Renaissance für Kulturerbe: NWG will Namibiana-Sammlung kaufen
Zwar hatte die Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft (NWG) bereits im Mai ihren 90. Geburtstag, doch gefeiert wurde erst am vergangenen Wochenende. Auf der Festveranstaltung gab es dann einen Paukenschlag: Die Stiftung der First National Bank (FNB) überreichte einen Scheck über 500000 Namibia-Dollar, um die Spendenaktion zu unterstützen, die die NWG an dem Festabend offiziell ankündigte. Die NWG will die Namibiana-Sammlung aus dem Besitz von Franz Irlich aus Swakopmund kaufen und braucht dafür 2,5 Millionen Namibia-Dollar (AZ berichtete).
Der ehemalige Lehrer Irlich hat nach eigenen Angaben bis 2002 als Pädagoge in Swakopmund gearbeitet und ist danach ins deutsche Sebnitz (Sachsen) gezogen, wo er das Afrikamuseum und das Städtische Museum geleitet hat. Nun ist er wieder zurück – und will sich von seiner Sammlung trennen, die er seit seinem 10. Lebensjahr aufgebaut hat. „Das erste Buch, das mich gefesselt hat, war ,Südwester Geschichten´ von Hans Grimm“, erklärte Irlich im AZ-Gespräch. Und weiter: „Ich fand das sehr interessant und wollte sehen, ob es noch weitere Geschichten gibt. Je mehr ich hatte, desto mehr wurde mir bewusst, was ich nicht hatte. Und dann habe ich den Ehrgeiz entwickelt, alles zu besitzen.“
Irlichs Namibiana-Sammlung umfasst rund 10000 Stücke - vor allem Bücher, aber auch Briefe, Broschüren und andere Dokumente; etwa 600 davon älter als 100 Jahre - mit namibischem Bezug. Das heißt, sie stammen entweder aus diesem Land oder haben zumindest einen namibischen Bezug. „Da sind Sachen dabei, die einmalig und in keiner anderen Bibliothek im südlichen Afrika zu finden sind“, sagte Irlich. Erst vor kurzem habe er wieder ein paar Stücke in Deutschland und in Kapstadt gekauft.
Die NWG hätte mit diesem Fundus die größte Namibiana-Sammlung und – Bibliothek auf der Welt und – das ist Irlich, der NWG und den Sponsoren ganz wichtig – will diese für die hiesige Öffentlichkeit zugänglich machen. Universitäten aus Übersee hätten ebenfalls Interesse an dieser Sammlung gezeigt, sagte Jane Katjavivi, Vorsitzende der FNB-Stiftung, an dem Abend. Doch so wichtig das Bewahren von Kulturerbe für die Stiftung sei, so bedeutend sei es auch, dass „diese Bücher an ihrem rechtmäßigen Platz bleiben, in Namibia“, so Katjavivi. Irlich machte dazu im AZ-Gespräch deutlich: „Ich habe das alles gesammelt, damit es in Namibia bleibt.“
Im 90. Jahr ihres Bestehens fühlt sich die „Alte Dame“ NWG gut aufgestellt. Die Mitgliederzahl sei in der jüngeren Vergangenheit wieder gewachsen und betrage nun knapp 800, verriet NWG-Geschäftsführerin Waltraud Fritzsche. Die Mitglieder und Interessenten würden zudem jünger und schlössen auch andere Sprachgruppen ein. Die Vorträge und Exkursionen seien so begehrt, dass man das Angebot habe drosseln müssen, weil der Bedarf die logistischen Kapazitäten der NWG sprenge. Fritzsche führt den Erfolg auch darauf zurück, dass die NWG auch ein „soziales Forum“ biete, bei dem ein „Austausch auf intellektueller Ebene“ möglich sei. Und: „Die Meinung der NWG als Interessenträger und Experte auf diversen Gebieten ist immer öfter gefragt, zum Beispiel von Seiten der Regierung. Wir gehen mit der Zeit und sind froh, dass wir den Sprung geschafft haben“, so die Geschäftsführerin.
Ein Fokus der Arbeit bildeten weiterhin die Aufgabe und die Verantwortung, Kulturschätze zu bewahren. Mit dem geplanten Ankauf der großen Namibiana-Sammlung wird die NWG diesem Ziel aktuell in bester Weise gerecht.
Stefan Fischer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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