Separatisten beantragen Berufung
Von Marc Springer, Windhoek
Staatsanwalt Lourens Campher hatte sich gestern zu Beginn der Revisionsverhandlung sogar drei Monate Vorbereitungszeit erbeten und dies damit begründet, dass er mit den Details des über fast 14 Jahre geführten Verfahrens nicht vertraut sei, das am 8. Dezember vergangenen Jahres mit der Strafmaßverkündung gegen 30 zuvor schuldig gesprochene Separatisten abgeschlossen wurde.
Ferner wies Campher darauf hin, dass die zuvor verantwortlichen Ankläger Herman January und Taswald July nicht mehr für die Revisionsverhandlung zur Verfügung stünden, weil einer von ihnen zum Richter in Oshakati berufen worden und der andere zu einer Bank in die Privatwirtschaft gewechselt sei. Deshalb habe er (Campher) einspringen und den besonders komplexen Fall übernehmen müssen, dessen Prozess-Protokoll rund 42000 Seiten umfasse.
Um sich in die darin enthaltenen Aussagen der 380 vernommenen Zeugen einzulesen und die rund 400 Seiten lange Urteilsbegründung von Richter Elton Hoff zu studieren, werde beachtliche Zeit beanspruchen. Die dadurch verursachte Verzögerung sei zwar bedauerlich, aber nicht Schuld der Staatsanwaltschaft, weil nicht sie, sondern die verurteilten Separatisten in Berufung gegangen seien.
Anwalt Patrick Kauta, der im Namen der zehn beteiligten Verteidiger deren gemeinsame Position darlegte, bezeichnete den Wunsch nach einer dreimonatigen Vorbereitungszeit als „übertrieben“. Schließlich sei es für die Verhandlung der Berufung nicht notwendig, über inhaltliche Fragen zu diskutieren, weil sich die Revision im Kern nur um zwei juristische Aspekte drehe, die unabhängig von der Beweislage gegen die Angeklagten entschieden werden könne.
Zum einen sei dabei zu klären, ob die Verurteilung der Separatisten wegen neunfachen Mordes und versuchten Mordes in 91 Fällen rechtens gewesen und ihnen der dafür notwendige Vorsatz nachgewiesen worden sei. Zum anderen müsse abschließend festgestellt werden, ob Hoff befugt gewesen sei, der Staatsanwaltschaft den Einsatz eines Foto-Albums mit Bildern der Angeklagten zu gestatten, die Staatszeugen vor ihrer Vernehmung gezeigt worden seien und ihnen eventuell die Identifizierung von Beschuldigten erleichtert habe.
Weil es sich dabei um rein juristische Formfragen handele, sei es bei ihrer Klärung nicht notwendig, die Beweislage neu zu interpretieren. Folglich sei für den neuen Staatsanwalt auch nicht erforderlich, sich in inhaltliche Details des vorangegangenen Prozesses einzulesen oder mit der Urteilsbegründung des Richters vertraut zu machen.
Kauta gab dabei auch zu bedenken, dass drei der als schweigende Mitwisser klassifizierten Separatisten zu nur drei Jahren Haft verurteilt worden seien und sich bei guter Führung eventuell bereits im kommenden Jahr für eine Freilassung auf Bewährung qualifizieren würden. Nicht zuletzt deshalb sei eine gewisse Eile geboten, solle die Revision noch vorher entschieden werden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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