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Schwere Vorwürfe gegen Ramatex
Schwere Vorwürfe gegen Ramatex

Schwere Vorwürfe gegen Ramatex

Sie reden, weil sie nichts mehr zu verlieren haben. Zehn Arbeiter der malayischen Textilfabrik Ramatex haben sich an die Öffentlichkeit gewandt, um auf die Umstände hinzuweisen, unter denen sie seit August 2003 in Namibia beschäftigt und untergebracht werden. Dies ist ihre Geschichte.

Von Stefan Grüllenbeck

Windhoek - Am 3. August ist 66 Arbeitern aus Bangladesch von der Ramatex-Firmenleitung mitgeteilt worden, sie würden "wegen schlechter Leistungen" mit sofortiger Wirkung entlassen werden. Bereits am Morgen des 4. August standen Busse bereit, die die Arbeiter zum Flughafen bringen sollten, um sie still und heimlich außer Landes zu bringen. Doch die Arbeiter weigerten sich, die Kündigung anzunehmen. Sie beriefen sich darauf, von der Firmenleitung über die bevorstehende Kündigung im Vorfeld nicht mit einem Wort informiert worden zu sein. Auch die Begründung, sie würden das Soll nicht erfüllen, konnte ihrer Meinung nach nicht stimmen. Sie wiesen darauf hin, dass laut der Arbeitsprotokolle viele andere Arbeiter weit schlechtere Leistungen erbringen würden als sie selbst.

Doch das Management von Ramatex ließ sich nicht erweichen. Es wandte sich an das Innenministerium und forderte, die Arbeitsgenehmigungen der 66 Arbeiter mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Den Arbeitern wurde gleichzeitig gedroht, sie notfalls gewaltsam außer Landes schaffen zu lassen. Erst als die Arbeiter in letzter Minute eine Klage beim Obergericht gegen ihre fristlose Entlassung einreichten, ließ die Firmenleitung von ihnen ab. Denn das Gericht nahm die Klage an und sprach den Arbeitern das Recht zu, bis zur Verhandlungseröffnung Mitte September im Land bleiben zu dürfen.

Vor diesem Hintergrund entschlossen sich zehn der Entlassenen, über ihre Zeit bei Ramatex Zeugnis abzulegen. In einer Erklärung, die der AZ in Originalform vorliegt, berichten diese Menschen Unglaubliches. Nach ihrer Aussage musste jeder der 66 Arbeiter 3500 US-Dollar in bar an eine Vermittlungsagentur bezahlen, um im Gegenzug einen Dreijahresvertrag bei Ramatex in Namibia zu erhalten. Eingestuft als "skilled workers" sollten sie 200 US-Dollar Lohn im Monat erhalten, bei freier Kost und Logis sowie Erstattung aller eventuell anfallenden Arzt- oder Krankenhauskosten. "Um die Vermittlungsgebühr bezahlen zu können, haben sie Haus und Hof verkauft, einige haben Bankkredite aufgenommen. Sie alle hofften, innerhalb der drei Jahre die Gebühr abzahlen und darüber hinaus Geld an die Familie in der Heimat schicken zu können. In Windhoek angekommen wurde ihnen jedoch mitgeteilt, dass Ramatex nicht für ihren Unterhalt aufkommen werde. Auch die freie Unterkunft entpuppte sich schnell als Mogelpackung. Bis zu 30 Arbeiter wurden in einem einzigen Raum im berüchtigten "Hotel Ramatex" und im Hotel Farida zusammengepfercht. Auch die medizinische Versorgung gab es nur auf dem Papier, denn für die gesamte Belegschaft bei Ramatex gibt es lediglich vier chinesische Ärzte, von denen keiner Englisch spricht.

An namibische Bestimmungen und Gesetze scheint das "Vorzeigeprojekt" Ramatex zudem nicht gebunden zu sein, denn entgegen dem Arbeitsgesetz wurde den Bangladeschis nach ihrer Aussage ein Jahresurlaub von sieben Tagen zugestanden. Richtig schlimm wurde ihre Situation allerdings erst, nachdem Anfang 2004 weitere 418 Menschen aus Bangladesch eingestellt wurden - für ein Nettogehalt von 75 US-Dollar pro Monat. 1000 Chinesen, 750 Philipinos und jetzt 511 Bangladeschis kämpften nun um die wenigen "privilegierten" Posten, auf denen man Überstunden leisten darf, um den Lohn aufzubessern. Die 66 entlassenen Arbeiter sehen hier das wahre Motiv ihrer Kündigung. Sie sind dem Textilriesen schlicht zu teuer geworden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-25

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