Sherlock-Hype im Museum
Er musste mehr als 120 Jahre alt werden, um zum Sexsymbol aufzusteigen. Sherlock Holmes - Romanheld, Superhirn und größter Exportschlager der britischen Literatur - ist bei jungen Frauen so beliebt wie nie, seit der hünenhafte Benedict Cumberbatch ihn in der international erfolgreichen BBC-Fernsehserie „Sherlock“ verkörpert. Ein guter Zeitpunkt, eine riesige Schau für den Detektiv aus der Baker Street auszurichten, dachte sich das Museum of London. Obwohl fast jeder den Namen kennt, ist es nach Angaben des Museums die erste große Sonderausstellung in der Stadt seit 60 Jahren.
In die fiktive Welt des Meisterschnüfflers gelangt der Besucher durch eine Geheimtür in einer wuchtigen Bücherwand. Hinter der Mauer aus antiken Wälzern überfluten Filmszenen mit dem Detektiv auf einem Dutzend Bildschirmen seine Sinne. Dann zieht die Schau ihn in die Vergangenheit - und immer tiefer in das unübersichtliche London, in dem das Superhirn mit messerscharfer Beobachtungsgabe und verblüffender Logik seine Fälle wie Rätsel löst. „London ist neben Holmes und Dr. Watson fast wie eine dritte Figur in den Geschichten“, erzählt die künstlerische Kuratorin Pat Hardy.
Immer ist die Stadt Schauplatz des Verbrechens - obwohl Holmes' literarischer Vater Sir Arthur Conan Doyle London gar nicht besonders gut kannte, sagen die Kuratoren. Wahrscheinlich studierte er Stadtpläne und ein Straßenverzeichnis der Post, um einen Überblick von dieser schmutzigen, lauten und chaotischen Stadt zu bekommen, die sich damals rasant veränderte.
Karten zeigen, wie Holmes und sein Assistent Dr. Watson sich zu Fuß und mit Kutschen durch ein Labyrinth aus tausend Gassen bewegen. „Das neblige Bild von London, das Conan Doyle zeichnet, schafft eine mysteriöse Atmosphäre“, sagt Hardy. „Aber am Ende sieht Sherlock Holmes immer durch den Nebel.“ Mit der forensischen Spürnase schuf Conan Doyle einen neuen Typ Detektiv, den es in den Kriminalgeschichten seiner Zeit noch nicht gegeben hatte. „Er klärte die Verbrechen mit seinem scharfen Intellekt auf, nicht durch Zufall“, erzählt Kurator Alexander Werner.
Wie der Autor die ersten Fälle auf Papier brachte, zeichnet das Museum mit Schriftstücken nach - darunter die ersten Kritzeleien zu den Detektivgeschichten auf vergilbtem Papier. Sherlock heißt da noch Sherrinford Holmes, sein Assistent Ormond Sacker.
Seit diesen Skizzen Ende des 19. Jahrhunderts haben Conan Doyles Geschichten wie „Eine Studie in Scharlachrot“ und über 200 Adaptionen für Theater, Film und Fernsehen den berühmten Sohn Londons unsterblich gemacht. Holmes ist „auch eine Industrie geworden“, sagt Werner. Roger Moore, Robert Downey Jr. und zuletzt Cumberbatch streiften den eleganten Mantel des Ermittlers über und hauchten der angestaubten Ikone neues Leben ein.
Cumberbatchs Mantel aus der BBC-Serie ist auch in der Londoner Schau zu sehen, und könnte dank des umschwärmten Briten zum Besuchermagneten werden. „Der Mantel ist ein neues Symbol für Sherlock Holmes geworden“, meint Werner. Holmes ist eben nicht nur blitzgescheit, er hat auch Stil - ein wahrer britischer Gentleman. Lupe, Pfeife und Jagdmütze hat der moderne Holmes abgelegt. In der Schau hängen sie noch an der Wand, gleich vor einer schweren Tür, auf der in goldenen Lettern die Hausnummer 221B prangt. Die Adresse des Detektivs in der Baker Street gab es damals in Wirklichkeit noch gar nicht. Später gab sich das privat geführte Sherlock-Holmes-Museum die Hausnummer, das nur wenige U-Bahnstationen vom Stadtmuseum entfernt liegt und eine Dauerausstellung beherbergt.
Kunstvoll kombiniert die Schau „Sherlock Holmes - Der Mann, der niemals lebte und niemals sterben wird“ Alt und Neu. Holmes-Zitate sind in stylischer Schrift an die Wände der Ausstellung geklebt, alle Facetten der Figur vom Verwandlungskünstler zum analytischen Genie werden akribisch ausgebreitet. Und schließlich weiß das Museum auch den aktuellen „Sherlock“-Hype zu nutzen: Im Museumsshop können Fans sich nicht nur mit Postern und DVDs eindecken, sondern auch einen typischen Holmes-Mantel erstehen - und ähnlich stilvoll wie Cumberbatch durch die Straßen Londons ziehen.
Von Julia Wäschenbach, dpa (London)
In die fiktive Welt des Meisterschnüfflers gelangt der Besucher durch eine Geheimtür in einer wuchtigen Bücherwand. Hinter der Mauer aus antiken Wälzern überfluten Filmszenen mit dem Detektiv auf einem Dutzend Bildschirmen seine Sinne. Dann zieht die Schau ihn in die Vergangenheit - und immer tiefer in das unübersichtliche London, in dem das Superhirn mit messerscharfer Beobachtungsgabe und verblüffender Logik seine Fälle wie Rätsel löst. „London ist neben Holmes und Dr. Watson fast wie eine dritte Figur in den Geschichten“, erzählt die künstlerische Kuratorin Pat Hardy.
Immer ist die Stadt Schauplatz des Verbrechens - obwohl Holmes' literarischer Vater Sir Arthur Conan Doyle London gar nicht besonders gut kannte, sagen die Kuratoren. Wahrscheinlich studierte er Stadtpläne und ein Straßenverzeichnis der Post, um einen Überblick von dieser schmutzigen, lauten und chaotischen Stadt zu bekommen, die sich damals rasant veränderte.
Karten zeigen, wie Holmes und sein Assistent Dr. Watson sich zu Fuß und mit Kutschen durch ein Labyrinth aus tausend Gassen bewegen. „Das neblige Bild von London, das Conan Doyle zeichnet, schafft eine mysteriöse Atmosphäre“, sagt Hardy. „Aber am Ende sieht Sherlock Holmes immer durch den Nebel.“ Mit der forensischen Spürnase schuf Conan Doyle einen neuen Typ Detektiv, den es in den Kriminalgeschichten seiner Zeit noch nicht gegeben hatte. „Er klärte die Verbrechen mit seinem scharfen Intellekt auf, nicht durch Zufall“, erzählt Kurator Alexander Werner.
Wie der Autor die ersten Fälle auf Papier brachte, zeichnet das Museum mit Schriftstücken nach - darunter die ersten Kritzeleien zu den Detektivgeschichten auf vergilbtem Papier. Sherlock heißt da noch Sherrinford Holmes, sein Assistent Ormond Sacker.
Seit diesen Skizzen Ende des 19. Jahrhunderts haben Conan Doyles Geschichten wie „Eine Studie in Scharlachrot“ und über 200 Adaptionen für Theater, Film und Fernsehen den berühmten Sohn Londons unsterblich gemacht. Holmes ist „auch eine Industrie geworden“, sagt Werner. Roger Moore, Robert Downey Jr. und zuletzt Cumberbatch streiften den eleganten Mantel des Ermittlers über und hauchten der angestaubten Ikone neues Leben ein.
Cumberbatchs Mantel aus der BBC-Serie ist auch in der Londoner Schau zu sehen, und könnte dank des umschwärmten Briten zum Besuchermagneten werden. „Der Mantel ist ein neues Symbol für Sherlock Holmes geworden“, meint Werner. Holmes ist eben nicht nur blitzgescheit, er hat auch Stil - ein wahrer britischer Gentleman. Lupe, Pfeife und Jagdmütze hat der moderne Holmes abgelegt. In der Schau hängen sie noch an der Wand, gleich vor einer schweren Tür, auf der in goldenen Lettern die Hausnummer 221B prangt. Die Adresse des Detektivs in der Baker Street gab es damals in Wirklichkeit noch gar nicht. Später gab sich das privat geführte Sherlock-Holmes-Museum die Hausnummer, das nur wenige U-Bahnstationen vom Stadtmuseum entfernt liegt und eine Dauerausstellung beherbergt.
Kunstvoll kombiniert die Schau „Sherlock Holmes - Der Mann, der niemals lebte und niemals sterben wird“ Alt und Neu. Holmes-Zitate sind in stylischer Schrift an die Wände der Ausstellung geklebt, alle Facetten der Figur vom Verwandlungskünstler zum analytischen Genie werden akribisch ausgebreitet. Und schließlich weiß das Museum auch den aktuellen „Sherlock“-Hype zu nutzen: Im Museumsshop können Fans sich nicht nur mit Postern und DVDs eindecken, sondern auch einen typischen Holmes-Mantel erstehen - und ähnlich stilvoll wie Cumberbatch durch die Straßen Londons ziehen.
Von Julia Wäschenbach, dpa (London)
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