Steuer gilt nur befristet
Von Stefan Fischer, Windhoek
Angesichts der Proteste in der Öffentlichkeit gegen die geplante Einführung einer Solidaritätssteuer hat Finanzminister Calle Schlettwein die Flucht nach vorn angetreten: Am Freitagnachmittag verkündete er in Windhoek, dass es die Regierung mit der Einführung der Abgabe sehr ernst meine. Erstmals äußerte er weitere Details dazu.
Mit Verweis auf eine Äußerung von Staatspräsident Hage Geingob erklärte der Finanzminister, dass es sich um eine „Solidaritäts-Wohlstands-Steuer“ (solidarity wealth tax) handele. Sie soll der Armut entgegenwirken und für eine „Umverteilung von Wohlstand für die Armen“ sorgen, so Schlettwein. Und weiter: „Die Reduzierung von Armut und Ungleichheit bleibt die übergeordnete Priorität der Regierung.“
Hintergrund sei die große Ungleichheit in den Einkommen, die sich im sogenannten Gini-Koeffizient von 0,59 ausdrücke. Eine Studie der Vereinten Nationen von 2009 habe zudem ans Licht gebracht, dass das Verhältnis der Einkommen der obersten und der untersten zehn Prozent der Bevölkerung bei 106,6 stehe und somit die größten Unterschiede von 142 untersuchten Nationen aufweise. Zur Unabhängigkeit, so führte Schlettwein aus, habe der Gini-Koeffizient bei 0,70 gestanden, sei dann bis zum Jahr 2004 auf 0,60 gesunken und habe sich seither nicht deutlich verändert.
Der Gini-Koeffizient soll auch für die Dauer der Zahlung der Soli-Abgabe ausschlaggebend sein. Laut Schlettwein wird die Steuer wieder abgeschafft, sobald der Gini-Koeffizient den Wert von 0,4 erreicht hat.
Die vorgeschlagene Steuer hat vor allem in sozialen Netwerken Proteste hervorgerufen, darunter eine Online-Petition unter dem Motto „Solidarity Tax Must Fall“ (Nieder mit der Solidaritätssteuer), die mehr als 2500 Menschen unterschrieben haben. Schlettwein sprach von „gemischten Reaktionen“ und sagte weiter, dass sich die Regierung der Proteste bewusst sei. Er dankte für eine „lebhafte Debatte“, erklärte dann aber, dass die Steuer die Menschen der unteren und mittleren Einkommensklassen nicht negativ beeinflussen werde. „Die Mehrheit würde die Solidaritäts-Wohlstands-Steuer nicht zahlen.“ Man wolle indes diejenigen besteuern, „die es sich am meisten leisten können, zu zahlen“, sagte er.
Entscheidend für Besteuerung oder Freistellung sei das Einkommen. Schlettwein erwähnte zwar, dass man sich am durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen abhängig vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) orientiere, das aktuell mit 5700 US-Dollar (ca. 80000 N$/Jahr) angegeben wird. Wer mehr verdiene, müsse zahlen, hatte Schlettwein bereits zuvor gesagt (AZ berichtete). Am Freitag erklärte er, dass über diese Bemessungsgrenze „nicht endgültig“ entschieden sei und rief die Öffentlichkeit zum konstruktiven Dialog auf. Schlettwein führte aus, dass es in Namibia rund 500000 Arbeitnehmer gebe, die Steuern zahlten.
Dem Vorwurf, dass Namibier zu viele Steuern zahlten, begegnete der Finanzminister damit, dass ein Gutverdiener hierzulande 37% Steuern entrichte, während er in Südafrika 41% sowie in Deutschland und Großbritannien jeweils 45% ans Finanzamt zahle.
Vorigen Angaben zufolge verspricht sich die Regierung von der neuen Steuer Einnahmen von 600 Millionen N$ im Jahr. Dieses Geld soll gezielt und zweckgebunden zur Armutsreduzierung eingesetzt werden. Wo und wie genau, ließ Schlettwein offen. Er nannte als Beispiele Trainings- und Ausbildungsmaßnahmen sowie Wirtschaftsförderung. Auf Nachfrage erklärte er ebenfalls, dass die Vorbereitung zur Einführung der Steuer „von jetzt an ein Jahr“ in Anspruch nehmen würde.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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