Südafrikas "Gangster-Paradies" Johannesburg macht sich WM-fein
"In den vergangenen fünf Jahren wurde einiges an Vermögen im Lande gemacht, und die Leute wollen ihr Geld in Immobilien anlegen", sagt Wayne Gosher von der Immobilienfirma Jawitz. Selbst in Soweto steigen die Preise - neue Einkaufszentren und Bürotürme breiten sich in dem einst weltweit Schlagzeilen machenden Schwarzen-Vorort aus.
Die WM im Jahr 2010 bedeutet für Johannesburg die Chance zum Neubeginn - denn die Apartheid-Architektur wirkt auch 13 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung noch nach. Sie wird heute zunehmend abgelöst von einer Architektur der Angst. In der von ihren Bewohnern "Jozi" genannten Stadt stoßen soziale Gegensätze krass aufeinander: Erste und Dritte Welt, Arm und Reich wohnen Tür an Tür. Villenvororte liegen neben Elendsvierteln. Die Ausgaben für Sicherheitsanlagen und -dienste wachsen. Spötter lesen das Autokennzeichen GP mit Blick auf die hohe Kriminalität als "Gangster's Paradise".
Überall entstehen Häuser in Form von Trutzburgen. Es sind kleine Inseln, die trügerischen Schutz versprechen. Gleichzeitig nimmt die Ungeduld der Armen zu, die nach der Wende in Südafrika auf ein besseres Leben gehofft hatten. Und die sich stärker gegen ihr Los auflehnen - sie wollen Strom und Wasser - und zwar jetzt. Der Ministerpräsident der Provinz Gauteng, Mbhazima Shilowa, sagt dazu: "Wir haben erklärt: Wasser bis 2008, Strom bis 2012." Er erläutert, dass seine Stadt-Provinz als kleinste und zugleich leistungsstärkste des Landes das höchste Haushaltseinkommen und die geringste Arbeitslosenquote hat. Doch zugleich weist die Region auch die meisten Armensiedlungen und die am schnellsten wachsende Bevölkerung auf.
Auch wenn sich das gesellschaftliche Leben aus Sicherheitsgründen zunehmend in geschützte Einkaufszentren verlagert: Johannesburg ist die pulsierendste Stadt des Landes. In Jazzkneipen, Galerien, und Szene-Restaurants entstehen Trends, hier werden kulturelle Akzente gesetzt. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert hatte das Gold Menschen aus aller Welt angelockt. Noch heute weisen Ortsnamen wie Bordeaux, Rivonia, Fontainebleau oder Sachsenwald auf ihre Heimatländer hin.
Das Straßenbild wird geprägt von Minibus-Taxen, gesteuert von oft rücksichtslosen Fahrern. Ein funktionierendes Nahverkehrssystem gibt es kaum. Im schicken Viertel Rosebank hämmert daher tagaus, tagein der Kompressor. "Sharp", sagt der Arbeiter hinterm Einkaufszentrum. Mit dem Township-Slang für "Okay" und dem hoch gereckten Daumen gibt er den Blick frei auf eine von Johannesburgs größten Baustellen: Hier entsteht der Eingang für die erste U-Bahn der Metropole.
Zur Fußball-WM soll die Bahn zumindest teilweise fertig sein und auf 15 der 45 Kilometer Strecke unter der Erde rollen. Rund 2,6 Milliarden Euro kostet die Schnellzugverbindung zwischen dem Flughafen und den Vororten Sandton und Rosebank. Die Trasse in die vor kurzem in Tshwane umbenannte Hauptstadt Pretoria soll später fertiggestellt werden und den Verkehrsinfarkt auf Afrikas belebtester Autobahn verhindern helfen. "Täglich stauen sich dort rund 180000 Pendler-Autos", berichtete der nationale Rundfunk.
Die markante Skyline Johannesburgs zieht abertausende Afrikaner an, die auf der Flucht vor dem heimatlichen Elend längst nicht nur in Europa, sondern auch in Südafrika ihr Glück suchen. Spätestens in 20 bis 25 Jahren erwarten die Stadtväter eine Verdopplung der Einwohnerzahl. Nach Auskunft der Verwaltung leben in der Stadt Johannesburg rund 3,5 Millionen Menschen, in dem mitverwalteten Township Soweto sind es schätzungsweise etwa vier Millionen.
Im Schmelztiegel Johannesburg schlagen sich viele Simbabwer, Kongolesen, Angolaner oder Mosambikaner trotz guter Schulausbildung als Parkwächter, Gärtner oder Wachleute durch. In heruntergekommenen Stadtvierteln wie Hillbrow oder Yeoville verdrängten sie vor Jahren die europäische Bohème. Zusammen mit den Habenichtsen vom Land haben sie die Welt zwischen den Bürotürmen verändert - Armut, Elend und Verbrechen gehören auch hier zum Alltag.
Die Stadtregierung versucht, durch Abriss und Umwandlung von Industriebrachen gegenzusteuern. Ein altes Fort, das jahrelang als Gefängnis genutzt wurde, ist eine dieser Entwicklungsinseln. Auf dem verfallenen Gelände steht das neue Verfassungsgericht, das sich bereits als Sehenswürdigkeit etabliert. In drei Jahren, wenn im nahe gelegenen Ellis-Park-Stadion die WM-Fans toben, soll es eine der Attraktionen für die Touristen aus aller Welt sein.
Ralf E. Krüger, dpa
Die WM im Jahr 2010 bedeutet für Johannesburg die Chance zum Neubeginn - denn die Apartheid-Architektur wirkt auch 13 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung noch nach. Sie wird heute zunehmend abgelöst von einer Architektur der Angst. In der von ihren Bewohnern "Jozi" genannten Stadt stoßen soziale Gegensätze krass aufeinander: Erste und Dritte Welt, Arm und Reich wohnen Tür an Tür. Villenvororte liegen neben Elendsvierteln. Die Ausgaben für Sicherheitsanlagen und -dienste wachsen. Spötter lesen das Autokennzeichen GP mit Blick auf die hohe Kriminalität als "Gangster's Paradise".
Überall entstehen Häuser in Form von Trutzburgen. Es sind kleine Inseln, die trügerischen Schutz versprechen. Gleichzeitig nimmt die Ungeduld der Armen zu, die nach der Wende in Südafrika auf ein besseres Leben gehofft hatten. Und die sich stärker gegen ihr Los auflehnen - sie wollen Strom und Wasser - und zwar jetzt. Der Ministerpräsident der Provinz Gauteng, Mbhazima Shilowa, sagt dazu: "Wir haben erklärt: Wasser bis 2008, Strom bis 2012." Er erläutert, dass seine Stadt-Provinz als kleinste und zugleich leistungsstärkste des Landes das höchste Haushaltseinkommen und die geringste Arbeitslosenquote hat. Doch zugleich weist die Region auch die meisten Armensiedlungen und die am schnellsten wachsende Bevölkerung auf.
Auch wenn sich das gesellschaftliche Leben aus Sicherheitsgründen zunehmend in geschützte Einkaufszentren verlagert: Johannesburg ist die pulsierendste Stadt des Landes. In Jazzkneipen, Galerien, und Szene-Restaurants entstehen Trends, hier werden kulturelle Akzente gesetzt. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert hatte das Gold Menschen aus aller Welt angelockt. Noch heute weisen Ortsnamen wie Bordeaux, Rivonia, Fontainebleau oder Sachsenwald auf ihre Heimatländer hin.
Das Straßenbild wird geprägt von Minibus-Taxen, gesteuert von oft rücksichtslosen Fahrern. Ein funktionierendes Nahverkehrssystem gibt es kaum. Im schicken Viertel Rosebank hämmert daher tagaus, tagein der Kompressor. "Sharp", sagt der Arbeiter hinterm Einkaufszentrum. Mit dem Township-Slang für "Okay" und dem hoch gereckten Daumen gibt er den Blick frei auf eine von Johannesburgs größten Baustellen: Hier entsteht der Eingang für die erste U-Bahn der Metropole.
Zur Fußball-WM soll die Bahn zumindest teilweise fertig sein und auf 15 der 45 Kilometer Strecke unter der Erde rollen. Rund 2,6 Milliarden Euro kostet die Schnellzugverbindung zwischen dem Flughafen und den Vororten Sandton und Rosebank. Die Trasse in die vor kurzem in Tshwane umbenannte Hauptstadt Pretoria soll später fertiggestellt werden und den Verkehrsinfarkt auf Afrikas belebtester Autobahn verhindern helfen. "Täglich stauen sich dort rund 180000 Pendler-Autos", berichtete der nationale Rundfunk.
Die markante Skyline Johannesburgs zieht abertausende Afrikaner an, die auf der Flucht vor dem heimatlichen Elend längst nicht nur in Europa, sondern auch in Südafrika ihr Glück suchen. Spätestens in 20 bis 25 Jahren erwarten die Stadtväter eine Verdopplung der Einwohnerzahl. Nach Auskunft der Verwaltung leben in der Stadt Johannesburg rund 3,5 Millionen Menschen, in dem mitverwalteten Township Soweto sind es schätzungsweise etwa vier Millionen.
Im Schmelztiegel Johannesburg schlagen sich viele Simbabwer, Kongolesen, Angolaner oder Mosambikaner trotz guter Schulausbildung als Parkwächter, Gärtner oder Wachleute durch. In heruntergekommenen Stadtvierteln wie Hillbrow oder Yeoville verdrängten sie vor Jahren die europäische Bohème. Zusammen mit den Habenichtsen vom Land haben sie die Welt zwischen den Bürotürmen verändert - Armut, Elend und Verbrechen gehören auch hier zum Alltag.
Die Stadtregierung versucht, durch Abriss und Umwandlung von Industriebrachen gegenzusteuern. Ein altes Fort, das jahrelang als Gefängnis genutzt wurde, ist eine dieser Entwicklungsinseln. Auf dem verfallenen Gelände steht das neue Verfassungsgericht, das sich bereits als Sehenswürdigkeit etabliert. In drei Jahren, wenn im nahe gelegenen Ellis-Park-Stadion die WM-Fans toben, soll es eine der Attraktionen für die Touristen aus aller Welt sein.
Ralf E. Krüger, dpa
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Allgemeine Zeitung
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