Status und Zukunft des Reiterdenkmals - eine Denkschrift (Teil 3)
10. Denkmalpflege & Stadtplanung
Im Kontext der Stadt Windhoek spielt das Reiterdenkmal aus denkmalpflegerischen, stadtplanerischen und urbanen Standpunkten her eine wichtige Rolle. Die legitimen Fragen der Denkmalpflege beziehen sich auf den historischen, ästhetischen und künstlerischen Wert des Denkmals als solches, auf seine Rolle, die es im teilweise denkmalgeschützten historischen Ensemble Alte Feste/Christuskirche/Tintenpalast/Parlament/Staatsmuseum (Alte Realschule) spielt. Dieses gesamte Ensemble würde unter einer Verschiebung des Reiterdenkmals leiden, die Stadt Windhoek und ihr historisches Kulturerbe würden dadurch an Wert verlieren. Derzeitig büßt sie gerade an Wert durch die Errichtung überdimensionierter Reklameschilder ein, die historische Gebäude wie z.B. die Alte Feste oder das Gebäude der Arts Association verdecken.
Ein brutaler, unüberlegter Eingriff in das geschichtlich gewachsene historische Ensemble in der Form eines grotesken "Museums" (und ein solches wird es zweifelsohne sein) ist äußerst fraglich. Wenngleich die Verschiebung des Reiterdenkmals eine beschlossene Sache zu sein scheint, ist die Öffentlichkeit noch nicht einmal vom Aussehen des Entwurfs des geheimnisvollen "Museums" informiert worden. Es legt den Verdacht nahe, dass wie beim Heldenacker und dem neuen Staatshaus der Öffentlichkeit erneut eine Monstrosität vorgesetzt wird und sie sich danach vor vollendete Tatsachen gestellt sehend damit wird abfinden müssen. Sehr demokratisch!
Die Historizität des Denkmals spielt dabei vom denkmalpflegerischen Standpunkt her auch eine wichtige Rolle. In Rom stehen Denkmäler seit 2000 Jahren an der gleichen Stelle, und es würde niemanden einfallen, sie zu verschieben. Im Gegenteil, diese Art Denkmäler stehen seit Jahrhunderten unter Denkmalschutz und sind berühmte historische Attraktionen, Kultur- und Kunstdenkmäler. Es gibt keinen zwingenden Grund, in Namibia mit historischen Denkmälern anders umzugehen. Der Standort des Denkmals ist Teil des Denkmals. Eine Verschiebung würde die Denkmaleigenschaft gefährden.
Leider gibt es im namibischen Denkmalsrecht keine Möglichkeit, eine Denkmalslandschaft/ein Ensemble/eine "Kulturmeile"/Heritage Area unter Denkmalschutz zu stellen. Das sollte jedoch nicht davon abhalten, eine tatsächliche Denkmalslandschaft, wie sie die gesamte Robert Mugabe Avenue darstellt, mit besonderer Berücksichtigung ihres Denkmalswertes zu betrachten und entsprechend behutsam damit umzugehen. Ansonsten läuft die gesamte historische Denkmallandschaft in diesem Stadtbereich Gefahr, bleibenden Schaden zu erleiden. In der Hauptstraße in Windhoek sind nur noch vier Gebäude aus der Kolonialzeit erhalten. Die einzige Straße, die den Status einer historischen Kulturmeile in Windhoek hätte, wäre die Robert Mugabe Avenue (frühere Leutweinstraße), in der das Reiterdenkmal steht. Das sollte berücksichtigt werden, bevor eine Verschiebung des Denkmals vorgenommen wird.
Die Verschiebung des Reiterdenkmals ist auch aus praktischen Gründen bedenklich. Die Größe des Denkmals ist enorm, und zu glauben, man bräuchte lediglich ein Brecheisen bzw. einen Kran zu holen und es abzuheben und woanders wieder aufzustellen, ist naiv. Die Verschiebung des Denkmals (in der Fachsprache Translozierung) wird mit bedeutenden Zerstörungen im Granit-Sockelbereich und mit aller Wahrscheinlichkeit an der Skulptur selber einhergehen. Es ist zu bezweifeln, dass das Personal des Denkmalrates oder die Nordkoreaner, die diese Aktion vornehmen werden und keinen kulturellen oder professionellen Bezug dazu haben, das nötige Know-how zu einer derartigen delikaten Operation mitbringen. Die Verschiebung des Denkmals ist schon aus Gründen der praktischen Schwierigkeit und möglichen Gefährdung des Denkmals her abzulehnen. Es ist derzeitig - nach fast hundertjährigem Erhalt - noch in einwandfreiem Zustand und wird es nach der Verschiebung nicht mehr sein.
Dass die Regierung diese möglichen Zerstörungen billigend in Kauf nimmt, ist bedenklich, da sie sich im Rahmen ihrer konstitutionell garantierten Rechte und des Denkmalschutzgesetzes dem Schutz und Erhalt des Kulturguts seiner Bürger verschrieben hat. Eine der Grundsatzüberlegungen der Denkmalpflege ist der Erhalt der Substanz, die beim Reiterdenkmal ansonsten in keiner Weise gefährdet ist (es sei denn es wird verschoben). Es macht gerade den besonderen historischen Reiz dieses Denkmals aus, dass es in seiner Substanz hundertprozentig erhalten geblieben ist und dass heutige Zeitgenossen vor einem Denkmal stehen, das in eine lange vergangene, nur noch historisch nachzuempfindende Epoche der namibischen Geschichte gehört. Eine weitere Forderung der Denkmalpflege ist die fortgesetzte Nutzung eines Denkmals, was beim Reiterdenkmal durch seine fortwährende Nutzung als Kultstätte (sakral), Reiseziel (touristisch) oder öffentliches Parkgelände (Erholung) nicht in Zweifel gezogen wird. Auch aus diesen gewichtigen - praktischen und denkmalpflegerischen - Erwägungen ist die Verschiebung des Reiterdenkmals strikt abzulehnen.
11. Internationale Organisationen
Ausländische Expertenmeinungen: Es ist wünschenswert, dass internationale Denkmalschutzorganisationen wie ICOMOS (International Committee for Monuments and Sites), die UNESCO usw. ein Interesse daran hätten, in dieser Frage unterrichtet und um eine professionelle Stellungnahme gebeten werden. Diese Organisationen befassen sich im internationalen Kontext mit Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, und eine Verschiebung des Reiterdenkmals wäre ohne eine Stellungnahme oder Begutachtung seitens dieser Organisationen bedenklich.
Diese Organisationen verfügen über weltweit anerkannte Expertise und Erfahrung in diesen Bereichen, die überall notwendig ist, wo Kulturgut durch unsachgemäße Behandlung in Gefahr gerät oder ein Spielball politischer Interessen wird (wie z.B. unlängst im Nahen Osten, wo zwei historische Buddha-Statuen, die auf der Liste des Weltkulturerbes stehen, zerstört wurden). Durch seinen Status als anerkanntes und proklamiertes Nationales Denkmal, bedeutungsvoll aufgrund seines historischen Kontexts, seiner künstlerischen Qualität und seiner fast hundertjährigen Bestehens, ist das Reiterdenkmal längst über die Bedeutung eines unbekannten, obsolet gewordenen Kolonialdenkmals hinausgewachsen. Dieses würde einem ausländischen Beobachter oder Experten sofort deutlich werden, wenn ihm Kontext und Bedeutung dieses Denkmals vermittelt werden sollten.
Es ist erstaunlich, dass, obwohl Namibia über ein reiches Kulturerbe verfügt, wenig zu dessen Erforschung - wenn von einigen wenigen ernsthaften Bemühungen abgesehen wird - unternommen wurde. Die Inventarisierung der Kunst- und Kulturdenkmäler Namibias steckt noch in den Kinderschuhen, und es wird wenig von amtlicher Seite unternommen, diesem entgegenzuwirken. Einer der daraus resultierenden schmerzlichen Nachteile ist, dass das namibische Kulturgut, welcher Kulturgruppe auch immer zugehörig, dabei Gefahr läuft, irreparablen Schaden zu nehmen, da sein Kulturwert nicht oder erst zu spät erkannt wird.
Dabei gehen Werte verloren, bevor sich die Nation klar wurde, was einmal zu ihrer Verfügung stand, wenn es dazu bereits zu spät ist. Der Denkmalrat arbeitete von 1993 bis 2004 - das sind elf Jahre (!) - an einem neuen Denkmalschutzgesetz, und man fragt sich, was aufgrund dieses bedauerlichen Zustands namibischen Kulturguts bereits verlorengegangen ist. Ein gutes Beispiel sind die Meteoriten aus der Gegend um Gibeon, die seit der Unabhängigkeit fast vollständig und illegal exportiert wurden und für Namibia für immer verloren sind. Gestohlene Meteoriten am Meteorite Fountain in der Post Street Mall wurden nicht ersetzt. Von Otjimbingwe wird berichtet, dass der alte Windmotor den Schneidbrennern der Altmetallsammler zum Opfer gefallen ist. In Outjo und Aus wurden bronzene Erinnerungstafeln entwendet, in Namutoni verschwand die historische marmorne Erinnerungstafel. Das Bahnhofgebäude in Usakos ist weiterhin eine Ruine, der Fall Karibib-Bäckerei (Altes Hotel zum Grünen Kranze) scheint vergessen zu sein. Das alte Schulgebäude in Klein-Windhoek, das dem Denkmalrat gehört, steht ungenutzt, nicht vermietet und vergammelt. Es scheint, dass der Denkmalrat mit der Vermietung eines Gebäudes von der Größe eines winzigen Einfamilienhauses verwaltungstechnisch überfordert ist.
Schlussfolgerung
Aus diesen gesamten Überlegungen heraus lässt sich der folgende Schluss ziehen: Wenn die Regierung einseitig beschließt, das Reiterdenkmal zu verschieben - wobei die Frage absichtlich (?) offen gelassen wird, wie, wohin genau, worin der zwingende Grund dafür besteht usw. - ohne auf den Willen der betroffenen Kulturgruppen, den legitimen Fragen und Bedenken der Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Tourismusleuten, Bürger und Stadtplaner usw. einzugehen, begibt sie sich in Gefahr, die konstitutionellen Rechte seiner Einwohner zu missachten und das namibische Kulturgut mit allen einhergehenden Problemen zu gefährden. Aus diesem Grunde und den oben genannten Gründen ist der Regierung dringend abzuraten, das Reiterdenkmal zu verschieben. Das Reiterdenkmal soll so wie es ist an seinem angestammten Platz bleiben, es soll weiterhin erhalten und gepflegt werden und es soll unverändert, ohne Zusatz und ohne Gefahr für seine Substanz, für die heutigen und den kommenden Generationen als lebendiges namibisches Kulturgut erhalten bleiben.
Mit diesem Beitrag endet die dreiteilige Denkschrift zur Verschiebung des Reiterdenkmals. Teil 1 und 2 sind am 18. und 19. Juni in der AZ erschienen.
Der Autor
Andreas Vogt, geboren am 26. Juli 1962 in Windhoek/Namibia, unverheiratet, besuchte Grund- und Hochschulen in Windhoek/Namibia. Wehrdienst 1981/82, studierte danach von 1983-1988 Geisteswissenschaften (Recht, Sprachen, Politikwissenschaften und Philosophie) an der Universität Stellenbosch/Südafrika, mit B.A.- und Hons.-B.A.-Abschlüssen. 1989-2001 beim Nationalen Denkmalrat von Namibia tätig. 1993/94 folgte ein Aufbaustudium im Fach Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg/Deutschland als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Er erwarb 1995 den Grad Magister Artium (M.A.) im Fach Kulturgeschichte, ebenfalls an der Universität Stellenbosch/Südafrika. 1997-2000 Promotion (Dr.phil) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg/Deutschland, erneut als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).
Der Verfasser war während seiner Tätigkeit beim Nationalen Denkmalrat von Namibia in Namibia an zahlreichen Denkmalpflegeprojekten beteiligt. Er hat bereits mehrere Bücher sowie zahlreiche Artikel in wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Zeitschriften über die Kulturgeschichte Namibias und Afrikas sowie über Themen der Denkmalpflege, nationale Denkmäler und tourismusrelevante Aspekte in Namibia verfasst. Er arbeitet derzeit als freischaffender Journalist und Schriftsteller - Anschrift: P.O. Box 24241, Windhoek, Tel./Fax: +264-61-224435, Mobil: +264-81-2390259, E-Mail: [email protected]
Im Kontext der Stadt Windhoek spielt das Reiterdenkmal aus denkmalpflegerischen, stadtplanerischen und urbanen Standpunkten her eine wichtige Rolle. Die legitimen Fragen der Denkmalpflege beziehen sich auf den historischen, ästhetischen und künstlerischen Wert des Denkmals als solches, auf seine Rolle, die es im teilweise denkmalgeschützten historischen Ensemble Alte Feste/Christuskirche/Tintenpalast/Parlament/Staatsmuseum (Alte Realschule) spielt. Dieses gesamte Ensemble würde unter einer Verschiebung des Reiterdenkmals leiden, die Stadt Windhoek und ihr historisches Kulturerbe würden dadurch an Wert verlieren. Derzeitig büßt sie gerade an Wert durch die Errichtung überdimensionierter Reklameschilder ein, die historische Gebäude wie z.B. die Alte Feste oder das Gebäude der Arts Association verdecken.
Ein brutaler, unüberlegter Eingriff in das geschichtlich gewachsene historische Ensemble in der Form eines grotesken "Museums" (und ein solches wird es zweifelsohne sein) ist äußerst fraglich. Wenngleich die Verschiebung des Reiterdenkmals eine beschlossene Sache zu sein scheint, ist die Öffentlichkeit noch nicht einmal vom Aussehen des Entwurfs des geheimnisvollen "Museums" informiert worden. Es legt den Verdacht nahe, dass wie beim Heldenacker und dem neuen Staatshaus der Öffentlichkeit erneut eine Monstrosität vorgesetzt wird und sie sich danach vor vollendete Tatsachen gestellt sehend damit wird abfinden müssen. Sehr demokratisch!
Die Historizität des Denkmals spielt dabei vom denkmalpflegerischen Standpunkt her auch eine wichtige Rolle. In Rom stehen Denkmäler seit 2000 Jahren an der gleichen Stelle, und es würde niemanden einfallen, sie zu verschieben. Im Gegenteil, diese Art Denkmäler stehen seit Jahrhunderten unter Denkmalschutz und sind berühmte historische Attraktionen, Kultur- und Kunstdenkmäler. Es gibt keinen zwingenden Grund, in Namibia mit historischen Denkmälern anders umzugehen. Der Standort des Denkmals ist Teil des Denkmals. Eine Verschiebung würde die Denkmaleigenschaft gefährden.
Leider gibt es im namibischen Denkmalsrecht keine Möglichkeit, eine Denkmalslandschaft/ein Ensemble/eine "Kulturmeile"/Heritage Area unter Denkmalschutz zu stellen. Das sollte jedoch nicht davon abhalten, eine tatsächliche Denkmalslandschaft, wie sie die gesamte Robert Mugabe Avenue darstellt, mit besonderer Berücksichtigung ihres Denkmalswertes zu betrachten und entsprechend behutsam damit umzugehen. Ansonsten läuft die gesamte historische Denkmallandschaft in diesem Stadtbereich Gefahr, bleibenden Schaden zu erleiden. In der Hauptstraße in Windhoek sind nur noch vier Gebäude aus der Kolonialzeit erhalten. Die einzige Straße, die den Status einer historischen Kulturmeile in Windhoek hätte, wäre die Robert Mugabe Avenue (frühere Leutweinstraße), in der das Reiterdenkmal steht. Das sollte berücksichtigt werden, bevor eine Verschiebung des Denkmals vorgenommen wird.
Die Verschiebung des Reiterdenkmals ist auch aus praktischen Gründen bedenklich. Die Größe des Denkmals ist enorm, und zu glauben, man bräuchte lediglich ein Brecheisen bzw. einen Kran zu holen und es abzuheben und woanders wieder aufzustellen, ist naiv. Die Verschiebung des Denkmals (in der Fachsprache Translozierung) wird mit bedeutenden Zerstörungen im Granit-Sockelbereich und mit aller Wahrscheinlichkeit an der Skulptur selber einhergehen. Es ist zu bezweifeln, dass das Personal des Denkmalrates oder die Nordkoreaner, die diese Aktion vornehmen werden und keinen kulturellen oder professionellen Bezug dazu haben, das nötige Know-how zu einer derartigen delikaten Operation mitbringen. Die Verschiebung des Denkmals ist schon aus Gründen der praktischen Schwierigkeit und möglichen Gefährdung des Denkmals her abzulehnen. Es ist derzeitig - nach fast hundertjährigem Erhalt - noch in einwandfreiem Zustand und wird es nach der Verschiebung nicht mehr sein.
Dass die Regierung diese möglichen Zerstörungen billigend in Kauf nimmt, ist bedenklich, da sie sich im Rahmen ihrer konstitutionell garantierten Rechte und des Denkmalschutzgesetzes dem Schutz und Erhalt des Kulturguts seiner Bürger verschrieben hat. Eine der Grundsatzüberlegungen der Denkmalpflege ist der Erhalt der Substanz, die beim Reiterdenkmal ansonsten in keiner Weise gefährdet ist (es sei denn es wird verschoben). Es macht gerade den besonderen historischen Reiz dieses Denkmals aus, dass es in seiner Substanz hundertprozentig erhalten geblieben ist und dass heutige Zeitgenossen vor einem Denkmal stehen, das in eine lange vergangene, nur noch historisch nachzuempfindende Epoche der namibischen Geschichte gehört. Eine weitere Forderung der Denkmalpflege ist die fortgesetzte Nutzung eines Denkmals, was beim Reiterdenkmal durch seine fortwährende Nutzung als Kultstätte (sakral), Reiseziel (touristisch) oder öffentliches Parkgelände (Erholung) nicht in Zweifel gezogen wird. Auch aus diesen gewichtigen - praktischen und denkmalpflegerischen - Erwägungen ist die Verschiebung des Reiterdenkmals strikt abzulehnen.
11. Internationale Organisationen
Ausländische Expertenmeinungen: Es ist wünschenswert, dass internationale Denkmalschutzorganisationen wie ICOMOS (International Committee for Monuments and Sites), die UNESCO usw. ein Interesse daran hätten, in dieser Frage unterrichtet und um eine professionelle Stellungnahme gebeten werden. Diese Organisationen befassen sich im internationalen Kontext mit Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, und eine Verschiebung des Reiterdenkmals wäre ohne eine Stellungnahme oder Begutachtung seitens dieser Organisationen bedenklich.
Diese Organisationen verfügen über weltweit anerkannte Expertise und Erfahrung in diesen Bereichen, die überall notwendig ist, wo Kulturgut durch unsachgemäße Behandlung in Gefahr gerät oder ein Spielball politischer Interessen wird (wie z.B. unlängst im Nahen Osten, wo zwei historische Buddha-Statuen, die auf der Liste des Weltkulturerbes stehen, zerstört wurden). Durch seinen Status als anerkanntes und proklamiertes Nationales Denkmal, bedeutungsvoll aufgrund seines historischen Kontexts, seiner künstlerischen Qualität und seiner fast hundertjährigen Bestehens, ist das Reiterdenkmal längst über die Bedeutung eines unbekannten, obsolet gewordenen Kolonialdenkmals hinausgewachsen. Dieses würde einem ausländischen Beobachter oder Experten sofort deutlich werden, wenn ihm Kontext und Bedeutung dieses Denkmals vermittelt werden sollten.
Es ist erstaunlich, dass, obwohl Namibia über ein reiches Kulturerbe verfügt, wenig zu dessen Erforschung - wenn von einigen wenigen ernsthaften Bemühungen abgesehen wird - unternommen wurde. Die Inventarisierung der Kunst- und Kulturdenkmäler Namibias steckt noch in den Kinderschuhen, und es wird wenig von amtlicher Seite unternommen, diesem entgegenzuwirken. Einer der daraus resultierenden schmerzlichen Nachteile ist, dass das namibische Kulturgut, welcher Kulturgruppe auch immer zugehörig, dabei Gefahr läuft, irreparablen Schaden zu nehmen, da sein Kulturwert nicht oder erst zu spät erkannt wird.
Dabei gehen Werte verloren, bevor sich die Nation klar wurde, was einmal zu ihrer Verfügung stand, wenn es dazu bereits zu spät ist. Der Denkmalrat arbeitete von 1993 bis 2004 - das sind elf Jahre (!) - an einem neuen Denkmalschutzgesetz, und man fragt sich, was aufgrund dieses bedauerlichen Zustands namibischen Kulturguts bereits verlorengegangen ist. Ein gutes Beispiel sind die Meteoriten aus der Gegend um Gibeon, die seit der Unabhängigkeit fast vollständig und illegal exportiert wurden und für Namibia für immer verloren sind. Gestohlene Meteoriten am Meteorite Fountain in der Post Street Mall wurden nicht ersetzt. Von Otjimbingwe wird berichtet, dass der alte Windmotor den Schneidbrennern der Altmetallsammler zum Opfer gefallen ist. In Outjo und Aus wurden bronzene Erinnerungstafeln entwendet, in Namutoni verschwand die historische marmorne Erinnerungstafel. Das Bahnhofgebäude in Usakos ist weiterhin eine Ruine, der Fall Karibib-Bäckerei (Altes Hotel zum Grünen Kranze) scheint vergessen zu sein. Das alte Schulgebäude in Klein-Windhoek, das dem Denkmalrat gehört, steht ungenutzt, nicht vermietet und vergammelt. Es scheint, dass der Denkmalrat mit der Vermietung eines Gebäudes von der Größe eines winzigen Einfamilienhauses verwaltungstechnisch überfordert ist.
Schlussfolgerung
Aus diesen gesamten Überlegungen heraus lässt sich der folgende Schluss ziehen: Wenn die Regierung einseitig beschließt, das Reiterdenkmal zu verschieben - wobei die Frage absichtlich (?) offen gelassen wird, wie, wohin genau, worin der zwingende Grund dafür besteht usw. - ohne auf den Willen der betroffenen Kulturgruppen, den legitimen Fragen und Bedenken der Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Tourismusleuten, Bürger und Stadtplaner usw. einzugehen, begibt sie sich in Gefahr, die konstitutionellen Rechte seiner Einwohner zu missachten und das namibische Kulturgut mit allen einhergehenden Problemen zu gefährden. Aus diesem Grunde und den oben genannten Gründen ist der Regierung dringend abzuraten, das Reiterdenkmal zu verschieben. Das Reiterdenkmal soll so wie es ist an seinem angestammten Platz bleiben, es soll weiterhin erhalten und gepflegt werden und es soll unverändert, ohne Zusatz und ohne Gefahr für seine Substanz, für die heutigen und den kommenden Generationen als lebendiges namibisches Kulturgut erhalten bleiben.
Mit diesem Beitrag endet die dreiteilige Denkschrift zur Verschiebung des Reiterdenkmals. Teil 1 und 2 sind am 18. und 19. Juni in der AZ erschienen.
Der Autor
Andreas Vogt, geboren am 26. Juli 1962 in Windhoek/Namibia, unverheiratet, besuchte Grund- und Hochschulen in Windhoek/Namibia. Wehrdienst 1981/82, studierte danach von 1983-1988 Geisteswissenschaften (Recht, Sprachen, Politikwissenschaften und Philosophie) an der Universität Stellenbosch/Südafrika, mit B.A.- und Hons.-B.A.-Abschlüssen. 1989-2001 beim Nationalen Denkmalrat von Namibia tätig. 1993/94 folgte ein Aufbaustudium im Fach Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg/Deutschland als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Er erwarb 1995 den Grad Magister Artium (M.A.) im Fach Kulturgeschichte, ebenfalls an der Universität Stellenbosch/Südafrika. 1997-2000 Promotion (Dr.phil) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg/Deutschland, erneut als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).
Der Verfasser war während seiner Tätigkeit beim Nationalen Denkmalrat von Namibia in Namibia an zahlreichen Denkmalpflegeprojekten beteiligt. Er hat bereits mehrere Bücher sowie zahlreiche Artikel in wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Zeitschriften über die Kulturgeschichte Namibias und Afrikas sowie über Themen der Denkmalpflege, nationale Denkmäler und tourismusrelevante Aspekte in Namibia verfasst. Er arbeitet derzeit als freischaffender Journalist und Schriftsteller - Anschrift: P.O. Box 24241, Windhoek, Tel./Fax: +264-61-224435, Mobil: +264-81-2390259, E-Mail: [email protected]
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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