter Jasmin (4) ist ihm inzwischen auf den Schoß geklettert. Da betritt auch der achtjährige Sohn Olaf den Raum. "Papa, wann stehst Du?" platzt es aus ihm heraus. Aber eine Antwort scheint er nicht zu erwarten. Es gibt auch keine.
"Jeden Tag gehe ich zum Therapeuten, der abwechselnd die Arme und Beine trainiert. Ich übe jeden Tag mit einem Stressball, um meine Finger zu trainieren. Wenn ich jeden Tag so weitermache und die Nerven wiederkommen, kann ich meine Finger vielleicht wieder so bewegen wie früher", so Baas. Das haben jedenfalls die Ärzte gesagt. Eine Garantie gibt es nicht. Nur die Hoffnung bleibt. Und der Wille. "Ich habe noch viel vor in meinem Leben. Meine Kinder sind noch klein, für die will ich das schaffen", erklärt er die Quelle seiner Motivation. "Und eine Firma kann man auch leiten, wenn man im Rollstuhl sitzt."
Unterstützung kam und kommt auch von anderen. Ernst Ahrens und Günther Stubenrauch haben im Februar den Peter Baas Treuhandfonds gegründet, um bei der Bezahlung von medizinischen Kosten zu helfen. Immerhin belaufen sich die Operationen und Rehabilitation auf rund 350000 Namibia-Dollar, die Krankenversicherung übernimmt davon nur den Klinikaufenthalt. Physiotherapie oder Hilfsmittel wie Rollstühle müssen selbst gezahlt werden, ebenso die Aufwendungen für die Anpassung des Lebensumfeldes. Stufen müssen verschwinden, ein Kran für die Badewanne musste her, Türen müssen verbreitert, Tische erhöht und das Bad umgebaut werden. Vor kurzem fanden mehrere Versteigerungen zu Gunsten des Fonds statt, bei denen rund 160000 Namibia-Dollar zusammenkamen. "Die Gemeinschaft hier ist sehr großzügig und hilfsbereit. Meinen neuen Rollstuhl habe ich zum Beispiel von Rolf Martens geschenkt bekommen, der ihn zuvor benutzt hatte", so Baas.
Das Geld aus dem Fonds will er möglichst nicht in Anspruch nehmen. "Noch geht es der Firma gut, ich kann alles finanzieren. Mein Traum ist, das Geld für Leute zu verwenden, die das gleiche oder ein ähnliches Schicksal erlitten haben." Diesen Menschen will er folgendes auf den Weg geben: "Man muss sehr positiv denken und der Wille muss extrem stark sein..." "Man muss auch viel Humor haben", wirft Ehefrau Karola ein. Peter Baas abschließend: "Ich habe mir gesagt: Ich bin in ein tiefes Loch gefallen und jetzt dabei, die Wände hochzukrabbeln - und ich werde oben rausgucken."
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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