Plötzlich klickten die Handschellen
Hände auf den Rücken, hieß es, dann klickten die Handschellen. Wie einen Schwerverbrecher führte Untersuchungsbeamtin Loile Uushona den Angeklagten Günter Berndt aus der Zelle in den Innenhof der Swakopmunder Polizeistation und ließ ihn hinten in den Kleintransporter einsteigen.
Der deutsche Staatsbürger aus Hamburg, dem seit seiner Verhaftung am 11. Januar in Swakopmund von Magistratsrichter Gibson Iimbili sechs Mal die Kaution verweigert wurde, befand sich auf dem Weg nach Windhoek. Nachdem Verteidigungsanwalt Stephen Kenny gegen den richterlichen Beschluss in Berufung gegangen war, hat das Obergericht Windhoek vergangene Woche dem Kautionsantrag zugestimmt (AZ berichtete). Berndt (68) wird vorgeworfen, einen 21-jährigen Mann vergewaltigt zu haben.
Doch Berndt hätte gar nicht in Windhoek vor Gericht erscheinen brauchen, das hatte sein Anwalt veranlasst. Trotzdem holte ihn die Polizei ab, informierte jedoch den Verteidiger nicht. Bevor die Fahrt losging, klagte Berndt über Durst und bat darum, die Hände wenigstens nach vorne nehmen zu dürfen, damit er die Wasserflasche besser greifen könne. "Sie können an die Trennscheibe (zwischen Fahrerkabine und Wagenzelle) klopfen, wenn Sie Durst haben", habe Uushona ihm mitteilen lassen, danach krachte die Wagentür ins Schloss. Nur wie klopfen? Berndts Hände waren immer noch auf dem Rücken und er sollte so, auf einer Holzbank nach vorne gebückt, 365 Kilometer reisen. Er habe versucht, sich die Wasserflasche mit dem Mund zu "angeln", doch das sei misslungen und das kostbare Nass lief aus. Irgendwann während der Fahrt muss er zusammengebrochen sein. "Als ich zu mir kam, lag ich am Boden des Wagens mit meinem Kopf auf einer Reisetasche", erzählte Berndt der AZ, "die Handschellen hatte sie mir inzwischen abgenommen".
Da er bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sich genommen hatte, erlaubte ihm Uushona, in Okahandja Wasser und ein paar Lebensmittel einzukaufen. "Ich goss bestimmt einen Liter Wasser erst einmal in mich hinein und genoss nach langem wieder Hühnchen, eine Banane und Weintrauben", betonte er.
Keine Decke und nasse Füße
In Windhoek wurde Berndt bei der Windhoeker Polizeistation abgeladen. "Was habe ich mich an dem Abend nach meiner Pritsche in Swakopmund gesehnt", sagte er und erklärte: "Ich bin ja recht bescheiden, aber das ist menschenunwürdig." Er habe keine Decke bekommen, sei durch einen dunklen Gang zum Klo geführt worden. "Plötzlich spürte ich, wie meine Schlappen und Füße nass wurden und glaubte, dass es irgendwo reingeregnet haben muss", erzählte er weiter. Als er sich jedoch umdrehte, bemerkte er, wie ein Mann an die Mauer urinierte. "Ich muss durch seinen Urin gelaufen sein", sagte er entsetzt. Auch der Waschhof habe wie ein "verwahrloster Tränkplatz für Tiere" ausgesehen. "Am nächsten Tag kam ich dann aus dem Staunen nicht mehr heraus", so Berndt, "im Obergericht schienen mich alle zu kennen, sprachen mich mit ,Mister Günter' an. Mir wurde ein Sessel und keine Holzbank zum Sitzen angeboten, und auch die beiden Richter verneigten sich korrekt vor der Kammer". Sechs Minuten später seien alle über ihn hergefallen und wollten ihn befragen, bevor überhaupt der Übersetzer ihm die frohe Botschaft einer gewährten Kaution mitteilen konnte. Noch nicht ganz auf freien Fuß, aber schrecklich hungrig trat er - mit Uushona - die Rückreise an, diesmal allerdings ohne Handschellen.
Fastfood schmeckt einfach köstlich
In Okahandja hielt Uushona beim bekannten Hühnchen-Schnellimbiss mit den drei Buchstaben. "Ich bin ja überhaupt nicht für Fastfood, aber das war ein Genuss, einfach köstlich", schwärmte er. Seitdem die neue Inspektorin die Swakopmunder Polizeistation auf Vordermann bringen will, gab es für den Angeklagten keinen Freigang zum Einkaufszentrum mehr. Drei Wochen lang lebte er morgens von fünf Scheiben Trockenbrot mit einem Becher Kaffee, mittags gab es sechs Scheiben mit Marmelade drauf, dazu Tee mit Zucker, und abends fünf Scheiben wieder nur Trockenbrot. "So holt man sich den Skorbut zurück ins Haus", sagte er. 78 Tage hat er in U-Haft verbringen müssen und täglich merken dürfen, wie sein Körper immer schwächer wurde. Zehn Kilo hat er verloren, litt unter einer Gürtelrose und Nierenschmerzen und selbst die erste Nacht zu Hause verbrachte er mit Schmerzen und Krämpfen. "Magnesiummangel", begründete er.
Am 6. April soll in Swakopmund mit dem Befund der Laboruntersuchung weiter verhandelt werden. "Wenn der DNA-Bericht vorliegt, ist eh alles vorbei", so Berndt, "der fällt nämlich negativ aus, es geht ja gar nicht anders".
Der deutsche Staatsbürger aus Hamburg, dem seit seiner Verhaftung am 11. Januar in Swakopmund von Magistratsrichter Gibson Iimbili sechs Mal die Kaution verweigert wurde, befand sich auf dem Weg nach Windhoek. Nachdem Verteidigungsanwalt Stephen Kenny gegen den richterlichen Beschluss in Berufung gegangen war, hat das Obergericht Windhoek vergangene Woche dem Kautionsantrag zugestimmt (AZ berichtete). Berndt (68) wird vorgeworfen, einen 21-jährigen Mann vergewaltigt zu haben.
Doch Berndt hätte gar nicht in Windhoek vor Gericht erscheinen brauchen, das hatte sein Anwalt veranlasst. Trotzdem holte ihn die Polizei ab, informierte jedoch den Verteidiger nicht. Bevor die Fahrt losging, klagte Berndt über Durst und bat darum, die Hände wenigstens nach vorne nehmen zu dürfen, damit er die Wasserflasche besser greifen könne. "Sie können an die Trennscheibe (zwischen Fahrerkabine und Wagenzelle) klopfen, wenn Sie Durst haben", habe Uushona ihm mitteilen lassen, danach krachte die Wagentür ins Schloss. Nur wie klopfen? Berndts Hände waren immer noch auf dem Rücken und er sollte so, auf einer Holzbank nach vorne gebückt, 365 Kilometer reisen. Er habe versucht, sich die Wasserflasche mit dem Mund zu "angeln", doch das sei misslungen und das kostbare Nass lief aus. Irgendwann während der Fahrt muss er zusammengebrochen sein. "Als ich zu mir kam, lag ich am Boden des Wagens mit meinem Kopf auf einer Reisetasche", erzählte Berndt der AZ, "die Handschellen hatte sie mir inzwischen abgenommen".
Da er bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sich genommen hatte, erlaubte ihm Uushona, in Okahandja Wasser und ein paar Lebensmittel einzukaufen. "Ich goss bestimmt einen Liter Wasser erst einmal in mich hinein und genoss nach langem wieder Hühnchen, eine Banane und Weintrauben", betonte er.
Keine Decke und nasse Füße
In Windhoek wurde Berndt bei der Windhoeker Polizeistation abgeladen. "Was habe ich mich an dem Abend nach meiner Pritsche in Swakopmund gesehnt", sagte er und erklärte: "Ich bin ja recht bescheiden, aber das ist menschenunwürdig." Er habe keine Decke bekommen, sei durch einen dunklen Gang zum Klo geführt worden. "Plötzlich spürte ich, wie meine Schlappen und Füße nass wurden und glaubte, dass es irgendwo reingeregnet haben muss", erzählte er weiter. Als er sich jedoch umdrehte, bemerkte er, wie ein Mann an die Mauer urinierte. "Ich muss durch seinen Urin gelaufen sein", sagte er entsetzt. Auch der Waschhof habe wie ein "verwahrloster Tränkplatz für Tiere" ausgesehen. "Am nächsten Tag kam ich dann aus dem Staunen nicht mehr heraus", so Berndt, "im Obergericht schienen mich alle zu kennen, sprachen mich mit ,Mister Günter' an. Mir wurde ein Sessel und keine Holzbank zum Sitzen angeboten, und auch die beiden Richter verneigten sich korrekt vor der Kammer". Sechs Minuten später seien alle über ihn hergefallen und wollten ihn befragen, bevor überhaupt der Übersetzer ihm die frohe Botschaft einer gewährten Kaution mitteilen konnte. Noch nicht ganz auf freien Fuß, aber schrecklich hungrig trat er - mit Uushona - die Rückreise an, diesmal allerdings ohne Handschellen.
Fastfood schmeckt einfach köstlich
In Okahandja hielt Uushona beim bekannten Hühnchen-Schnellimbiss mit den drei Buchstaben. "Ich bin ja überhaupt nicht für Fastfood, aber das war ein Genuss, einfach köstlich", schwärmte er. Seitdem die neue Inspektorin die Swakopmunder Polizeistation auf Vordermann bringen will, gab es für den Angeklagten keinen Freigang zum Einkaufszentrum mehr. Drei Wochen lang lebte er morgens von fünf Scheiben Trockenbrot mit einem Becher Kaffee, mittags gab es sechs Scheiben mit Marmelade drauf, dazu Tee mit Zucker, und abends fünf Scheiben wieder nur Trockenbrot. "So holt man sich den Skorbut zurück ins Haus", sagte er. 78 Tage hat er in U-Haft verbringen müssen und täglich merken dürfen, wie sein Körper immer schwächer wurde. Zehn Kilo hat er verloren, litt unter einer Gürtelrose und Nierenschmerzen und selbst die erste Nacht zu Hause verbrachte er mit Schmerzen und Krämpfen. "Magnesiummangel", begründete er.
Am 6. April soll in Swakopmund mit dem Befund der Laboruntersuchung weiter verhandelt werden. "Wenn der DNA-Bericht vorliegt, ist eh alles vorbei", so Berndt, "der fällt nämlich negativ aus, es geht ja gar nicht anders".
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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