Revolution auf zwei Rädern
Marita und Bernhard Walther setzen sich mit E-Bikes für einen nachhaltigen Transport und Tourismus ein
Von Milena Schwoge, Windhoek
Begonnen hat alles in Deutschland, dem damaligen Zuhause von Bernhard Walther, wo der gelernte Industrie-Ingenieur an Rädern schraubte und mit dem Elektromotor hantierte. Seine heutige Ehefrau, Marita, ist zuvor während eines Aufenthalts in Wales auf den E-Bike-Trend aufmerksam geworden. „Warum gibt es in Namibia keine Fahrradkultur?“, dachte sie sich und entwickelte eine Idee, aus der inzwischen längst eine Leidenschaft geworden ist.
Als Bernhard Walther Ende 2014 dann den ersten Prototyp fertigstellte, folgten schon bald zahlreiche mit E-Bikes und Batterien gefüllte Container, die über den Seeweg Namibia erreichten.
Der Startschuss für die Geburt von SunCycles war gefallen. Mit ihrer Firma setzen sich die Ehepartner für nachhaltige Energie und umweltfreundlichen Transport innerhalb Namibias ein. Dabei legen sie besonders viel Wert auf elektrische Mobilität und Solarantrieb. Knapp 40 E-Bikes befinden sich im Repertoire des jungen Unternehmens, die allesamt von Bernhard Walther in Namibia gefertigt wurden.
Seit Anfang 2015 gehören die gelben Gefährte von SunCycles auch zum namibischen Straßenbild – bisher jedoch nur an ausgewählten Stellen. „Das Fahrrad gilt für viele hierzulande leider nach wie vor als das Fahrzeug der Armen“, sagt Marita Walther. Fassungslos schüttelt sie den Kopf. Die in Namibia geborene Unternehmerin kennt die Probleme der lokalen Infrastruktur aus eigener Erfahrung.
„Aufgrund des Mangels an öffentlichen Transportmitteln fahren viel zu viele Menschen mit den Taxis“, berichtet sie. Dabei kann sich die Hälfte der Nutzer die Fahrt gar nicht leisten. Bis zu 50 Prozent ihres Einkommens, durchschnittlich zwischen 500 und 800 Namibia-Dollar, investieren Einheimische monatlich in die Transportmittel. Dabei spricht die Energiebilanz Bände: Während ein Auto pro Kilometer etwa 1000 Wattstunden verbraucht, benötigt das Fahrrad nur zehn.
Doch nicht immer ist fehlendes Interesse Schuld an der ineffizienten Verkehrsnutzung. „Die Menschen haben oft auch einfach Angst vor dem Fahrrad. Sie kennen es nicht. Ohne Radwege ist es für sie viel zu gefährlich auf den Straßen“, erklärt Walther.
In Europa herrscht eine lebendige Fahrradkultur mit einem gut ausgebauten Verkehrsnetz, vor allem Deutschland und Holland sind Vorreiter für den nachhaltigen Gebrauch von E-Bikes. Eigentlich sollten die Wege für das Rad durch den Transport-Rahmenplan von 2013, bekannt unter dem Motto „Move Windhoek“, auch in Namibia längst geebnet werden. „Die Stadt wollte Raum und sichere Wege für Fahrradfahrer schaffen, aber bis heute ist nichts passiert. 1,4 Millionen Namibia-Dollar scheinen einfach verschwunden zu sein“, bedauert Walther. Doch Aufgeben kommt für sie und ihren Ehemann nicht in Frage. Beide möchten sich weiterhin für eine erschwingliche Fortbewegungsart für Jedermann in Namibia einsetzen.
Ein Einstiegsmodell von SunCycles kostet derzeit rund 15000 Namibia-Dollar.
Doch die Investition lohnt sich. Mit einer Batterie kann der Fahrer bis zu 15000 Kilometer radeln. Wer ein E-Bike fahren möchte, aber schon in Besitz eines anderen Fahrrads sei, kann dieses zudem vor Ort umbauen lassen.
Die Funktionsweise der elektrischen Gefährte ähnelt der eines herkömmlichen Fahrrads, doch der integrierte solarbetriebene Motor und eine Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometer pro Stunde bescheren dem Nutzer ein angenehm leichtes Fahrgefühl. Steile Berge und Sommerhitze sind somit keine Gegner für die Fahrer, die ihr tägliches Sportprogramm durch das konstante Treten in die Pedale dennoch erfüllen. Nach etwa 30 bis 50 Stunden ist die Batterie aufgebracht. Fünf Stunden Ladezeit reichen jedoch aus, um wieder die volle Leistung abzurufen.
Rekordhalter unter den SunCyclists ist Anja Kreiner aus Swakopmund. Die Angestellte beim Ministerium für Fischerei und Meeresressourcen fährt fast täglich mit dem E-Bike zur Arbeit. „Es eignet sich hervorragend, um bei frischer Luft sicher am Strand entlang zu fahren. Außerdem spart es Zeit“, schreibt sie auf der Webseite des Unternehmens.
„Man fühlt sich wie auf einem Roller und tut dabei etwas für die Umwelt. Es macht einfach Spaß“, sagt auch Gerold Dreyer. Als Praktikant bei SunCycles hat er Einblick in die Produktion der E-Bikes und kümmert sich vor allem um den Online-Auftritt der Firma. „Gestern habe ich in Windhoek jemanden Fahrrad fahren gesehen. Ich glaube, das war das erste Mal in einem Jahr“, stellt er fest. Als der Student für seine Praxisphase im Studiengang Soft Engineering noch eine Stelle suchte, sei er zufällig bei Facebook auf das lokale Unternehmen gestoßen. „Ich musste nicht lange überlegen. Ich fand die Idee auf Anhieb gut und wollte Teil des Teams sein“, erinnert sich Dreyer.
Ein wenig anders war es bei seiner Kollegin Omwene Hatwikulipi, die sich zunächst mit dem Gefährt auf zwei Rädern vertraut machen musste. „Ich habe das Fahrradfahren erst im Februar gelernt“, gibt sie zu. Anfangs sei sie oft hingefallen und habe sich über die blauen Flecke geärgert, doch inzwischen wolle sie das Fahrrad nicht mehr weggeben und es künftig für ihren Lieferservice Harvest food bike gebrauchen. Einen ähnlichen „Fahrradkiosk“ gebe es bereits in Berlin unter dem Namen The Fair Food Bike.
Die beiden Praktikanten verbrachten im Frühjahr drei Monate in Deutschland, wo sie als Teil ihrer halbjährigen Ausbildung bei SunCycles in verschiedenen Seminaren und Ausflügen über Unternehmensführung aufgeklärt wurden. Dort haben sie vor allem die vielen kleinen Kinder und die Postboten auf Fahrrädern begeistert. „Ich finde, dass der Jugend in Namibia schon in der Grundschule das Fahrradfahren vermittelt werden sollte“, sagt Hatwikulipi.
Um künftig selber Aufklärungsarbeit leisten zu können, wollen Marita und Bernhard Walther in einem Container ein sogenanntes E-Mobility-Hub einrichten, um die Menschen über die Möglichkeiten der elektrischen Mobilität aufzuklären. Darüber hinaus haben die beiden Geschäftsleute den Ökotourismus für sich als neues Arbeitsfeld entdeckt, denn auch dort sieht das Ehepaar dringenden Handlungsbedarf: „Wir haben Fat-Bikes in unserem Sortiment, die sich dank ihrer besonders dicken Reifen auch für Erlebnistouren im Sand eignen“. Viele Touristen suchen Adrenalinschübe und die spielten sich oft „off-road“ ab. Die Fat-Bikes sind naturschonender für das Ökosystem als Quads, verursachen weniger Lärm und verbrauchen zudem weniger Energie.
Kooperationen mit einigen ausgewählten Lodges gebe es bereits in der Kalahari- Wüste und rund um Sossusvlei. In Outapi, der kleinen Stadt mit 6500 Einwohnern, gibt es im Fahrradladen von Hilya Ekandjo bereits Afrikas erstes „E-Taxi“, mit dem sowohl Menschen als auch Lebensmittel transportiert werden. Ebenfalls in Outapi besuchen Lehrer des DAPP Training Centre ihre Schüler in den Ortschaften auf dem Rad.
In der Otjozondjupa-Region werden Farmbikes von SunCycles mithilfe eines Anhängers darüber hinaus für den Transport von verletzten Personen aus entlegeneren Dörfern benutzt, als sogenannter E-Krankenwagen. Außerdem seien Stadttouren durch Windhoek sowie eine zentrale, solarbetriebene Ladestation am Hilton Hotel mit Wlan und Anschlüssen für bis zu fünf E-Bikes in Planung. „Anfangs waren die Menschen teilweise noch sehr misstrauisch. Inzwischen merken wir, dass bei vielen unseren Nutzern die Mentalität angekommen ist“, freut sich das Ehepaar Walther.
Die ersten zweistündigen Stadttouren auf dem E-Bike starten Anfang August und werden von dem Tourismusunternehmen „Ecosafaris“ organisiert. Buchungen werden von Felix Vallat unter [email protected] entgegengenommen. Mehr Infos ab der 29. Kalenderwoche Infos auch im Internet unter www.ecosafaris.com oder bei www.suncycles-namibia.org.
Begonnen hat alles in Deutschland, dem damaligen Zuhause von Bernhard Walther, wo der gelernte Industrie-Ingenieur an Rädern schraubte und mit dem Elektromotor hantierte. Seine heutige Ehefrau, Marita, ist zuvor während eines Aufenthalts in Wales auf den E-Bike-Trend aufmerksam geworden. „Warum gibt es in Namibia keine Fahrradkultur?“, dachte sie sich und entwickelte eine Idee, aus der inzwischen längst eine Leidenschaft geworden ist.
Als Bernhard Walther Ende 2014 dann den ersten Prototyp fertigstellte, folgten schon bald zahlreiche mit E-Bikes und Batterien gefüllte Container, die über den Seeweg Namibia erreichten.
Der Startschuss für die Geburt von SunCycles war gefallen. Mit ihrer Firma setzen sich die Ehepartner für nachhaltige Energie und umweltfreundlichen Transport innerhalb Namibias ein. Dabei legen sie besonders viel Wert auf elektrische Mobilität und Solarantrieb. Knapp 40 E-Bikes befinden sich im Repertoire des jungen Unternehmens, die allesamt von Bernhard Walther in Namibia gefertigt wurden.
Seit Anfang 2015 gehören die gelben Gefährte von SunCycles auch zum namibischen Straßenbild – bisher jedoch nur an ausgewählten Stellen. „Das Fahrrad gilt für viele hierzulande leider nach wie vor als das Fahrzeug der Armen“, sagt Marita Walther. Fassungslos schüttelt sie den Kopf. Die in Namibia geborene Unternehmerin kennt die Probleme der lokalen Infrastruktur aus eigener Erfahrung.
„Aufgrund des Mangels an öffentlichen Transportmitteln fahren viel zu viele Menschen mit den Taxis“, berichtet sie. Dabei kann sich die Hälfte der Nutzer die Fahrt gar nicht leisten. Bis zu 50 Prozent ihres Einkommens, durchschnittlich zwischen 500 und 800 Namibia-Dollar, investieren Einheimische monatlich in die Transportmittel. Dabei spricht die Energiebilanz Bände: Während ein Auto pro Kilometer etwa 1000 Wattstunden verbraucht, benötigt das Fahrrad nur zehn.
Doch nicht immer ist fehlendes Interesse Schuld an der ineffizienten Verkehrsnutzung. „Die Menschen haben oft auch einfach Angst vor dem Fahrrad. Sie kennen es nicht. Ohne Radwege ist es für sie viel zu gefährlich auf den Straßen“, erklärt Walther.
In Europa herrscht eine lebendige Fahrradkultur mit einem gut ausgebauten Verkehrsnetz, vor allem Deutschland und Holland sind Vorreiter für den nachhaltigen Gebrauch von E-Bikes. Eigentlich sollten die Wege für das Rad durch den Transport-Rahmenplan von 2013, bekannt unter dem Motto „Move Windhoek“, auch in Namibia längst geebnet werden. „Die Stadt wollte Raum und sichere Wege für Fahrradfahrer schaffen, aber bis heute ist nichts passiert. 1,4 Millionen Namibia-Dollar scheinen einfach verschwunden zu sein“, bedauert Walther. Doch Aufgeben kommt für sie und ihren Ehemann nicht in Frage. Beide möchten sich weiterhin für eine erschwingliche Fortbewegungsart für Jedermann in Namibia einsetzen.
Ein Einstiegsmodell von SunCycles kostet derzeit rund 15000 Namibia-Dollar.
Doch die Investition lohnt sich. Mit einer Batterie kann der Fahrer bis zu 15000 Kilometer radeln. Wer ein E-Bike fahren möchte, aber schon in Besitz eines anderen Fahrrads sei, kann dieses zudem vor Ort umbauen lassen.
Die Funktionsweise der elektrischen Gefährte ähnelt der eines herkömmlichen Fahrrads, doch der integrierte solarbetriebene Motor und eine Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometer pro Stunde bescheren dem Nutzer ein angenehm leichtes Fahrgefühl. Steile Berge und Sommerhitze sind somit keine Gegner für die Fahrer, die ihr tägliches Sportprogramm durch das konstante Treten in die Pedale dennoch erfüllen. Nach etwa 30 bis 50 Stunden ist die Batterie aufgebracht. Fünf Stunden Ladezeit reichen jedoch aus, um wieder die volle Leistung abzurufen.
Rekordhalter unter den SunCyclists ist Anja Kreiner aus Swakopmund. Die Angestellte beim Ministerium für Fischerei und Meeresressourcen fährt fast täglich mit dem E-Bike zur Arbeit. „Es eignet sich hervorragend, um bei frischer Luft sicher am Strand entlang zu fahren. Außerdem spart es Zeit“, schreibt sie auf der Webseite des Unternehmens.
„Man fühlt sich wie auf einem Roller und tut dabei etwas für die Umwelt. Es macht einfach Spaß“, sagt auch Gerold Dreyer. Als Praktikant bei SunCycles hat er Einblick in die Produktion der E-Bikes und kümmert sich vor allem um den Online-Auftritt der Firma. „Gestern habe ich in Windhoek jemanden Fahrrad fahren gesehen. Ich glaube, das war das erste Mal in einem Jahr“, stellt er fest. Als der Student für seine Praxisphase im Studiengang Soft Engineering noch eine Stelle suchte, sei er zufällig bei Facebook auf das lokale Unternehmen gestoßen. „Ich musste nicht lange überlegen. Ich fand die Idee auf Anhieb gut und wollte Teil des Teams sein“, erinnert sich Dreyer.
Ein wenig anders war es bei seiner Kollegin Omwene Hatwikulipi, die sich zunächst mit dem Gefährt auf zwei Rädern vertraut machen musste. „Ich habe das Fahrradfahren erst im Februar gelernt“, gibt sie zu. Anfangs sei sie oft hingefallen und habe sich über die blauen Flecke geärgert, doch inzwischen wolle sie das Fahrrad nicht mehr weggeben und es künftig für ihren Lieferservice Harvest food bike gebrauchen. Einen ähnlichen „Fahrradkiosk“ gebe es bereits in Berlin unter dem Namen The Fair Food Bike.
Die beiden Praktikanten verbrachten im Frühjahr drei Monate in Deutschland, wo sie als Teil ihrer halbjährigen Ausbildung bei SunCycles in verschiedenen Seminaren und Ausflügen über Unternehmensführung aufgeklärt wurden. Dort haben sie vor allem die vielen kleinen Kinder und die Postboten auf Fahrrädern begeistert. „Ich finde, dass der Jugend in Namibia schon in der Grundschule das Fahrradfahren vermittelt werden sollte“, sagt Hatwikulipi.
Um künftig selber Aufklärungsarbeit leisten zu können, wollen Marita und Bernhard Walther in einem Container ein sogenanntes E-Mobility-Hub einrichten, um die Menschen über die Möglichkeiten der elektrischen Mobilität aufzuklären. Darüber hinaus haben die beiden Geschäftsleute den Ökotourismus für sich als neues Arbeitsfeld entdeckt, denn auch dort sieht das Ehepaar dringenden Handlungsbedarf: „Wir haben Fat-Bikes in unserem Sortiment, die sich dank ihrer besonders dicken Reifen auch für Erlebnistouren im Sand eignen“. Viele Touristen suchen Adrenalinschübe und die spielten sich oft „off-road“ ab. Die Fat-Bikes sind naturschonender für das Ökosystem als Quads, verursachen weniger Lärm und verbrauchen zudem weniger Energie.
Kooperationen mit einigen ausgewählten Lodges gebe es bereits in der Kalahari- Wüste und rund um Sossusvlei. In Outapi, der kleinen Stadt mit 6500 Einwohnern, gibt es im Fahrradladen von Hilya Ekandjo bereits Afrikas erstes „E-Taxi“, mit dem sowohl Menschen als auch Lebensmittel transportiert werden. Ebenfalls in Outapi besuchen Lehrer des DAPP Training Centre ihre Schüler in den Ortschaften auf dem Rad.
In der Otjozondjupa-Region werden Farmbikes von SunCycles mithilfe eines Anhängers darüber hinaus für den Transport von verletzten Personen aus entlegeneren Dörfern benutzt, als sogenannter E-Krankenwagen. Außerdem seien Stadttouren durch Windhoek sowie eine zentrale, solarbetriebene Ladestation am Hilton Hotel mit Wlan und Anschlüssen für bis zu fünf E-Bikes in Planung. „Anfangs waren die Menschen teilweise noch sehr misstrauisch. Inzwischen merken wir, dass bei vielen unseren Nutzern die Mentalität angekommen ist“, freut sich das Ehepaar Walther.
Die ersten zweistündigen Stadttouren auf dem E-Bike starten Anfang August und werden von dem Tourismusunternehmen „Ecosafaris“ organisiert. Buchungen werden von Felix Vallat unter [email protected] entgegengenommen. Mehr Infos ab der 29. Kalenderwoche Infos auch im Internet unter www.ecosafaris.com oder bei www.suncycles-namibia.org.
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Allgemeine Zeitung
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