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Südafrika: Sicherheitslage trübt sich zunehmend
Südafrika: Sicherheitslage trübt sich zunehmend

Südafrika: Sicherheitslage trübt sich zunehmend

Wolfgang Drechsler
Wer am vergangenen Freitag zum Johannesburger Flughafen fahren wollte, dem mit Abstand größten und wichtigsten in Südafrika, hatte ein gewaltiges Problem. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr blockierten zur Morgendämmerung Dutzende von Taxifahrer die beiden Hauptzufahrtsstraßen, die R 21 und R 24, um damit zum wiederholten Male gegen das Aufkommen der immer beliebteren Uber-Taxis zu protestieren, die wegen ihrer günstigeren Tarife den konventionellen Taxifahrern seit langem ein Dorn im Auge sind.

Anders als bei den letzten Protesten schritt die Polizei diesmal zumindest gegen gewalttätige Fahrer ein und verhaftete rund 30 von ihnen. Die Lage am Flughafen selbst war dennoch lange Zeit chaotisch. An der stark aufgeheizten Lage dürfte die späte Reaktion der Polizei ohnehin nicht viel ändern: Allein dieses Jahr wurden im Großraum Johannesburg bereits fast 400 brutale Übergriffe auf Uber-Taxis gemeldet.

Raub aus dem Flugzeug

Es sind nicht nur Taxifahrer, die Touristen ihre Fahrt zum oder vom Johannesburger Flughafen verleiden. Seit längerem tummeln sich, so scheint es jedenfalls, Südafrikas Gangster dort besonders gerne, ohne von der Polizei groß behelligt zu werden. Bei einem der spektakulärsten Raubüberfälle in diesem Jahr waren am Airport der Wirtschaftsmetropole erst im März einige als Polizisten verkleidete Gangster direkt an ein Flugzeug herangefahren, in das gerade Geldsäcke verladen wurden, und hatten mehr als 20 Millionen Rand (ca. 1,5 Millionen Dollar) erbeutet. Wie es möglich war, dass Kriminelle sich dort anscheinend frei in Hochsicherheitsbereichen bewegen können, ist bislang ungeklärt.

Fast noch spektakulärer und für das Land noch rufschädigender war im September der brutale Raubüberfall auf eine Touristengruppe aus den Niederlanden, die gerade erst im Land angekommen waren. Auch in diesem Fall hatten sich die sechs Täter als Polizisten verkleidet, den Reisebus unterwegs gestoppt, Fahrer und Reiseführer gefesselt und danach in aller Ruhe die 36 Urlauber, darunter auch holländische Polizisten, mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt. Zwei Reisende wurden verletzt.

Die Touristen befanden sich auf dem Weg zu ihrem Hotel im Norden von Johannesburg - und die Täter waren ihnen vom Flughafen aus gefolgt. Geschockt stornierte die Gruppe unverzüglich ihre dreiwöchige Rundreise - und landete bereits tags darauf wieder in Amsterdam. Daran änderte auch der von Südafrikas Polizeiminister Fikile Mbalula angeschlagene martialische Ton nichts. Wie schon so oft vorher hatte Mbalula nach einem Besuch bei den ausgeraubten Touristen versprochen, die Täter mit allen Mitteln zur Strecke zu bringen.

Zuletzt ist es trotz solcher Gelübde immer wieder zu neuen Überfällen auf in Johannesburg gelandete Fluggäste gekommen, darunter auch Geschäftsleute. Die Täter folgen ihren Opfern dabei oft im Auto vom Flughafen bis vor ihr Haus oder Hotel oder rauben sie, wie im Fall des Reisebusses, bereits unterwegs auf dem Highway aus. Für nicht wenige Johannesburger ist es deshalb längst zur Routine geworden, abends bei der Heimkehr erst einmal am eigenen Haus vorbeizufahren, um zu sehen, ob ihnen jemand auflauert oder folgt.

Überfälle gehören zum Alltag

Nach einem zeitweiligen Rückgang sind zuletzt gerade die Kapitalverbrechen in Südafrika wieder stark gestiegen - schwerer Raub zum Beispiel seit 2012 um fast 30 Prozent, Morde um 20 Prozent. Viele Verbrechen sind dabei offenbar generalstabsmäßig organisiert und nicht spontan. Selbst der Polizeiminister gesteht inzwischen ein, dass ein Großteil der Überfälle am Flughafen Insider-Jobs sind und unter Beteiligung der Polizei oder des Sicherheitspersonals erfolgen.

Solange es keine Toten gibt, sind den südafrikanischen Zeitungen Überfälle auf Privathäuser längst keine Nachricht mehr wert. Schlichte Raubüberfälle gehören genauso wie Autoentführungen zum Alltag und finden allenfalls noch dann Beachtung, wenn es mal wieder einen Prominenten erwischt.

Bei der Polizei ist es nicht viel anders. Nicht nur Einheimische, auch Touristen haben es längst aufgegeben, kleinere Delikte publik zu machen oder auch nur zu melden. Wer beraubt wird, ruft die Polizei allenfalls, um ein Aktenzeichen für die Versicherung zu bekommen. Südafrikas Detektive sind mit jeweils zwei oder drei Dutzend Mordfällen derart überlastet, dass sie den Diebstahl von Kreditkarten oder Geld als Bagatelle werten - und Ermittlungen als viel zu zeitaufwändig empfinden.

52 Morde am Tag

Nach der von der Polizei bislang maximal zweimal im Jahr herausgegebenen Kriminalitätsstatistik sind die Mordfälle inzwischen wieder auf über 19000 im Jahr gestiegen: 52 am Tag und mehr als fünfmal so viel wie im internationalen Durchschnitt. Allerdings passiert der ganz überwiegende Teil davon in den Townships der ärmeren schwarzen Bevölkerung. In den allermeisten Fällen kennen die Opfer dabei den Täter - und in fast 80 Prozent aller Fälle ist obendrein Alkohol im Spiel. Touristen mussten bislang schon viel Pech haben, um Opfer von Gewalt zu werden. Am Johannesburger Flughafen scheint das nun jedoch etwas anders zu sein.

Die gerade veröffentlichte Gewaltstatistik verzeichnet zudem 50 versuchte Morde am Tag und 60 Überfälle auf Wohnhäuser. Zudem werden 46 Autos am Kap pro Tag entführt und jede Stunde (!) 16 schwere Überfälle (unter Gewaltanwendung) verübt, das sind fast 400 pro Tag. Gareth Newham, der die Verbrechensabteilung des „Institutes for Security Studies“ in Johannesburg leitet, kommentierte, dass die zur Wochenmitte veröffentlichten Statistiken bereits sieben Monate alt seien. Besonders verstörend sei, dass gerade die verlässlichsten Indikatoren wie Mord und schwerer Raub auf einen weiteren Anstieg der Kriminalität insgesamt hinweisen. „Dies ist eine direkte Folge der vielen politisch motivierten Ernennungen im oberen Polizeimanagement und der völlig unangemessenen politischen Intervention auf quasi allen Ebenen der Polizei“, diagnostiziert der Experte. Und solange dies so sei, bleibe es sehr unwahrscheinlich, dass die Polizei künftig mehr Erfolg bei der Bekämpfung der aus dem Ruder gelaufenen Gewalt habe.

Wolfgang Drechsler, Kapstadt

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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