Rabbie N!aice bewahrt die Tradition der San
Das Zuhause von Rabbie N!aice !amace und seiner Familie liegt am Rand von Tsumkwe, einen Kilometer mitten im Busch. Ein großes Schild weist die Richtung zu Dsxau Tsi Tju/‘Ho, in englisch Tsumkwe Crafts & Tours.
Wiebke Schmidt, Tsumkwe
Hier bietet N!aic Besuchern Touren in die Umgebung an. Er fährt mit ihnen zum 20 km entfernten Living Hunters Museum, zu einem riesigen Baobab, in den Kaudum-Nationalpark sowie in die Nyae Nyae-Pfanne, die ebenfalls im Schutzgebiet der San liegt.
Ursprünglich stammt N!aice aus Rundu. Nach dem Tod der Mutter zog sein Vater mit ihm nach Grashoek. Das kleine Dörfchen liegt von Grootfontein kommend nur wenige Kilometer hinter der sogenannten Roten Linie. Diese Grenze soll die Verbreitung von Tierkrankheiten, wie die Maul- und Klauenseuche, auf kommerziellen Farmen verhindern. Sie wurde 1895 errichtet, als im damaligen Deutsch Südwest die Rinderpest wütete.
Das Konzept der lebenden Museen in Namibia entwickelte der namibische Reiseleiter Werner Pfeifer. Es wurde 2003 erstmals den Ju/‘Hoansi-San aus Grashoek vorgestellt. Im Juni 2004 eröffnete dort das erste Lebende Museum. Ein paar Jahre später sollte ein lebendes Museum bei Twyfelfontein mit einer Gruppe Damara gegründet werden. Dies stellte sich als schwierig dar, denn zwei Dinge sind aus der ursprünglichen Kultur der Damara ist in Vergessenheit geraten. Das Feuer machen und wie man Felle verarbeitet. Es wurden vier Ju/‘Hoansi aus Grashoek zu dem Projekt herangezogen. Nun fand ein reger Austausch statt, bei dem die Ju/‘Hoansi der Damara-Gruppe dieses Handwerk zeigten. N!aice war einer der vier Ju/‘Hoansis. „Seit dieser Zeit habe ich immer mit der Living Culture Foundation (LCFN) zusammengearbeitet“, erinnert sich N!aice. Sein Wissen über die Wirkungen von Pflanzen, wie man Feuer macht, wie Felle gesäubert werden, um sie verarbeiten zu können, traditionelle Tänze und vieles mehr hat er von seinem Vater und Großvater.
Seine Großeltern und sein Vater waren es auch, die vor vielen Jahren die Siedlung Grashoek gründeten. Damals waren es nur diese Familie, die dort lebte. Doch es zogen immer mehr San dorthin. „Mit den vielen Menschen begannen die Probleme“, sagt !Naice. Alkohol, Streit und Missgunst beherrschten den Alltag in der groß gewordenen Ortschaft. Er wollte dort nicht mehr leben. Seine Kinder sollten nicht zwischen Betrunkenen aufwachsen. Seine Frau Be Ikaece wollte zurück nach Tsumkwe, woher sie ursprünglich stammt. Er schlug LCFN vor, bei Tsumkwe ein Living Hunter Museum zu gründen. Dort könne er den Touristen zeigen, wie Buschleute ursprünglich gelebt und gejagt haben. Für ihn ist es wichtig, dass die Kultur der San nicht nur Touristen als Unterhaltung dient, sondern für die San-Jugend und -Nachkommen bewahrt wird. 2010 zog er mit seinem Großvater, Vater und seiner Familie nach Tsumkwe. Drei Jahre später eröffnete er das Living Hunter Museum in der Nähe dieser Ortschaft. Es ist in Namibia das einzige seiner Art, denn nur im Nyae-Nyae-Schutzgebiet ist die traditionelle Jagd mit Pfeil und Bogen sowie das Fangen von Vögeln noch erlaubt.
Tsumkwe Crafts & Tours befindet sich auf einem großen, sauberen Grundstück. Es gibt mehrere kleine Hütten, in denen !Naice zusammen mit seiner Frau, seinen sieben Kindern, deren Ehepartner und Enkeln lebt.
Es gibt einen kleinen Campingplatz für Gäste, die übernachten wollen. Wer noch mehr Einblick in das Leben der Ju/‘Hoansis haben möchte, kann in der Gästehütte schlafen. Sie ist die größte Strohhütte auf dem kleinen Areal. In ihr befinden sich auf dem sauber gefegten Boden mehrere Schlafmöglichkeiten.
Die Frauen sitzen im Schatten der Unterstände und fädeln auf einer starken Schnur die sogenannten Buschmannperlen auf. Diese bestehen aus den Schalen von Straußeneiern, die zuvor aus kleinen Scheibchen rund geschliffen und in der Mitte gelocht wurden. Ausgrabungen in Ostafrika zeigen, dass die Buschmannsperlen seit mindestens 7000 v. Chr. in Gebrauch sind [Wikipedia]. Damals galten diese Perlen als Zahlungsmittel. Heute werden diese handgefertigten Schmuckstücke von Touristen gerne gekauft und getragen und sind somit eine gute Einnahmequelle für die San.
Gerne begleitet !Naice seine Gäste auf eine Buschtour. Dabei erklärt er nicht nur die Spuren, die das Wild hinterlässt, sondern teilt auch sein Wissen über die medizinische Wirkung von Pflanzen, Blättern, Rinde und Wurzeln mit. Er erklärt, wie Medizin aus den Pflanzenteilen gegen verschiedene Schmerzen zubereitet wird. „Erst wenn die traditionelle Medizin nicht wirkt, gehen wir ins Krankenhaus“, sagt !Naice.
Die beiden vergangenen Jahre waren aufgrund der Corona-Pandemie schwer für ihn und seine Familie. Ohne Touristen gibt es keinerlei Einnahmen.
Zur Zeit muss er oder ein Mitglied der Familie täglich zwei Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle laufen, um Wasserkanister zu füllen und diese wieder in die kleine Siedlung zu bringen, damit gekocht und gewaschen werden kann. Von TUCSIN (The University Centre for Studies In Namibia), das Aufbaukurse für namibische Schulabgänger anbietet, hat !Naice vor ein paar Jahren einen 500l Wassertank erhalten. Wann immer er genügend Geld zusammengespart hatte, konnte er den Wassertank füllen lassen. Doch seit die Touristen ausbleiben hat er kein Geld dazu. „Ich habe den Tank an einen Bekannten ausgeliehen, der eine Farm hat“, sagt er. „Er kann ihn jetzt eher gebrauchen, als ich“.
Probleme gibt mit immer wieder mit Kühen, die von den Herero zu ihnen getrieben werden. Diese fressen das Gras und essbare Pflanzen, die der Familie als Nahrung dienen.
Seit einigen Wochen kommen die Reisenden nach und nach wieder nach Namibia. Das Gros fährt zum Etoscha-Nationalpark oder durch den Bwabwata-Nationalpark in die Sambesi-Region. Nur wenige kommen nach Tsumkwe, um von dort in den Khaudum-Nationalpark zu fahren oder bei Dobe nach Botswana einzureisen. Von diesen Reisenden ist es nur ein Bruchteil, der bei Tsumkwe Crafts & Tours vorbeischaut. Doch es reicht, um
!Naice und seiner Familie die Zukunft zu sichern.
Wiebke Schmidt, Tsumkwe
Hier bietet N!aic Besuchern Touren in die Umgebung an. Er fährt mit ihnen zum 20 km entfernten Living Hunters Museum, zu einem riesigen Baobab, in den Kaudum-Nationalpark sowie in die Nyae Nyae-Pfanne, die ebenfalls im Schutzgebiet der San liegt.
Ursprünglich stammt N!aice aus Rundu. Nach dem Tod der Mutter zog sein Vater mit ihm nach Grashoek. Das kleine Dörfchen liegt von Grootfontein kommend nur wenige Kilometer hinter der sogenannten Roten Linie. Diese Grenze soll die Verbreitung von Tierkrankheiten, wie die Maul- und Klauenseuche, auf kommerziellen Farmen verhindern. Sie wurde 1895 errichtet, als im damaligen Deutsch Südwest die Rinderpest wütete.
Das Konzept der lebenden Museen in Namibia entwickelte der namibische Reiseleiter Werner Pfeifer. Es wurde 2003 erstmals den Ju/‘Hoansi-San aus Grashoek vorgestellt. Im Juni 2004 eröffnete dort das erste Lebende Museum. Ein paar Jahre später sollte ein lebendes Museum bei Twyfelfontein mit einer Gruppe Damara gegründet werden. Dies stellte sich als schwierig dar, denn zwei Dinge sind aus der ursprünglichen Kultur der Damara ist in Vergessenheit geraten. Das Feuer machen und wie man Felle verarbeitet. Es wurden vier Ju/‘Hoansi aus Grashoek zu dem Projekt herangezogen. Nun fand ein reger Austausch statt, bei dem die Ju/‘Hoansi der Damara-Gruppe dieses Handwerk zeigten. N!aice war einer der vier Ju/‘Hoansis. „Seit dieser Zeit habe ich immer mit der Living Culture Foundation (LCFN) zusammengearbeitet“, erinnert sich N!aice. Sein Wissen über die Wirkungen von Pflanzen, wie man Feuer macht, wie Felle gesäubert werden, um sie verarbeiten zu können, traditionelle Tänze und vieles mehr hat er von seinem Vater und Großvater.
Seine Großeltern und sein Vater waren es auch, die vor vielen Jahren die Siedlung Grashoek gründeten. Damals waren es nur diese Familie, die dort lebte. Doch es zogen immer mehr San dorthin. „Mit den vielen Menschen begannen die Probleme“, sagt !Naice. Alkohol, Streit und Missgunst beherrschten den Alltag in der groß gewordenen Ortschaft. Er wollte dort nicht mehr leben. Seine Kinder sollten nicht zwischen Betrunkenen aufwachsen. Seine Frau Be Ikaece wollte zurück nach Tsumkwe, woher sie ursprünglich stammt. Er schlug LCFN vor, bei Tsumkwe ein Living Hunter Museum zu gründen. Dort könne er den Touristen zeigen, wie Buschleute ursprünglich gelebt und gejagt haben. Für ihn ist es wichtig, dass die Kultur der San nicht nur Touristen als Unterhaltung dient, sondern für die San-Jugend und -Nachkommen bewahrt wird. 2010 zog er mit seinem Großvater, Vater und seiner Familie nach Tsumkwe. Drei Jahre später eröffnete er das Living Hunter Museum in der Nähe dieser Ortschaft. Es ist in Namibia das einzige seiner Art, denn nur im Nyae-Nyae-Schutzgebiet ist die traditionelle Jagd mit Pfeil und Bogen sowie das Fangen von Vögeln noch erlaubt.
Tsumkwe Crafts & Tours befindet sich auf einem großen, sauberen Grundstück. Es gibt mehrere kleine Hütten, in denen !Naice zusammen mit seiner Frau, seinen sieben Kindern, deren Ehepartner und Enkeln lebt.
Es gibt einen kleinen Campingplatz für Gäste, die übernachten wollen. Wer noch mehr Einblick in das Leben der Ju/‘Hoansis haben möchte, kann in der Gästehütte schlafen. Sie ist die größte Strohhütte auf dem kleinen Areal. In ihr befinden sich auf dem sauber gefegten Boden mehrere Schlafmöglichkeiten.
Die Frauen sitzen im Schatten der Unterstände und fädeln auf einer starken Schnur die sogenannten Buschmannperlen auf. Diese bestehen aus den Schalen von Straußeneiern, die zuvor aus kleinen Scheibchen rund geschliffen und in der Mitte gelocht wurden. Ausgrabungen in Ostafrika zeigen, dass die Buschmannsperlen seit mindestens 7000 v. Chr. in Gebrauch sind [Wikipedia]. Damals galten diese Perlen als Zahlungsmittel. Heute werden diese handgefertigten Schmuckstücke von Touristen gerne gekauft und getragen und sind somit eine gute Einnahmequelle für die San.
Gerne begleitet !Naice seine Gäste auf eine Buschtour. Dabei erklärt er nicht nur die Spuren, die das Wild hinterlässt, sondern teilt auch sein Wissen über die medizinische Wirkung von Pflanzen, Blättern, Rinde und Wurzeln mit. Er erklärt, wie Medizin aus den Pflanzenteilen gegen verschiedene Schmerzen zubereitet wird. „Erst wenn die traditionelle Medizin nicht wirkt, gehen wir ins Krankenhaus“, sagt !Naice.
Die beiden vergangenen Jahre waren aufgrund der Corona-Pandemie schwer für ihn und seine Familie. Ohne Touristen gibt es keinerlei Einnahmen.
Zur Zeit muss er oder ein Mitglied der Familie täglich zwei Kilometer bis zur nächsten Wasserstelle laufen, um Wasserkanister zu füllen und diese wieder in die kleine Siedlung zu bringen, damit gekocht und gewaschen werden kann. Von TUCSIN (The University Centre for Studies In Namibia), das Aufbaukurse für namibische Schulabgänger anbietet, hat !Naice vor ein paar Jahren einen 500l Wassertank erhalten. Wann immer er genügend Geld zusammengespart hatte, konnte er den Wassertank füllen lassen. Doch seit die Touristen ausbleiben hat er kein Geld dazu. „Ich habe den Tank an einen Bekannten ausgeliehen, der eine Farm hat“, sagt er. „Er kann ihn jetzt eher gebrauchen, als ich“.
Probleme gibt mit immer wieder mit Kühen, die von den Herero zu ihnen getrieben werden. Diese fressen das Gras und essbare Pflanzen, die der Familie als Nahrung dienen.
Seit einigen Wochen kommen die Reisenden nach und nach wieder nach Namibia. Das Gros fährt zum Etoscha-Nationalpark oder durch den Bwabwata-Nationalpark in die Sambesi-Region. Nur wenige kommen nach Tsumkwe, um von dort in den Khaudum-Nationalpark zu fahren oder bei Dobe nach Botswana einzureisen. Von diesen Reisenden ist es nur ein Bruchteil, der bei Tsumkwe Crafts & Tours vorbeischaut. Doch es reicht, um
!Naice und seiner Familie die Zukunft zu sichern.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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