Reiten als Therapie
Clarence sitzt auf dem Rücken des riesigen Schimmels und strahlt. Seine Beine reichen gerade einmal knapp die Hälfte des Pferdebauches hinab, sein Blick ist nach vorne auf die Ohren des Pferdes gerichtet. Mit seinen kleinen Händen hält er sich an der Mähne und einem Reitgurt fest. "Unglaublich", beschreibt Reitlehrerin Karin Rasch sie Szene. Vor wenigen Monaten habe Clarence noch nicht einmal seinen rechten Arm vom Körper bewegen können - heute sitzt er allein auf dem großen Tier und kann sich halten. Clarence reitet seit knapp vier Monaten.
Mit ihm haben sich an diesem Samstagvormittag rund zwölf Kinder und Jugendliche auf dem Reitplatz der Farm von Frau Doris Schneidenberger eingefunden. Die meisten von ihnen haben geistige Behinderungen, einige auch körperliche Beeinträchtigungen. Bei der Arbeit mit den Pferden sollen sie sich und die Tiere besser kennenlernen.
Auf der Reitbahn drehen gerade Augustus und Zacharey auf Déjà-vu ihre Runden. Zacharey sitzt vorne streckt seine kurzen Arme so weit es geht gen Himmel. Hinter ihm sitzt Augustus. Der Junge lehnt sich weit zurück - so weit dass er mit dem Rücken auf dem Pferd liegt, das langsam und bedächtig einen Schritt vor den anderen setzt. Er selbst trägt eine Schiene an seinem rechten Bein. Eine Polio-Erkrankung hat ihm diese Behinderung eingebracht - auf dem Pferd bewegt er sich geschickter als auf dem Boden. Karin Rasch ruft ein Lob auf den Reitplatz. Sowohl Pferde als auch Reiter scheinen völlig entspannt zu sein. "Die Pferde merken auch, dass ein behinderter Reiter auf ihm sitzt", meint Rasch. Sie hat Winnetou und Déjà-vu zu Therapiepferden ausgebildet.
Seit dem 30. Mai 2009 bietet sie und ein ganzes Team von Freiwilligen immer samstags vormittags diese Reitstunden an. Dabei geht es den Veranstaltern auch darum, den Kontakt zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten zu fördern. So gibt es in der Gruppe sowohl beeinträchtigte als auch völlig gesunde Kinder, die sich auf dem Platz gegenseitig helfen. "Wir wollen hier Integration leben", so Rasch, "und das gegenseitige Akzeptieren fördern". Und das passiert nicht nur auf dem Pferd. Ställe misten und das Reitareal in Schuss halten gehört ebenso zu den Aufgaben der Reiter wie die Pferdepflege und das Büffeln von Theorie.
Langsam sollen die Kinder und Erwachsene an die Pferde herangeführt werden: Das Tier verstehen und "lesen" lernen steht hier ganz zu Anfang. Hufe richtig auskratzen und das Aufzäumen will gelernt werden. Erst dann geht es auf das ungesattelte Pferd an der Longe. Das Voltigieren dient als Vorbereitung für die Reiterei: Körpergefühl und Muskelstärke werden aufgebaut, Gleichgewichtssinn und Vertrauen in das Pferd gefördert. Erst wer die Voltigierübungen beherrscht, darf allein reiten - zuerst geführt, später alleine. In der Stirrup Reitschule wird aus Überzeugung zuerst das Reiten ohne Sattel gelehrt. Das Pferd sei so besser spürbar, außerdem ist der Körperkontakt unmittelbarer als mit einem Sattel: Die Beine müssen geschlossen gehalten werden, das Gewicht austariert.
Genau das versucht Augustus gerade, der Dehn- und Gleichgewichtsübungen auf dem Pferd macht. Weiter hinten auf dem Platz führt gerade ein behinderter Junge ein Pferd samt Reiter über die Cavalettis, auf dem Boden liegende Stangen, die möglichst nicht berührt werden sollen. Es gelingt. "Ist das nicht das schönste Bild, was es gibt auf der Welt", freut sich Rasch, die selbst im Rollstuhl sitzt, über die Fortschritte ihrer Schützlinge.
Aber natürlich gibt es auch hier nicht nur die schönen Seiten. Reiten ist teuer, das bekommt auch die Reitschule Stirrup zu spüren. Die Pferde brauchen Wasser, je nach Witterung muss Gras zugefüttert werden. Dazu kommt das Kraftfutter, Melasse und Karotten. Alle sechs bis zehn Wochen kommt der Hufschmied, um die Hufe zu feilen und zu raspeln, Tierarztkosten fallen an - ob für Impfungen oder die Heilung von Krankheiten. Sind die Pferde versorgt, fallen weitere Kosten für das Zubehör an - ob Sattelzeug, Halfter oder Bürsten. Selbstverständlich darf das Pflichtrüstzeug für Reiter auch nicht fehlen: die Reitkappe. "Leider haben wir da einen chronischen Mangel", erklärt Rasch. "Wir haben zwar welche, doch die sind schon so alt." 700 N$ koste eine neuer Reithelm, erzählt sie. Zu viel für die Reitschule, die eh schon nur durch ehrenamtliches Engagement überlebt.
Einen Beitrag kostet das Reiten nicht - wohl für alle der Reiter wäre eine Teilnahme dann auch nicht mehr möglich. Dass die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen - obwohl sie es im Alltag oft schwer haben - hier ein Vergnügen finden können, genießen sie sichtlich. Und aufhören will keiner der Anwesenden. Doch mittlerweile ist es Mittag geworden, die Sonne brennt. Nach dem Putzen zeigt sich schnell: Sowohl Reiter als auch Pferde sind erschöpft. Auch Clarence wird nörgelig, der Tag war anstrengend für den kleinen Jungen. Doch schon am nächsten Samstag geht es weiter.
Mit ihm haben sich an diesem Samstagvormittag rund zwölf Kinder und Jugendliche auf dem Reitplatz der Farm von Frau Doris Schneidenberger eingefunden. Die meisten von ihnen haben geistige Behinderungen, einige auch körperliche Beeinträchtigungen. Bei der Arbeit mit den Pferden sollen sie sich und die Tiere besser kennenlernen.
Auf der Reitbahn drehen gerade Augustus und Zacharey auf Déjà-vu ihre Runden. Zacharey sitzt vorne streckt seine kurzen Arme so weit es geht gen Himmel. Hinter ihm sitzt Augustus. Der Junge lehnt sich weit zurück - so weit dass er mit dem Rücken auf dem Pferd liegt, das langsam und bedächtig einen Schritt vor den anderen setzt. Er selbst trägt eine Schiene an seinem rechten Bein. Eine Polio-Erkrankung hat ihm diese Behinderung eingebracht - auf dem Pferd bewegt er sich geschickter als auf dem Boden. Karin Rasch ruft ein Lob auf den Reitplatz. Sowohl Pferde als auch Reiter scheinen völlig entspannt zu sein. "Die Pferde merken auch, dass ein behinderter Reiter auf ihm sitzt", meint Rasch. Sie hat Winnetou und Déjà-vu zu Therapiepferden ausgebildet.
Seit dem 30. Mai 2009 bietet sie und ein ganzes Team von Freiwilligen immer samstags vormittags diese Reitstunden an. Dabei geht es den Veranstaltern auch darum, den Kontakt zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten zu fördern. So gibt es in der Gruppe sowohl beeinträchtigte als auch völlig gesunde Kinder, die sich auf dem Platz gegenseitig helfen. "Wir wollen hier Integration leben", so Rasch, "und das gegenseitige Akzeptieren fördern". Und das passiert nicht nur auf dem Pferd. Ställe misten und das Reitareal in Schuss halten gehört ebenso zu den Aufgaben der Reiter wie die Pferdepflege und das Büffeln von Theorie.
Langsam sollen die Kinder und Erwachsene an die Pferde herangeführt werden: Das Tier verstehen und "lesen" lernen steht hier ganz zu Anfang. Hufe richtig auskratzen und das Aufzäumen will gelernt werden. Erst dann geht es auf das ungesattelte Pferd an der Longe. Das Voltigieren dient als Vorbereitung für die Reiterei: Körpergefühl und Muskelstärke werden aufgebaut, Gleichgewichtssinn und Vertrauen in das Pferd gefördert. Erst wer die Voltigierübungen beherrscht, darf allein reiten - zuerst geführt, später alleine. In der Stirrup Reitschule wird aus Überzeugung zuerst das Reiten ohne Sattel gelehrt. Das Pferd sei so besser spürbar, außerdem ist der Körperkontakt unmittelbarer als mit einem Sattel: Die Beine müssen geschlossen gehalten werden, das Gewicht austariert.
Genau das versucht Augustus gerade, der Dehn- und Gleichgewichtsübungen auf dem Pferd macht. Weiter hinten auf dem Platz führt gerade ein behinderter Junge ein Pferd samt Reiter über die Cavalettis, auf dem Boden liegende Stangen, die möglichst nicht berührt werden sollen. Es gelingt. "Ist das nicht das schönste Bild, was es gibt auf der Welt", freut sich Rasch, die selbst im Rollstuhl sitzt, über die Fortschritte ihrer Schützlinge.
Aber natürlich gibt es auch hier nicht nur die schönen Seiten. Reiten ist teuer, das bekommt auch die Reitschule Stirrup zu spüren. Die Pferde brauchen Wasser, je nach Witterung muss Gras zugefüttert werden. Dazu kommt das Kraftfutter, Melasse und Karotten. Alle sechs bis zehn Wochen kommt der Hufschmied, um die Hufe zu feilen und zu raspeln, Tierarztkosten fallen an - ob für Impfungen oder die Heilung von Krankheiten. Sind die Pferde versorgt, fallen weitere Kosten für das Zubehör an - ob Sattelzeug, Halfter oder Bürsten. Selbstverständlich darf das Pflichtrüstzeug für Reiter auch nicht fehlen: die Reitkappe. "Leider haben wir da einen chronischen Mangel", erklärt Rasch. "Wir haben zwar welche, doch die sind schon so alt." 700 N$ koste eine neuer Reithelm, erzählt sie. Zu viel für die Reitschule, die eh schon nur durch ehrenamtliches Engagement überlebt.
Einen Beitrag kostet das Reiten nicht - wohl für alle der Reiter wäre eine Teilnahme dann auch nicht mehr möglich. Dass die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen - obwohl sie es im Alltag oft schwer haben - hier ein Vergnügen finden können, genießen sie sichtlich. Und aufhören will keiner der Anwesenden. Doch mittlerweile ist es Mittag geworden, die Sonne brennt. Nach dem Putzen zeigt sich schnell: Sowohl Reiter als auch Pferde sind erschöpft. Auch Clarence wird nörgelig, der Tag war anstrengend für den kleinen Jungen. Doch schon am nächsten Samstag geht es weiter.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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