Speedsurfen in Namibia lebt – und wie
Plötzlich rennt der Mann mit den wilden locken und der knall orangenen Fischerjacke los. Er sprintet über die unwirklich anmutende Sandbank in der Lagune vor Walvis Bay und erreicht ein kleines Motorboot an der Wasserkante. Zwei weitere Männer eilen ihm hinterher. Rainer Eimbeck macht das Gefährt los und steuert es zielsicher in Richtung Jess de Pao. Den Kitesurfer hat es erwischt. Mit über 40 Knoten (74 km/h) hat es ihn auf dem Wasser zerlegt, sein Kite ist ins kalte Nass gestürzt und er kann sich und er kann sich sowie sein Material nicht mehr alleine aufrichten. Der junge Mann ist nun auf Fremde Hilfe angewiesen. Die eilt in Person von Eimbeck und Co. herbei.“Das ist eine meine Aufgaben hier”, so Eimbeck als er von seinem erfolgreichen “Rettungseinsatz” zurück ist. Normalerweise ist er selber mit seinem Kite auf dem Wasser, diesmal steckt er jedoch nicht im Neoprenanzug sondern in einer Jacke mit Signalfarbe sowie in der Rolle des Organisators. Der 42-Jährige hat die Speedweek in Walvis Bay auf die Beine gestellt oder besser: ihr neues Leben eingehaucht.
Speedsurfen hat ihn Namibia eine große Tradition. 1988 gab es die erste vergleichbare Veranstaltung in der Bucht von Walvis Bay. Seither wurden 17 solcher Events abgehalten. Dabei waren teilweise 80 Teilnehmer am Start, darutner auch schon die Surf-Legende Björn Dunkerbeck. Es gab Preisgelder, Zuschauer und Sponsoren.Im Jahre 2007 kam die Speed Challenge in Lüderitz hinzu. Weil sich die Windverhältnisse in dem künstlich angelegten Kanal weiter südlich besser für Rekorde eignen, wurde Walvis Bay der berühmte Wind aus den Segeln genommen. Es gab nur noch vereinzelte Speed-Veranstaltungen, beispielsweise in den Jahren 2012 und 2013. Die Top-Zeiten und vor allem die Aufmerksamkeit der Szene und damit auch der Medien verlagerte sich jedoch rund 400 Km Luftlinie in den Süden Namibias.
In diesem Jahr wird in Lüderitz allerdings nicht gesurft. Der französische Veranstalter Sébastien Cattelan bekam für 2016, ausgerechnet für die zehn-jährige Jubiläums-Veranstaltung, keine Verlängerung des nötigen Umweltzertifikats.Eimbeck sah eine Chance gekommen. Wenn auch sehr kurzfristig, mit nur einem Monat Vorlauf organisierte er die Speedweek.
“Rainer macht einen großartien Job”, sagt Peter-Alan Alchin einer der Teilnehmer der Speedweek und hat nur lobende Worte für den Veranstalter übrig. Dieser freut sich über die positive Resonanz. “Die Surfszenen in Namibia ist relative klein, aber mit dieser Teilnehmerzahl habe ich nicht gerechnet. Ich hoffe es gibt uns einen Boost, ich wünsche es mir jedenfalls”, so Eimbeck. In den Tagen vom 5. bis 12. Oktober waren knapp 20 Surfer, die meisten von ihnen Kiter nach Walvis Bay gekommen. Damit war ein Großteil der Surf-Elite des Landes anwesend und deshalb kann Eimbeck auch darüber hinwegsehen, dass keine internationalen Fahrer am Start waren. “Es ist eben erstmal ein lokales Event geworden, aber wir wollen es ausbauen und hoffen, dass im nächsten Jahr auch Surfer aus dem Ausland kommen. “ Auf Grund der Kürze der Vorlauf-Zeit gab es am Ende Absagen von einigen Kandidaten aus Deutschland und der Schweiz. Die lange Reise und Unterkünfte ließen sich so schnell nicht mehr realisieren. Daran will Eimbeck, der die Firma Element Riders betreibt, arbeiten. “Wir wollen das Event wieder etablieren und größer machen”. Dafür braucht es auch Sponsoren und finanzielle Mittel. Laut Eimbeck lag das Budget der Woche in diesem Jahr bei etwa 20.000 Namibia-Dollar. Bis auf eine Facebook-Seite gab es keinerlei Werbe-Massnahmen, statt Preisgeld wurde für die Athleten ein Braai gemacht und auch Publikum fand sich nur ganz vereinzelt an den Renn-Tagen auf der Sandbank ein.Hier hatten die Surfer ihr kleines Fahrerlager in einem alten Blech-Iglo aus besseren Speedsurf-Tagen. “Die Hütte ist zehn Jahre alt, damals fand hier die WM statt”, so Matthias Röttcher der sich an diese Zeiten erinnert. “Dahinten hatten wire in großes Zelt für die Fahrer, für ihr aterial und es gab Abends ein Bier”, fügt er hinzu und zeigt auf ein zerfallenes Holzgerüst. Diesmal liegen die Bretter und Kites einfach auf der Sandbak und es gibt lediglich ein bisschen Wasser sowie einen Energy-Drink der Flügel verleihen soll im Inneren der notdürftigen Unterkunft. Röttcher und seine Mitstreiter stört das nicht. Die Stimmung ist gut. Es wird geflachst, die Kontrahenten feuern sich gegenseitig an und freuen sich, wenn gute Zeiten erzielt warden.
Denn genau darum geht es bei der Speedweek. Im Idealfall werden neue nationale oder sogar Weltrekorde erzielt. Die Surfer legen eine Strecke von 500 Metern zurück. Es gibt einen Messpunkt am Start und am Ende. Von den beiden besten Zeiten des Tages wird der Durchschnitt errechnet. Um in die Gesamtwertung einzugehen, muss ein Fahrer mindestens zwei Wertungstage vorweisen können. Wind und Tempo waren an einigen Tagen herausragend in Walvis Bay, an die Zeiten aus 2015 in Lüderitz – damals stellten Antoine Albeau (Frankreich) und Karin Jaggi (Schweiz) mehrfach neue Weltrekrode auf - gab es jedoch aus rein physikalischen und natürlichen Gründen kein Herankommen. “Der Windwinkel hier ist nicht so gut wie in Lüderitz. Dadurch fehlt der Wind von hinten und somit Geschwindigkeit”, erklärt Röttcher. Der Zwei-Meter-Mann weiß wovon er redet. Mit 50,91 Knoten stieg er vor einem Jahr zum elften Windsurfer der Welt auf, der jemals die 50-kn-Marke durchbrochen hat. Er ist kein Profi, surft aber auf dem Niveau der Pros und ist quasi der einzige große Name der Speedweek.
Wie erwartet holte sich Röttcher vor Walvis Bay den Titel in der Windsurf-Konkurrenz. Mit 39.31 Knoten siegte er vor Frank Stein (37.81). Zudem legte Röttcher mit 41.20 Knoten den schnellsten Run hin. Bei den Kitern ging der Titel an Jess de Pao (39.84 Knoten) vor Ulf Zimmer und Owen Thomas. Der talentierte de Pao legte mit 48.01 Knoten (88,9 km/h) auch die schnellste Zeit der gesamten Woche hin.Eimbeck ist wieder in seine Kommandozentrale gegangen. Das Iglo sieht aus wie ein Ufo, das sich in die Gegend zwischen Pelican Point und dem Hafen der Küstenstadt verirrt hat. Eimbeck sammelt die GPS-Geräte, die die Zeiten der Fahrer aufgezeichnet haben ein. Und er gibt noch einen kleinen Ausblick. Dabei ist er vorsichtig, will vor allem nichts versprechen und keine falsche Hoffnung wecken. Aber er kann sich etwas vorstellen: neben der Speedweek auch irgendwann wieder ein Event in seinem Wohnort Lüderitz auszutragen. Mehr will er dazu noch nicht sagen, sondern sich zunächst nur Walvis Bay konzentrieren und die Erfahrungen aus diesem Jahr für 2017 abspeichern.
“Wir Namibier können das selber organisieren, warum sollten wir es nicht tun”, so Alchin selbstsicher. Der Surfer ist wie alle seine Mitstreiter von den Bedingungen der vergangenen Woche “angetan” und will definitive wiederkommen. Der junge Jess de Pao trotz Sturz sicherlich auch. Eine halbe Stunde nachdem Eimbeck ihn aus dem Wasser geholt hat, sitzt er im Sand und sagt: “Mein Herz springt die ganze Zeit”. Es ist ihm anzusehen, wie das Adrenalin durch seinen Körper pumbt. Wenig spatter ist er allerdings schon wieder auf dem Wasser. Als der offizielle Teil des Wettbewerbs beendet ist, zeigt er Tricks und Sprünge im Freestyle-Modus. Eimbeck sagt, de Pao habe “Talent”.
Der Organisator der Speedweek hat also einen Fahrer der Zukunft gerettet und schickt sich an, ganz genrell das Speedsurfen Nambias für die kommenden Jahre vor dem Nichts zu bewahren.
Ruwen Möller
Speedsurfen hat ihn Namibia eine große Tradition. 1988 gab es die erste vergleichbare Veranstaltung in der Bucht von Walvis Bay. Seither wurden 17 solcher Events abgehalten. Dabei waren teilweise 80 Teilnehmer am Start, darutner auch schon die Surf-Legende Björn Dunkerbeck. Es gab Preisgelder, Zuschauer und Sponsoren.Im Jahre 2007 kam die Speed Challenge in Lüderitz hinzu. Weil sich die Windverhältnisse in dem künstlich angelegten Kanal weiter südlich besser für Rekorde eignen, wurde Walvis Bay der berühmte Wind aus den Segeln genommen. Es gab nur noch vereinzelte Speed-Veranstaltungen, beispielsweise in den Jahren 2012 und 2013. Die Top-Zeiten und vor allem die Aufmerksamkeit der Szene und damit auch der Medien verlagerte sich jedoch rund 400 Km Luftlinie in den Süden Namibias.
In diesem Jahr wird in Lüderitz allerdings nicht gesurft. Der französische Veranstalter Sébastien Cattelan bekam für 2016, ausgerechnet für die zehn-jährige Jubiläums-Veranstaltung, keine Verlängerung des nötigen Umweltzertifikats.Eimbeck sah eine Chance gekommen. Wenn auch sehr kurzfristig, mit nur einem Monat Vorlauf organisierte er die Speedweek.
“Rainer macht einen großartien Job”, sagt Peter-Alan Alchin einer der Teilnehmer der Speedweek und hat nur lobende Worte für den Veranstalter übrig. Dieser freut sich über die positive Resonanz. “Die Surfszenen in Namibia ist relative klein, aber mit dieser Teilnehmerzahl habe ich nicht gerechnet. Ich hoffe es gibt uns einen Boost, ich wünsche es mir jedenfalls”, so Eimbeck. In den Tagen vom 5. bis 12. Oktober waren knapp 20 Surfer, die meisten von ihnen Kiter nach Walvis Bay gekommen. Damit war ein Großteil der Surf-Elite des Landes anwesend und deshalb kann Eimbeck auch darüber hinwegsehen, dass keine internationalen Fahrer am Start waren. “Es ist eben erstmal ein lokales Event geworden, aber wir wollen es ausbauen und hoffen, dass im nächsten Jahr auch Surfer aus dem Ausland kommen. “ Auf Grund der Kürze der Vorlauf-Zeit gab es am Ende Absagen von einigen Kandidaten aus Deutschland und der Schweiz. Die lange Reise und Unterkünfte ließen sich so schnell nicht mehr realisieren. Daran will Eimbeck, der die Firma Element Riders betreibt, arbeiten. “Wir wollen das Event wieder etablieren und größer machen”. Dafür braucht es auch Sponsoren und finanzielle Mittel. Laut Eimbeck lag das Budget der Woche in diesem Jahr bei etwa 20.000 Namibia-Dollar. Bis auf eine Facebook-Seite gab es keinerlei Werbe-Massnahmen, statt Preisgeld wurde für die Athleten ein Braai gemacht und auch Publikum fand sich nur ganz vereinzelt an den Renn-Tagen auf der Sandbank ein.Hier hatten die Surfer ihr kleines Fahrerlager in einem alten Blech-Iglo aus besseren Speedsurf-Tagen. “Die Hütte ist zehn Jahre alt, damals fand hier die WM statt”, so Matthias Röttcher der sich an diese Zeiten erinnert. “Dahinten hatten wire in großes Zelt für die Fahrer, für ihr aterial und es gab Abends ein Bier”, fügt er hinzu und zeigt auf ein zerfallenes Holzgerüst. Diesmal liegen die Bretter und Kites einfach auf der Sandbak und es gibt lediglich ein bisschen Wasser sowie einen Energy-Drink der Flügel verleihen soll im Inneren der notdürftigen Unterkunft. Röttcher und seine Mitstreiter stört das nicht. Die Stimmung ist gut. Es wird geflachst, die Kontrahenten feuern sich gegenseitig an und freuen sich, wenn gute Zeiten erzielt warden.
Denn genau darum geht es bei der Speedweek. Im Idealfall werden neue nationale oder sogar Weltrekorde erzielt. Die Surfer legen eine Strecke von 500 Metern zurück. Es gibt einen Messpunkt am Start und am Ende. Von den beiden besten Zeiten des Tages wird der Durchschnitt errechnet. Um in die Gesamtwertung einzugehen, muss ein Fahrer mindestens zwei Wertungstage vorweisen können. Wind und Tempo waren an einigen Tagen herausragend in Walvis Bay, an die Zeiten aus 2015 in Lüderitz – damals stellten Antoine Albeau (Frankreich) und Karin Jaggi (Schweiz) mehrfach neue Weltrekrode auf - gab es jedoch aus rein physikalischen und natürlichen Gründen kein Herankommen. “Der Windwinkel hier ist nicht so gut wie in Lüderitz. Dadurch fehlt der Wind von hinten und somit Geschwindigkeit”, erklärt Röttcher. Der Zwei-Meter-Mann weiß wovon er redet. Mit 50,91 Knoten stieg er vor einem Jahr zum elften Windsurfer der Welt auf, der jemals die 50-kn-Marke durchbrochen hat. Er ist kein Profi, surft aber auf dem Niveau der Pros und ist quasi der einzige große Name der Speedweek.
Wie erwartet holte sich Röttcher vor Walvis Bay den Titel in der Windsurf-Konkurrenz. Mit 39.31 Knoten siegte er vor Frank Stein (37.81). Zudem legte Röttcher mit 41.20 Knoten den schnellsten Run hin. Bei den Kitern ging der Titel an Jess de Pao (39.84 Knoten) vor Ulf Zimmer und Owen Thomas. Der talentierte de Pao legte mit 48.01 Knoten (88,9 km/h) auch die schnellste Zeit der gesamten Woche hin.Eimbeck ist wieder in seine Kommandozentrale gegangen. Das Iglo sieht aus wie ein Ufo, das sich in die Gegend zwischen Pelican Point und dem Hafen der Küstenstadt verirrt hat. Eimbeck sammelt die GPS-Geräte, die die Zeiten der Fahrer aufgezeichnet haben ein. Und er gibt noch einen kleinen Ausblick. Dabei ist er vorsichtig, will vor allem nichts versprechen und keine falsche Hoffnung wecken. Aber er kann sich etwas vorstellen: neben der Speedweek auch irgendwann wieder ein Event in seinem Wohnort Lüderitz auszutragen. Mehr will er dazu noch nicht sagen, sondern sich zunächst nur Walvis Bay konzentrieren und die Erfahrungen aus diesem Jahr für 2017 abspeichern.
“Wir Namibier können das selber organisieren, warum sollten wir es nicht tun”, so Alchin selbstsicher. Der Surfer ist wie alle seine Mitstreiter von den Bedingungen der vergangenen Woche “angetan” und will definitive wiederkommen. Der junge Jess de Pao trotz Sturz sicherlich auch. Eine halbe Stunde nachdem Eimbeck ihn aus dem Wasser geholt hat, sitzt er im Sand und sagt: “Mein Herz springt die ganze Zeit”. Es ist ihm anzusehen, wie das Adrenalin durch seinen Körper pumbt. Wenig spatter ist er allerdings schon wieder auf dem Wasser. Als der offizielle Teil des Wettbewerbs beendet ist, zeigt er Tricks und Sprünge im Freestyle-Modus. Eimbeck sagt, de Pao habe “Talent”.
Der Organisator der Speedweek hat also einen Fahrer der Zukunft gerettet und schickt sich an, ganz genrell das Speedsurfen Nambias für die kommenden Jahre vor dem Nichts zu bewahren.
Ruwen Möller
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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