Regierungschef verhaftet: Mali stürzt immer tiefer in die Krise
Die Militärs bestritten, einen Staatsstreich angezettelt zu haben. Der 60-Jährige war in den letzten Wochen ein regelmäßiger Ansprechpartner westlicher Regierungen, die einen geplanten Militäreinsatz afrikanischer Truppen gegen die Islamisten im Norden zumindest indirekt unterstützen wollen. Unmittelbar nach seiner Festnahme erklärte Diarra den Rücktritt seiner ganzen Regierung.
Am Dienstagabend ist bereits ein Nachfolger ernannt worden: Präsident Dioncounda Traoré bestimmte Django Sissoko zum neuen Premierminister. Das Dekret wurde am Dienstagabend im Staatsfernsehen verlesen.
Der frühere Astrophysiker Diarra war erst im April zum neuen Premierminister der malischen Übergangsregierung ernannt worden. Zuvor hatte er jahrelang als Raumfahrt-Ingenieur für die NASA in Kalifornien gearbeitet, ehe er zur Jahrtausendwende nach Mali heimkehrte. 2006 wurde Diarra von US-Milliardär und Microsoft-Gründer Bill Gates zum Vorsitzenden der afrikanischen Microsoft-Tochter ernannt und widmete sich danach der Entwicklung der in Afrika noch immer rudimentären Computertechnologie.
Was genau hinter der Festnahme des Regierungschefs steckt, blieb zunächst unklar. Möglicherweise war Diarra den Militärs, die seit ihrem Rückzug in die Kasernen noch immer über beträchtlichen Einfluss verfügen, wegen seiner zunehmenden Eigenständigkeit ein Dorn im Auge. Womöglich gibt es aber auch einen Zusammenhang zu den jüngsten Gesprächen der malischen Regierung mit zwei Tuareg-Rebellengruppen im benachbarten Burkina Faso. Die Gesprächspartner hatten sich dort erst vergangene Woche auf einen Waffenstillstand geeinigt. Allerdings hatte es bei den Gesprächen auch Meinungsverschiedenheiten über die Einführung des islamischen Rechts (Scharia) gegeben. Während die malische Regierung ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Gesamtstaat forderte, bestand die an den Gesprächen beteiligte radikale Islamistengruppe Ansar al Dine darauf, die vor kurzem von ihr im Norden eingeführte Scharia dort beizubehalten.
Unklar ist auch, was der Putsch des Militärs gegen die Regierung in der Hauptstadt Bamako für den für das nächste Jahr geplanten Militäreinsatz einer afrikanischen Truppe gegen die Islamisten bedeutet. Erst letzte Woche hatte der ivorische Präsident Alassane Ouattara, der gegenwärtig der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vorsteht, ein schnelleres militärisches Eingreifen im Norden von Mali gefordert, weil sich dort zunehmend Terroristen und Drogenhändler ausbreiten würden. Die Ecowas hatte Anfang November die Entsendung von 3300 afrikanischen Soldaten nach Mali beschlossen. Obwohl die Vereinten Nationen (UNO) einen solchen Einsatz grundsätzlich billigen, steht eine entsprechende Resolution des Sicherheitsrates der Weltorganisation noch immer aus.
Dabei besteht dringender Handlungsbedarf: Erst vor zwei Wochen hatten westliche Geheimdienste erneut ausdrücklich vor einem Abrutschen des afrikanischen Landes in einen Hort des internationalen Terrorismus gewarnt. So habe sich Mali nach Angaben des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) inzwischen zu einer Anlaufstelle für ausländische Dschihadisten entwickelt, die nach ihrer Radikalisierung in dem südlich des Mittelmeers gelegenen Wüstenstaat später womöglich auch in Europa aktiv würden. Um dies zu unterbinden, plant die EU eine mögliche Ausbildungsmission in Mali. Dabei sollen rund 250 europäische Ausbilder die schwache und demoralisierte malische Armee für eine Militärintervention gegen die viel besser bewaffneten Islamisten im Norden vorbereiten. An Kampfeinsätzen sollen sich die EU-Soldaten jedoch nicht beteiligen. Unabhängig von den weiteren Entwicklungen in Südmali wäre eine solche Operation zur Rückereroberung des Nordens vermutlich erst im Frühjahr 2013 oder sogar erst später möglich.
Unzufriedene Soldaten der malischen Armee hatten im März dieses Jahres die Zivilregierung des Landes in Bamako gestürzt, woraufhin Tuareg-Rebellen, zusammen mit Islamisten, binnen weniger Tage den gesamten Norden unter ihre Kontrolle brachten. Später vertrieben die Islamisten dann die Tuareg aus den drei größten Städten des Nordens - und riefen dort das islamische Recht aus. Seitdem sind dort Hinrichtungen, Amputationen und Steinigungen an der Tagesordnung.
Die Islamisierung des Nordens hat bislang rund 350000 Menschen zur Flucht veranlasst. Nach Beobachterangaben sind etwa 200000 innerhalb des Landes vertrieben worden. Weitere 150000 hätten in den unmittelbaren Nachbarländern Schutz gesucht.
Am Dienstagabend ist bereits ein Nachfolger ernannt worden: Präsident Dioncounda Traoré bestimmte Django Sissoko zum neuen Premierminister. Das Dekret wurde am Dienstagabend im Staatsfernsehen verlesen.
Der frühere Astrophysiker Diarra war erst im April zum neuen Premierminister der malischen Übergangsregierung ernannt worden. Zuvor hatte er jahrelang als Raumfahrt-Ingenieur für die NASA in Kalifornien gearbeitet, ehe er zur Jahrtausendwende nach Mali heimkehrte. 2006 wurde Diarra von US-Milliardär und Microsoft-Gründer Bill Gates zum Vorsitzenden der afrikanischen Microsoft-Tochter ernannt und widmete sich danach der Entwicklung der in Afrika noch immer rudimentären Computertechnologie.
Was genau hinter der Festnahme des Regierungschefs steckt, blieb zunächst unklar. Möglicherweise war Diarra den Militärs, die seit ihrem Rückzug in die Kasernen noch immer über beträchtlichen Einfluss verfügen, wegen seiner zunehmenden Eigenständigkeit ein Dorn im Auge. Womöglich gibt es aber auch einen Zusammenhang zu den jüngsten Gesprächen der malischen Regierung mit zwei Tuareg-Rebellengruppen im benachbarten Burkina Faso. Die Gesprächspartner hatten sich dort erst vergangene Woche auf einen Waffenstillstand geeinigt. Allerdings hatte es bei den Gesprächen auch Meinungsverschiedenheiten über die Einführung des islamischen Rechts (Scharia) gegeben. Während die malische Regierung ein klares Bekenntnis zu einem säkularen Gesamtstaat forderte, bestand die an den Gesprächen beteiligte radikale Islamistengruppe Ansar al Dine darauf, die vor kurzem von ihr im Norden eingeführte Scharia dort beizubehalten.
Unklar ist auch, was der Putsch des Militärs gegen die Regierung in der Hauptstadt Bamako für den für das nächste Jahr geplanten Militäreinsatz einer afrikanischen Truppe gegen die Islamisten bedeutet. Erst letzte Woche hatte der ivorische Präsident Alassane Ouattara, der gegenwärtig der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vorsteht, ein schnelleres militärisches Eingreifen im Norden von Mali gefordert, weil sich dort zunehmend Terroristen und Drogenhändler ausbreiten würden. Die Ecowas hatte Anfang November die Entsendung von 3300 afrikanischen Soldaten nach Mali beschlossen. Obwohl die Vereinten Nationen (UNO) einen solchen Einsatz grundsätzlich billigen, steht eine entsprechende Resolution des Sicherheitsrates der Weltorganisation noch immer aus.
Dabei besteht dringender Handlungsbedarf: Erst vor zwei Wochen hatten westliche Geheimdienste erneut ausdrücklich vor einem Abrutschen des afrikanischen Landes in einen Hort des internationalen Terrorismus gewarnt. So habe sich Mali nach Angaben des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) inzwischen zu einer Anlaufstelle für ausländische Dschihadisten entwickelt, die nach ihrer Radikalisierung in dem südlich des Mittelmeers gelegenen Wüstenstaat später womöglich auch in Europa aktiv würden. Um dies zu unterbinden, plant die EU eine mögliche Ausbildungsmission in Mali. Dabei sollen rund 250 europäische Ausbilder die schwache und demoralisierte malische Armee für eine Militärintervention gegen die viel besser bewaffneten Islamisten im Norden vorbereiten. An Kampfeinsätzen sollen sich die EU-Soldaten jedoch nicht beteiligen. Unabhängig von den weiteren Entwicklungen in Südmali wäre eine solche Operation zur Rückereroberung des Nordens vermutlich erst im Frühjahr 2013 oder sogar erst später möglich.
Unzufriedene Soldaten der malischen Armee hatten im März dieses Jahres die Zivilregierung des Landes in Bamako gestürzt, woraufhin Tuareg-Rebellen, zusammen mit Islamisten, binnen weniger Tage den gesamten Norden unter ihre Kontrolle brachten. Später vertrieben die Islamisten dann die Tuareg aus den drei größten Städten des Nordens - und riefen dort das islamische Recht aus. Seitdem sind dort Hinrichtungen, Amputationen und Steinigungen an der Tagesordnung.
Die Islamisierung des Nordens hat bislang rund 350000 Menschen zur Flucht veranlasst. Nach Beobachterangaben sind etwa 200000 innerhalb des Landes vertrieben worden. Weitere 150000 hätten in den unmittelbaren Nachbarländern Schutz gesucht.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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