"Süd"-Western"-Reiten - gibt's das wirklich?
Zwei Länder, zwei Welten - Namibia und die USA. Doch bei genauerem Hinschauen gibt es überraschende Gemeinsamkeiten, die im Alltäglichen zu finden sind, nicht im Sensationellen wie der Tatsache, dass nun beide Länder einen farbigen Präsidenten haben.
In beiden Ländern gibt es eine lange Reit-
tradition, die zunächst nicht Hobby, Tierliebe oder Leistungssport war, sondern ganz einfach harte Arbeit, harte Farmarbeit. Geritten wurde, um seinen oft schlecht bezahlten Job zu machen. Wer klug war, trainierte sein Pferd und sich so, dass trotz vieler Stunden im Sattel noch Kraft für die eigentliche Arbeit und auch für das Vergnügen am Abend übrig blieb.
Wer sich nun auf den Weg nach Omaruru macht und dort nach der Farm Gross-Okandjou von Heike, Alina und Immo Vogel fragt, der bekam früher meist zur Antwort - ach, "Sie suchen die verrückten Cowboys?". Heute ist das schon etwas anders. Viele Namibier haben schon erfahren, dass da auf Gross-Okandjou eine Reitweise propagiert und praktiziert wird, bei der man sich nur wundern kann, warum gerade die amerikanischen Cowboys sie entwickelt haben und nicht irgendein alter Südwester oder Namibier - völlig unabhängig von der Hautfarbe. Denn wie lange und unter welchen schwierigen Bedingungen sind hier Rinder getrieben worden?
Wenn man den Besitzer von Namibias erster Westernriding Ranch Immo Vogel fragt, was denn nun das Arbeitsreiten hier und dort so sehr unterscheidet, dann muss er zunächst zugestehen, dass es wahrscheinlich vor rund hundert Jahren kaum Unterschiede gegeben hat, das amerikanische Westernreiten sich aber ständig weiterentwickelt und verfeinert hat, was hier in Namibia nicht geschehen ist. Weltweit ins Bewusstsein geraten ist diese Entwicklung wie so oft in unserer kurzatmigen Welt durch Schlagwörter und die damit verbundenen Namen - der Pferdeflüsterer Monty Roberts oder der Natural Horseman Pat Parelli. Dieser Umgang mit den Pferden wurde schnell modisch und plötzlich schwammen Hunderte von selbsternannten Pferdeflüsterern auf dieser Welle. Es war auch Geld zu verdienen. Neben all den unangenehmen kommerziellen Begleiterscheinungen blieb aber eines in der Reiterwelt haften - das Wichtigste im Umgang mit dem Pferd ist das Schaffen von gegenseitigem Vertrauen und der Verzicht auf jede Art von Gewalt. Auf dieser Basis arbeitet die namibische Westernriding Ranch Gross-Okandjou seit Jahren. Wenn man den Besitzer allerdings fragt, ob man ihn als Pferdeflüsterer bezeichnen kann, dann bekommt er ein ganz langes Gesicht. Warum? Weil ihm diese selbsternannten Pferdegurus auf den Nerv gehen, die zwar schnell das Marketing gelernt haben, aber zu schnell den Umgang mit den Pferden. Denn auch das ist Arbeit, seriöses Handwerk, viele und lange Beobachtungen gehören dazu und vor allem auch Geduld. Rückschläge müssen verkraftet und abgearbeitet werden. Jeder namibische Farmer - ob Rinder Schafe oder Bokkies - weiß wie hart dieses Land sein kann. Und Pferde sind noch etwas sensibler.
Wenn man nun nach Gross-Okandjou kommt, ist man zunächst überrascht. Es sieht alles so normal aus. Ein bisschen Jagdfarm, ein bisschen Gästefarm, Rinderfarm. Kein US-Sternenbanner, keine Rodeoatmosphäre, keine laute Countrymusic. Die Arbeiter sehen aus wie überall. Manchmal trägt einer Jeans auch mal so eine Art Cowboyhut. Das war's dann aber schon. Von Show ist hier weder etwas zu sehen noch zu spüren. Bei genauerem Hinsehen allerdings sieht man einen Roundpen - typisch für eine Westernranch - und man sieht die Pferde. Auf den ersten Blick ganz normale namibische Farmpferde. Sind es im Prinzip auch. Aber sie sind eben anders ausgebildet. Das merkt man bereits, wenn man sich ihnen nähert. Sie sind ruhig, geradezu gelassen, freundlich zu jedermann. Spätestens wenn man dann reiten möchte, ahnt man worum es hier geht. Die Pferde reagieren auf die feinsten Hilfen - vorausgesetzt natürlich man versteht sich darauf - im Busch sind sie trittsicher, ausdauernd, haben weiche Gänge und sind wachsam. Das missversteht mancher als Ängstlichkeit, ist aber Ausdruck ihrer natürlichen Lebensweise. Sie leben völlig frei im Herdenverband und wissen daher, dass es im Busch auch unangenehme Überraschungen geben kann. Das Vertrauen zum Menschen, zum Reiter ist aber Gewähr dafür, dass ein Schreck nur von kurzer Dauer ist.
Diese Art reiten zu können, ja zu dürfen, ist für immer mehr Europäer ein Traum. Für viele Gäste, denen man auf Gross-Okandjou begegnet, ist es fast unwirklich, was sie hier erleben. Reiten in seiner ursprünglichsten Form gepaart mit den Erkenntnissen moderner Pferdebebobachtung - man könnte es auch Pferdepsychologie nennen. Aber da erhebt Immo Vogel sofort Einspruch. Ist ihm zu gurumäßig.
Wenn man das alles so sieht, meint man, es gebe kaum mehr etwas zu verbessern. Aber da irren wir gewaltig. Es gibt immer etwas zu verbessern. Auf Gross-Okandjou ist man erst am Anfang des Weges, das namibische Westernpferd zu züchten. Die Farmpferde sind zwar eine ideale Basis, weil sie vor allem an die harten namibischen Verhältnisse gewöhnt sind, aber da gibt es doch noch einiges züchterisch nachzulegen - etwas mehr Beweglichkeit auf der Hinterhand, etwas mehr Muskelsubstanz vorne und hinter z.B. . Da wurden auf Gross-Okandjou schon Zuchtversuche mit Araberhengsten, einem Basothohengst und auch einem Quarterhorse gemacht. Die Ergebnisse fallen naturgemäß sehr unterschiedlich aus. Das Quarterhorse - das bekannteste Westernpferd - wäre grundsätzlich das richtige Zuchtziel. Aber eben die namibische Variante, weil die meisten amerikanischen und europäischen Quarterhorses durch die Kommerzialisierung der Zucht und des Turniersports derart spezialisiert sind, dass sie meist ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr gewachsen sind - nämlich unter harten Bedingungen zu arbeiten, ohne für sich und den Reiter die Lust daran zu verlieren.
Wenn man sich das Team von Namibias erster Westernriding Ranch so anschaut, könnte man meinen, dass das zu schaffen wäre - mit seriöser Arbeit und nicht mit lockeren Pferdeflüsterersprüchen.
Immo Vogel
In beiden Ländern gibt es eine lange Reit-
tradition, die zunächst nicht Hobby, Tierliebe oder Leistungssport war, sondern ganz einfach harte Arbeit, harte Farmarbeit. Geritten wurde, um seinen oft schlecht bezahlten Job zu machen. Wer klug war, trainierte sein Pferd und sich so, dass trotz vieler Stunden im Sattel noch Kraft für die eigentliche Arbeit und auch für das Vergnügen am Abend übrig blieb.
Wer sich nun auf den Weg nach Omaruru macht und dort nach der Farm Gross-Okandjou von Heike, Alina und Immo Vogel fragt, der bekam früher meist zur Antwort - ach, "Sie suchen die verrückten Cowboys?". Heute ist das schon etwas anders. Viele Namibier haben schon erfahren, dass da auf Gross-Okandjou eine Reitweise propagiert und praktiziert wird, bei der man sich nur wundern kann, warum gerade die amerikanischen Cowboys sie entwickelt haben und nicht irgendein alter Südwester oder Namibier - völlig unabhängig von der Hautfarbe. Denn wie lange und unter welchen schwierigen Bedingungen sind hier Rinder getrieben worden?
Wenn man den Besitzer von Namibias erster Westernriding Ranch Immo Vogel fragt, was denn nun das Arbeitsreiten hier und dort so sehr unterscheidet, dann muss er zunächst zugestehen, dass es wahrscheinlich vor rund hundert Jahren kaum Unterschiede gegeben hat, das amerikanische Westernreiten sich aber ständig weiterentwickelt und verfeinert hat, was hier in Namibia nicht geschehen ist. Weltweit ins Bewusstsein geraten ist diese Entwicklung wie so oft in unserer kurzatmigen Welt durch Schlagwörter und die damit verbundenen Namen - der Pferdeflüsterer Monty Roberts oder der Natural Horseman Pat Parelli. Dieser Umgang mit den Pferden wurde schnell modisch und plötzlich schwammen Hunderte von selbsternannten Pferdeflüsterern auf dieser Welle. Es war auch Geld zu verdienen. Neben all den unangenehmen kommerziellen Begleiterscheinungen blieb aber eines in der Reiterwelt haften - das Wichtigste im Umgang mit dem Pferd ist das Schaffen von gegenseitigem Vertrauen und der Verzicht auf jede Art von Gewalt. Auf dieser Basis arbeitet die namibische Westernriding Ranch Gross-Okandjou seit Jahren. Wenn man den Besitzer allerdings fragt, ob man ihn als Pferdeflüsterer bezeichnen kann, dann bekommt er ein ganz langes Gesicht. Warum? Weil ihm diese selbsternannten Pferdegurus auf den Nerv gehen, die zwar schnell das Marketing gelernt haben, aber zu schnell den Umgang mit den Pferden. Denn auch das ist Arbeit, seriöses Handwerk, viele und lange Beobachtungen gehören dazu und vor allem auch Geduld. Rückschläge müssen verkraftet und abgearbeitet werden. Jeder namibische Farmer - ob Rinder Schafe oder Bokkies - weiß wie hart dieses Land sein kann. Und Pferde sind noch etwas sensibler.
Wenn man nun nach Gross-Okandjou kommt, ist man zunächst überrascht. Es sieht alles so normal aus. Ein bisschen Jagdfarm, ein bisschen Gästefarm, Rinderfarm. Kein US-Sternenbanner, keine Rodeoatmosphäre, keine laute Countrymusic. Die Arbeiter sehen aus wie überall. Manchmal trägt einer Jeans auch mal so eine Art Cowboyhut. Das war's dann aber schon. Von Show ist hier weder etwas zu sehen noch zu spüren. Bei genauerem Hinsehen allerdings sieht man einen Roundpen - typisch für eine Westernranch - und man sieht die Pferde. Auf den ersten Blick ganz normale namibische Farmpferde. Sind es im Prinzip auch. Aber sie sind eben anders ausgebildet. Das merkt man bereits, wenn man sich ihnen nähert. Sie sind ruhig, geradezu gelassen, freundlich zu jedermann. Spätestens wenn man dann reiten möchte, ahnt man worum es hier geht. Die Pferde reagieren auf die feinsten Hilfen - vorausgesetzt natürlich man versteht sich darauf - im Busch sind sie trittsicher, ausdauernd, haben weiche Gänge und sind wachsam. Das missversteht mancher als Ängstlichkeit, ist aber Ausdruck ihrer natürlichen Lebensweise. Sie leben völlig frei im Herdenverband und wissen daher, dass es im Busch auch unangenehme Überraschungen geben kann. Das Vertrauen zum Menschen, zum Reiter ist aber Gewähr dafür, dass ein Schreck nur von kurzer Dauer ist.
Diese Art reiten zu können, ja zu dürfen, ist für immer mehr Europäer ein Traum. Für viele Gäste, denen man auf Gross-Okandjou begegnet, ist es fast unwirklich, was sie hier erleben. Reiten in seiner ursprünglichsten Form gepaart mit den Erkenntnissen moderner Pferdebebobachtung - man könnte es auch Pferdepsychologie nennen. Aber da erhebt Immo Vogel sofort Einspruch. Ist ihm zu gurumäßig.
Wenn man das alles so sieht, meint man, es gebe kaum mehr etwas zu verbessern. Aber da irren wir gewaltig. Es gibt immer etwas zu verbessern. Auf Gross-Okandjou ist man erst am Anfang des Weges, das namibische Westernpferd zu züchten. Die Farmpferde sind zwar eine ideale Basis, weil sie vor allem an die harten namibischen Verhältnisse gewöhnt sind, aber da gibt es doch noch einiges züchterisch nachzulegen - etwas mehr Beweglichkeit auf der Hinterhand, etwas mehr Muskelsubstanz vorne und hinter z.B. . Da wurden auf Gross-Okandjou schon Zuchtversuche mit Araberhengsten, einem Basothohengst und auch einem Quarterhorse gemacht. Die Ergebnisse fallen naturgemäß sehr unterschiedlich aus. Das Quarterhorse - das bekannteste Westernpferd - wäre grundsätzlich das richtige Zuchtziel. Aber eben die namibische Variante, weil die meisten amerikanischen und europäischen Quarterhorses durch die Kommerzialisierung der Zucht und des Turniersports derart spezialisiert sind, dass sie meist ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr gewachsen sind - nämlich unter harten Bedingungen zu arbeiten, ohne für sich und den Reiter die Lust daran zu verlieren.
Wenn man sich das Team von Namibias erster Westernriding Ranch so anschaut, könnte man meinen, dass das zu schaffen wäre - mit seriöser Arbeit und nicht mit lockeren Pferdeflüsterersprüchen.
Immo Vogel
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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