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Schwul in Namibia
Schwul in Namibia

Schwul in Namibia

Marshall Uirab kam gerade in die zehnte Klasse, als seine Mutter ihm sagte, er solle anschaffen gehen, um sein nächstes Schuljahr zu finanzieren. "Ich kann nicht noch eine Frau im Haus gebrauchen", knallte sie ihm als Begründung an den Kopf. Ihr Sohn hatte fünf Minuten zuvor gestanden, dass er schwul ist.

Marshall ist heute 25 Jahre alt und wohnt in Katutura. Und mit seiner Homosexualität hat er keine Probleme mehr. Geholfen hat ihm dabei vor allem "The Rainbow Project" (TRP). Die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Windhoek setzt sich seit zehn Jahren für die Rechte von Homo- und Transsexuellen ein. Damals wetterte Präsident Sam Nujoma gegen Schwule und Lesben, forderte gar ihre Verhaftung. Die Gründung von TRP war eine direkte Reaktion darauf. Seitdem, so TRP-Direktor Ian Swartz, habe sich die Situation für Homosexuelle verbessert. "Heute ist es einfacher als noch vor fünf Jahren, sich offen als schwul zu bekennen", sagt Swartz. In der Vergangenheit hätten viele Leute geglaubt, Homosexualität sei eine von den Europäern eingeschleppte Krankheit und deshalb "unafrikanisch" - etwas, das "echte" Afrikaner nicht betreffe. "Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei", so Swartz.

Auch Marshall empfindet die Stimmung gegenüber Homosexuellen in Namibia als entspannter: "Ich kann in Frauenkleidern durch die Straßen laufen, ohne verprügelt zu werden." Einmal, als er nachts zum Club unterwegs war, beschmissen ihn die Leute mit Eiern, aber darüber kann Marshall lachen. Nichts im Vergleich dazu, was er als Schuljunge durchmachte: "Deine Mitschüler beschimpfen dich, schlagen dich, nehmen dir dein Essen weg und bewerfen dich mit Steinen." Und das alles nur wegen seiner weiblichen Züge, durch die Marshall auch schon vor seinem Coming-Out auffiel.

Obwohl die Stimmung gegenüber Homosexuellen mittlerweile positiver ist, hielten viele Namibier gleichgeschlechtliche Partnerschaften laut Swartz immer noch für illegal. "Auch ein Erbe Nujomas", sagt er. Der damalige Präsident habe so oft Verhaftungen gefordert, dass die Leute bis heute glaubten, dafür gäbe es tatsächlich eine Rechtsgrundlage. Manchmal, so Swartz, komme es deshalb auch heute noch vor, dass Homo- oder Transsexuelle im Gefängnis landeten: "Weil selbst die Polizisten nicht wissen, dass es kein Gesetz dagegen gibt."

Präsident Hifikepunye Pohamba schweigt sich bislang zum Thema Homosexualität auffällig aus. Keine Hasstiraden, wie sie von seinem Vorgänger üblich waren, die Schwule und Lesben in die Ecke drängen. "Wir legen das als stille Unterstützung aus und sind sehr dankbar dafür", sagt Swartz. Er ist überzeugt, dass Pohambas neutrale Haltung TRP viele Türen öffnet.

Etwa bei christlichen Gruppen. "90 Prozent der Homosexuellen, die ich kenne, sind sehr gläubig", sagt Swartz. Aufgewachsen in einem christlichen und zugleich konservativen Elternhaus, werde ihnen ihr Coming-Out besonders schwer gemacht. Homosexualität: unafrikanisch, unchristlich, unakzeptierbar.

TRP betreibt Lobby-Arbeit mit verschiedenen Aktionen wie der "Awareness Week", HIV-Projekten und Demonstrationen. In diesem Jahr wird TRP für seine Arbeit laut Swartz ein Budget von N$ 8 Millionen benötigen. Finanziert wird das Projekt durch die niederländische und finnische Regierung sowie Privatspenden.

Es ist nicht nur ein Kampf für Rechte. Es ist ein Kampf, der ganz unten beginnt. Gesellschaftliche Probleme wie Alkoholmissbrauch, häusliche Gewalt und Arbeitslosigkeit treten laut Swartz unter Homosexuellen verstärkt auf: "Wenn bekannt ist, dass du schwul bist, bekommst du keinen Job. Du fängst an, zu trinken. Deinem Partner geht es genauso, weil er eben auch schwul ist. Bis die Frustration so groß ist, dass du zuschlägst. Du bist ganz unten."

Im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern wie Uganda, wo Homosexualität mit lebenslänglicher Gefängnisstrafe belegt werden kann, sei Namibia laut TRP-Direktor Swartz vergleichsweise fortschrittlich. Doch dies beziehe sich eben vor allem auf die Gesetzesebene. Dass die gesellschaftliche Stimmung gegenüber Homosexuellen besser geworden ist, heiße nicht, dass sie gut ist.
Grootfontein vor etwa zwei Jahren. Eine lesbische Frau wird vergewaltigt. "Correctional rape", korrigierende Vergewaltigung, heißt das im Volksmund. "Danach wirst du nie mehr mit Frauen Sex haben wollen", schreit ihr Peiniger. Er ist HIV-positiv. Die Frau ist vor wenigen Monaten an Aids gestorben. Zwei ihrer Freundinnen in Grootfontein, die ebenfalls lesbisch sind, leben seitdem in Angst. Die Leute sagen: "Euch kriegen wir auch noch."

Andere Lesben berichten davon, von Männern verprügelt zu werden mit den Worten: "Werden mal sehen, wer von uns der stärkere Mann ist!" Es komme auch vor, dass die Opfer anschließend von Polizisten ausgelacht werden, die ihre Kollegen ranholen, um "die Lesbe" oder "den Schwulen" vorzuführen.

Auf die Frage, was sie sich für die Zukunft wünschen, antworten Marshall und sein Freund Silver Eises einstimmig: "Den Respekt der Leute."

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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