Proteste gegen Gewalt
Frauen und Kinder schützen: Demos an der Küste und in Windhoek
Von Clemens von Alten und Erwin Leuschner, Swakopmund/Windhoek
Genau eine Woche nachdem die Künstlerin Lindie Prinsloo ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden wurde (AZ berichtete), setzten Bewohner Swakopmunds am Freitag ein Zeichen gegen die häusliche Gewalt an Frauen und Kindern. „Ich hoffe von ganzem Herzen, das so etwas nie wieder geschehen wird“, sagte Juuso Kambueshe, Regionalratsmitglied für den Wahlkreis Swakopmund, als er Teilnehmer der friedlichen Demonstration vor der örtlichen Polizeiwache in Empfang nahm.
„Das ist erst der Anfang“, erklärte Tazneem Ochs, Sprecherin der Gruppe Stop Violence Against Women. „Wir wollen landesweit aktiv werden und konkret was unternehmen.“ So wolle die Gruppe Zufluchtsorte in verschiedenen Landesteilen einrichten, wo Opfer einen Unterschlupf finden könnten. „Es gibt auch Männer, die misshandelt werden und sich nicht wehren können. Wir wollen allen diesen Menschen helfen“, so Ochs. Ein geeignetes Haus dafür sei bereits bei Windhoek identifiziert worden.
Hunderte sexuelle Übergriffe
Der namibischen Polizei wurden in den Monaten Juni bis Oktober rund 2000 Fälle gemeldet, die mit häuslicher Gewalt und Alkoholmissbrauch zu tun hatten, wie die hiesige Presseagentur Nampa den pensionierten Ex-Polizeichef James Tjivikua zitiert. Anlass war ein Protestmarsch, der unter dem Schlachtruf #BreakFree am Wochenende in Windhoek stattfand. Als Schirmherrin der Initiative gilt Namibias First Lady Monica Geingos, die am Samstag mitmarschierte.
„Gewalt – auch gegenüber Frauen und Kindern – ist in Namibia weit verbreitet und betrifft uns alle“, sagte der ehemalige Polizeibefehlshaber. Ihm zufolge wurden in den fünf Monaten knapp 400 Anzeigen wegen Vergewaltigung erstattet. Zudem habe die Polizei unter anderem über 1000 Klagen gewalttätiger Übergriffe gezählt, fast 460 schwere oder versuchte Körperverletzungen, sechs Fälle sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, zwei versuchte Vergewaltigungen und 113 Anzeigen wegen mutwilliger Beschädigung von Eigentum.
Zeichen gegen Gewalt
Auch die Organisation Women’s Action for Development (WAD) macht zusammen mit der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) und der Initiative des Sozialhilfe-Ministers Zephania Kameeta, Namibian Men for Gender Justice, mobil. Am Freitag starteten die drei Gruppen das MiGBVPR-Konzept, was für „Male Involvement in Gender-Based Violence Prevention and Reduction“ steht und im Kampf gegen geschlechterspezifische Gewalt (GBV) auf die Rolle der Männer hinweist.
„Es geht um die Frage, wie Männern und Jungen die Möglichkeit geboten werden kann, sich stärker an Aktionen zu beteiligen, bei denen der Schutz von Frauenrechten im Vordergrund steht“, zitierte Nampa in ihrer Berichterstattung den WAD-Direktor Salatiel Shinedima, der betonte, dass die meisten Verbrechen an Frauen von Männern begangen werden. „Das ist keine Wunschvorstellung – Menschen sind intelligente, anpassungsfähige Wesen und wir sind davon überzeugt, dass Personen ihr Verhalten entsprechend ändern können“, so der WAD-Vertreter am Freitag.
Staat klärt auf
Zudem bemüht sich die politische Spitze Namibias um stärkere Aufklärung. „Opfer geschlechtsbezogener Gewalt sind potenzielle Arbeitskräfte – Humankapital, das der Entwicklung Namibias im Allgemeinen und speziell in der Karas-Region hätte beitragen können“, sagte Regionalpolitiker Jan Scholtz am vergangenen Donnerstag, als er laut einem weiteren Nampa-Bericht in Keetmanshoop ein zweitägiges Seminar zum Thema Gewalt an Frauen und Kindern eröffnete. Der Arbeitskreis ist Teil einer Aktion des Ministeriums für Geschlechtergleichheit und Kinderfürsorge, die sich zum Ziel setzt, in ausgewählten Gebieten sogenannte GBV Cluster ins Leben zu rufen. Dabei handele es sich um Arbeitsgruppen, die ortsbezogene Strategien zum Kampf gegen geschlechterspezifische Gewalt aufstellen sollen.
Eine ähnliche Veranstaltung soll heute in der Kavango-Ost-Region stattfinden, wie Nampa die Ministeriumsvertreterin Johanna Likando zitiert. Dort finde ein Workshop statt, der sich angesichts der sozioökonomischen Entwicklung Namibias mit der wirtschaftlichen Ermächtigung der Frauen befasst. „Allerdings wird im Rahmen dieser Veranstaltung auch das GBV Cluster der Kavango-Ost-Region bestimmt“, so Likando.
Problem mit vielen Facetten
Unlängst hatte sich auch das Institut für Öffentliche Politforschung (IPPR) in einem mehrseitigen Bericht mit dem Themenkomplex rund um genderspezifische Gewalt auseinandergesetzt. Darin erklären die Autorinnen, Ndapwa Alweendo, Rakkel Andreas und Deanna Rafla-Yuan, dass hierzulande jede dritte Frau im Alter von 15 bis 49 Jahren physische Gewalt am eigenen Leib erfahren habe. Zudem glauben fast 30 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen in Namibia, dass es einem Gemahl gestattet sei, seine Ehepartnerin zu schlagen. Nur vier Prozent der Opfer wenden sich laut dem Bericht an die Polizei, während 15 Prozent keine Hilfe in Anspruch nehmen, beziehungsweise sich keiner Person anvertrauen.
„Geschlechterbasierte Gewalt wird von sozioökonomischen Faktoren beeinflusst, die ein gewisses Bild der Frau sowie Überzeugungen von Geschlechterrollen am Leben halten“, wird in dem IPPR-Bericht erklärt. Entsprechend vielseitig muss der Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern gestaltet werden. „Wenn Kindern im jungen Alter schon physische Gewalt als ein angebrachtes Mittel zur Bestrafung beigebracht wird, dann verinnerlichen sie dieses Verhalten und tragen es bis zum Erwachsenenalter mit sich“, heißt es.
Genau eine Woche nachdem die Künstlerin Lindie Prinsloo ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden wurde (AZ berichtete), setzten Bewohner Swakopmunds am Freitag ein Zeichen gegen die häusliche Gewalt an Frauen und Kindern. „Ich hoffe von ganzem Herzen, das so etwas nie wieder geschehen wird“, sagte Juuso Kambueshe, Regionalratsmitglied für den Wahlkreis Swakopmund, als er Teilnehmer der friedlichen Demonstration vor der örtlichen Polizeiwache in Empfang nahm.
„Das ist erst der Anfang“, erklärte Tazneem Ochs, Sprecherin der Gruppe Stop Violence Against Women. „Wir wollen landesweit aktiv werden und konkret was unternehmen.“ So wolle die Gruppe Zufluchtsorte in verschiedenen Landesteilen einrichten, wo Opfer einen Unterschlupf finden könnten. „Es gibt auch Männer, die misshandelt werden und sich nicht wehren können. Wir wollen allen diesen Menschen helfen“, so Ochs. Ein geeignetes Haus dafür sei bereits bei Windhoek identifiziert worden.
Hunderte sexuelle Übergriffe
Der namibischen Polizei wurden in den Monaten Juni bis Oktober rund 2000 Fälle gemeldet, die mit häuslicher Gewalt und Alkoholmissbrauch zu tun hatten, wie die hiesige Presseagentur Nampa den pensionierten Ex-Polizeichef James Tjivikua zitiert. Anlass war ein Protestmarsch, der unter dem Schlachtruf #BreakFree am Wochenende in Windhoek stattfand. Als Schirmherrin der Initiative gilt Namibias First Lady Monica Geingos, die am Samstag mitmarschierte.
„Gewalt – auch gegenüber Frauen und Kindern – ist in Namibia weit verbreitet und betrifft uns alle“, sagte der ehemalige Polizeibefehlshaber. Ihm zufolge wurden in den fünf Monaten knapp 400 Anzeigen wegen Vergewaltigung erstattet. Zudem habe die Polizei unter anderem über 1000 Klagen gewalttätiger Übergriffe gezählt, fast 460 schwere oder versuchte Körperverletzungen, sechs Fälle sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, zwei versuchte Vergewaltigungen und 113 Anzeigen wegen mutwilliger Beschädigung von Eigentum.
Zeichen gegen Gewalt
Auch die Organisation Women’s Action for Development (WAD) macht zusammen mit der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) und der Initiative des Sozialhilfe-Ministers Zephania Kameeta, Namibian Men for Gender Justice, mobil. Am Freitag starteten die drei Gruppen das MiGBVPR-Konzept, was für „Male Involvement in Gender-Based Violence Prevention and Reduction“ steht und im Kampf gegen geschlechterspezifische Gewalt (GBV) auf die Rolle der Männer hinweist.
„Es geht um die Frage, wie Männern und Jungen die Möglichkeit geboten werden kann, sich stärker an Aktionen zu beteiligen, bei denen der Schutz von Frauenrechten im Vordergrund steht“, zitierte Nampa in ihrer Berichterstattung den WAD-Direktor Salatiel Shinedima, der betonte, dass die meisten Verbrechen an Frauen von Männern begangen werden. „Das ist keine Wunschvorstellung – Menschen sind intelligente, anpassungsfähige Wesen und wir sind davon überzeugt, dass Personen ihr Verhalten entsprechend ändern können“, so der WAD-Vertreter am Freitag.
Staat klärt auf
Zudem bemüht sich die politische Spitze Namibias um stärkere Aufklärung. „Opfer geschlechtsbezogener Gewalt sind potenzielle Arbeitskräfte – Humankapital, das der Entwicklung Namibias im Allgemeinen und speziell in der Karas-Region hätte beitragen können“, sagte Regionalpolitiker Jan Scholtz am vergangenen Donnerstag, als er laut einem weiteren Nampa-Bericht in Keetmanshoop ein zweitägiges Seminar zum Thema Gewalt an Frauen und Kindern eröffnete. Der Arbeitskreis ist Teil einer Aktion des Ministeriums für Geschlechtergleichheit und Kinderfürsorge, die sich zum Ziel setzt, in ausgewählten Gebieten sogenannte GBV Cluster ins Leben zu rufen. Dabei handele es sich um Arbeitsgruppen, die ortsbezogene Strategien zum Kampf gegen geschlechterspezifische Gewalt aufstellen sollen.
Eine ähnliche Veranstaltung soll heute in der Kavango-Ost-Region stattfinden, wie Nampa die Ministeriumsvertreterin Johanna Likando zitiert. Dort finde ein Workshop statt, der sich angesichts der sozioökonomischen Entwicklung Namibias mit der wirtschaftlichen Ermächtigung der Frauen befasst. „Allerdings wird im Rahmen dieser Veranstaltung auch das GBV Cluster der Kavango-Ost-Region bestimmt“, so Likando.
Problem mit vielen Facetten
Unlängst hatte sich auch das Institut für Öffentliche Politforschung (IPPR) in einem mehrseitigen Bericht mit dem Themenkomplex rund um genderspezifische Gewalt auseinandergesetzt. Darin erklären die Autorinnen, Ndapwa Alweendo, Rakkel Andreas und Deanna Rafla-Yuan, dass hierzulande jede dritte Frau im Alter von 15 bis 49 Jahren physische Gewalt am eigenen Leib erfahren habe. Zudem glauben fast 30 Prozent der Männer und 22 Prozent der Frauen in Namibia, dass es einem Gemahl gestattet sei, seine Ehepartnerin zu schlagen. Nur vier Prozent der Opfer wenden sich laut dem Bericht an die Polizei, während 15 Prozent keine Hilfe in Anspruch nehmen, beziehungsweise sich keiner Person anvertrauen.
„Geschlechterbasierte Gewalt wird von sozioökonomischen Faktoren beeinflusst, die ein gewisses Bild der Frau sowie Überzeugungen von Geschlechterrollen am Leben halten“, wird in dem IPPR-Bericht erklärt. Entsprechend vielseitig muss der Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern gestaltet werden. „Wenn Kindern im jungen Alter schon physische Gewalt als ein angebrachtes Mittel zur Bestrafung beigebracht wird, dann verinnerlichen sie dieses Verhalten und tragen es bis zum Erwachsenenalter mit sich“, heißt es.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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