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Staatsmänner am Stammtisch

Die Theke eignet sich als Rednerpult für all jene, die ein Ventil für angestaute Frustrationen suchen und ein Feindbild brauchen, das sich für das meist undefinierbare Gefühl des Unglücklichseins verantwortlich machen lässt. So ist es kaum verwunderlich, dass besonders am Tresen die Swapo-Regierung zur Diktatur und Namibia zum undemokratischen Einparteienstaat wird. Hier kann man die vermeintliche Inkompetenz hiesiger Entscheidungsträger entlarven und den angeblichen Verfall dokumentieren, der seit der Unabhängigkeit eingesetzt haben soll.

Dieser Vorgang wirkt wie eine Katharsis und spendet Trost, weil sich die Beteiligten in der Geborgenheit von Gleichgesinnten verstanden fühlen und ihren Unmut mit Menschen teilen können, die ihnen in jeder Hinsicht Recht geben. Der Mikrokosmos der Kneipe wird damit zum Sprechzimmer der kollektiven Trauerbewältigung. Hier kann man nostalgisch verklärt die guten alten Zeiten in Erinnerung rufen, als noch "alles besser" war.


Und es ist diese rückwärtsgewandte Betrachtung, die den Blick auf all das Positive verstellt, für das vor allem die weißen Einwohner Namibias dankbar sein sollten. Es ist angesichts unserer Geschichte eben nicht selbstverständlich, dass diese Bevölkerungsgruppe hier derart unbeschwert lebt und nach wie vor von den Privilegien profitiert, die sie zu Zeiten der südafrikanischen Fremdherrschaft genossen hat.


Anstatt wenigstens etwas Anerkennung für die unglaubliche Kraftanstrengung aufzubringen, mit der die Politik der nationalen Versöhnung für die historisch unterdrückte Mehrheit unserer Mitmenschen verbunden ist, beklagen wir uns über Bagatellen wie eine Straßenumbenennung. Als ob es selbstverständlich ist, dass nach Jahrzehnten kolonialer Bevormundung und Rassentrennung in Windhoek ein Reiterdenkmal steht und es deutsche Privatschulen in Namibia gibt. Als ob es in Afrika vorausgesetzt werden kann, dass die Besitzrechte weißer Farmer respektiert und demokratische Prinzipien wie die Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit garantiert sind.


Ich kann diesen Pessimismus und Defätismus unter vielen der weißen Landsleute, die unmittelbar vor der Unabhängigkeit ihre Enteignung und Vertreibung befürchtet haben, nicht verstehen. Die jetzt (zum Teil auf Grund der Beeinflussung selbsternannter Politikwissenschaftler aus dem Ausland, die noch nie eine Parlamentsberatung hierzulande miterlebt haben) glauben, in einer Diktatur zu leben. Die sich über korrigierende Maßnahmen brüskieren, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, unter welchem Druck unsere Regierung von den Anhängern steht, die sich (meist zu Recht) darüber beklagen, dass sich an ihrem Schicksal seit der Unabhängigkeit nichts geändert hat.


Und wie belohnen wir das Entgegenkommen der Regierung, was tragen wir zur Völkerverständigung bei? Wir klagen und wir kritisieren. Nicht etwa öffentlich und konstruktiv. Sondern am Stammtisch. Dort wo uns außer den Freunden niemand hören kann. Dort wo wir uns nicht exponieren müssen. Wo uns morgen niemand daran erinnert was wir gesagt haben. Wo wir Staatsmänner spielen können ohne welche zu sein.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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