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Streit um Trophäenjagd

Deutsche Jäger bringen 40 Giraffen ins Land
Claudia Reiter
Jäger aus Deutschland haben im vergangenen Jahr Hunderte im Washingtoner Artenschutzübereinkommen gelistete Tiere als Trophäen mit nach Hause gebracht. Aus Afrika, Kanada, Argentinien, den USA, Namibia, Tansania, Tadschikistan, Russland und der Mongolei führten sie 543 Jagdtrophäen ein, wie aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke hervorgeht.

„Es ist völlig absurd, während mehr und mehr Tierarten vor dem Aussterben stehen, werden weiterhin Teile geschützter Tiere als Jagdtrophäen nach Deutschland gebracht - ganz legal“, sagte Lemke, die naturschutzpolitische Sprecherin der Grünen ist. „Die Zerstörung ihres Lebensraums, die Klimakrise, illegaler und auch legaler Handel bringen ganze Tier-Populationen unter Druck.“

Unter den Trophäen: 164 Zebras, 109 Paviane, acht Elefanten, 14 Löwen, drei Breitmaulnashörner, ein Eisbär - und 40 gerade erst im Washingtoner Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten freilebenden Tieren und Pflanzen (Cites) unter Schutz gestellte Giraffen. „Angesichts der dramatischen Situation beim Artenschwund muss die Bundesregierung handeln und die Praxis von Jagdtrophäen von geschützten Arten stoppen“, verlangt Lemke.

„Die Deutschen sind die größten Großwildjäger nach den Amerikanern und Spaniern“, sagte Daniela Freyer von Pro Wildlife. „Das hat mit der Jagdtradition des Landes zu tun, aber auch mit der Zahlungskraft.“ Für die Einfuhr der Trophäen insbesondere von streng geschützten Arten prüft das Bundesamt für Naturschutz (BfN) auf Antrag lediglich die rechtlichen Grundlagen. „Bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen besteht kein Ermessen für die Entscheidung des BfN“, sagte ein Mitarbeiter. Allerdings dürfen Trophäen streng geschützter Arten nicht kommerziell genutzt werden.

Just zum Valentinstag posierte eine Jägerin mit dem Herz einer getöteten Giraffe für die Kamera. Gegner werben bei Facebook dafür, sie wegen ihrer Posts mit toten Tieren aus dem sozialen Netzwerk zu bannen. Die Frau wiederum erläutert auf Facebook, die Trophäenjagd sei ein Instrument, bestimmte Arten vor dem Aussterben zu retten.

Das sieht unter bestimmten Bedingungen auch die Weltnaturschutzunion IUCN so - innerhalb derer das Thema allerdings umstritten ist. Es gebe in einer Reihe von Ländern Beispiele für Korruption, mangelnde Transparenz, übermäßige Quoten, illegale Jagd und schlechte Überwachung, heißt es in einem IUCN-Papier. Legale gut regulierte Trophäenjagdprogramme könnten aber eine wichtige Rolle spielen für den Schutz der Wildtiere und für den Lebensunterhalt der lokalen Bevölkerung.

Ähnlich argumentieren der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) in Deutschland und der Deutsche Jagdverband (DJV). „Wo die Jagd verboten ist, gehen die Bestände in den Keller“, sagt ein Experte für Auslandsjagd beider Jagdverbände. „Der Bevölkerungsdruck in Afrika ist sehr groß. Viehhaltung ist eine der Haupteinkommensquellen. Wenn die Wildtiere keinen Wert haben, wird die Savanne umgestaltet in Weidefläche.“ Wildtiere verlören den Lebensraum. „Wenn man Anreize schafft über die Jagd, dann ist die Motivation groß, die Tiere zu schützen.“ Es gehöre auch zur Selbstbestimmung Einheimischer, Jagdrechte an zahlungskräftige Kunden zu geben. Die Jäger töteten zudem möglichst alte Tiere, die für den Arterhalt eine untergeordnete Rolle spielten.

Um des Prestiges Willen würden große und gesunde Tiere geschossen, sagt hingegen Freyer. Es dürfe auch nicht sein, dass in Kanada Eisbären – „Inbegriff für das Artensterben“ - gejagt würden. Doch auch dies wird kontrovers gesehen. „Die Gefahr für die Bären liegt nicht in der traditionellen Jagd der Inuit. Das zeigen alle wissenschaftlichen Daten“, schreibt die Artenschutz-Expertin der Umweltorganisation WWF Sybille Klenzendorf in einem Blog. „Die Bedrohung geht von der Klimakrise aus. Es rettet die Art nicht, wenn den Inuit ihr – übrigens völkerrechtlich verbrieftes – Recht auf Jagd genommen wird.“ Teils verkaufen die Inuit dieses Recht, um dringend benötigte Einkünfte zu generieren - für erhebliche Beträge.

Im vergangenen Jahr etwa kostete laut Katalog eines Anbieters eine 14-tägigen Reise zur Eisbärenjagd in der schwer erreichbaren kanadischen Inuit-Region Nunavut 52 500 US-Dollar, inklusive Abschuss eines Bären. Eine dreiwöchige Löwenjagd in Afrika wiederum sollte mit knapp 80 000 US-Dollar pro Teilnehmer zu Buche schlagen, mit Vollverpflegung und täglichem Wäschedienst.

Wie viel Geld aus Trophäenjagd wirklich bei Einheimischen ankommt, ist umstritten - und vermutlich von Land zu Land unterschiedlich. Auch bei der IUCN gibt es verschiedene Angaben. Laut einem IUCN-Papier fließen in Entwicklungsländern im Schnitt 50 bis 90 Prozent der Nettoeinnahmen abzüglich der Kosten der Reiseanbieter an lokale Grundeigentümer; der Rest geht an staatliche Behörden. In einem anderen IUCN-Papier ist Rede davon, dass der ökonomische Effekt gering bleibe.

Von Sabine Dobel, dpa

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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