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Taufrisch geht das Jahr nun richtig los

Eberhard Hofmann
Jetzt kannste mit den Leuten nochall viel anfangen, denn die sind mit, unter und nach dem Regen richtig gut drauf. Sogar der gestrenge Finanzminister zeigt mit kleinen - aber nur kleinen! - Zugeständnissen in der Steuerverrechnung etwas Entgegenkommen. Die Berge um Ovenduka sind echt schön grün geworden. Der Bergfarn sprießt, das Gras überholt die Morgensterne, die sich schon nach dem ersten Guss vor allen anderen Gewächsen Vorsprung verschaffen, um bleddy stief Piekers zu produzieren, wie der Barfüßer jetzt zu spüren bekommt. Nach der dottergelben Pracht neben der Pad und am Berghang gibt´s sattsam stachlige Saat zur Fortpflanzung und für zarte Fußsohlen.

Um den Zyklon Dineo, dessen Ausläufer besten Regen, erquickliches Nieselwetter und dichten Nebel bis tief ins Land der Wüsten gebracht haben, war unter Braven und Bravourösen und auf ihren Apps und Internetforen zunächst sowas wie Hype und Hysterie ausgebrochen. Und die Wetterwarte gibt bei normalen Güssen gleich Flutwarnung heraus! Die Leut´ müssten im Norden oder Westen oder Süden „heut mit schweren Regen rechnen“. Das hat zweierlei Gründe. Erstens hat es so lange nich mehr ordentlich geregnet, dass auffrischende und ergiebige Niederschläge gleich zur Katastrophenwarnung aufgebauscht werden. Jesslaik, Comräds, Oukies und Tunten, könnt Ihr denn die Kirche nich im Dorf lassen!

Wichtiger is, dass der Autofahrer sich im Regen vorsieht, denn ein Wolkenbruch zwischen Karibib und Usakos kann die Straße schwimmen lassen und minutenlang jegliche Sicht nehmen.

Zurück zu Dineo, vor dem sich die Mosambikaner in Acht nehmen mussten, weil sie nich wussten, ob er tatsächlich Bäume rausreißt und das Otjiauto umschmeißt. Zweitens, so schlimm war´s nich, aber die Internet-Spinner ham sofort Aufnahmen einer Tsunami-Welle in Umlauf geschickt, um sensationsgeile Nutzer und Gaffer mit Desasterbildern zu bombardieren, die von sonstwo aber nich aus Mosambik stammten.

Und düpierte Namibier ham sich gegenseitig mit lüsternen Erwartungen aufgeputscht: „Wenn Dineo kommt …“ Nix Dineo, aber guter Regen, der mit ersten Januargüssen das Gras jetzt schon in die Saat schickt. Die allgegenwärtigen Morgensterne hatten wir schon …

Die Sensationslüsternen des Hype hätten`s gern gehabt, dass wir einen rechten Tropensturm erleben. Nun wurden sie enttäuscht, aber die Mehrzahl der Leut´ is über die Niederschläge dankbar.

Der Bürger, der Bravouröse, der Comräd, der Oukie und wer sonst muss jetzt darauf achten, dass Staat und Kommune weiter am Wasserbau arbeiten und nich in die steuer-subventionierte Lethargie verfallen, die keine Vorausplanung kennt. Die gute Stimmung im Land is durchaus angebracht. Regen verändert das Gemüt, lässt´s grün aus dem Boden sprießen und bringt neue Schaffenskraft. Der Zeithorizont unser Entscheidungsträger muss dabei unbedingt in die Zukunft ausgedehnt werden. „Aber wir ham toch Entwicklungsplan IV und Vision 2030“, entgegnet der Trittbrettpatriot. „Ja“, sagen wir. „Auf Papier ham wir huka alles. Verstaubte Regale quellen davon über.“

Die zweite große Entsalzungsanlage, worüber Staat und Regierung schon lange labern, muss jetzt her und nich erst, wenn der Mehlstaub wieder bis an den Hals reicht und das Lästermaul mülmt.

Im Schwärmen über guten Regen und Nieselnebel wirste aber auch gleich daran erinnert, dass wir im Lande der Beute(miss)kultur leben. Den kurzlebigen Nebel im Inland haben sogleich Beutebürger benutzt, um in Deckung der Schwaden ein paar Einbrüche auszuüben, immerhin so oft, dass die Opolifi eine Warnung hat rausgehen lassen. Neben dem tages- und nachtaktiven Raubgesindel haste noch die hauptsächlich nachtaktiven sirrenden Parasiten, die meinen und demonstrieren, Blut sei ´n ganz besonderer Saft. Und dann kräftig zustechen, um Juckreiz wie bei Krätze zu hinterlassen, oder gar Malariafieber. Die ham´s vor allem darauf abgesehen, rechtschaff´ne Leut´ um ihren gesunden Schlaf zu bringen.

Dagegen verdienen andere Viecher mehr Lob, die sich nich an Blut ergötzen und die nich mit sirrender Sirene auf ihr Opfer losgehen. Der Gecko schnappt lautlos nach dem Nachtfalter und sonstigen Fliegern an der Laterne, wenn er des Farmers Verandagespräch abhört. Der Gecko hat´s im Gegensatz zum Menschen gut, denn er fährt wirklich und buchstäblich aus der Haut und bewahrt dabei Gleichmut. Der Mensch dagegen kommt net nich aus seiner Haut heraus und möcht´ er´s noch so gern. Seinen Charakter könnt´ er nich ändern, sagt der Volksmund. Aber wir stellen dennoch allerhand Gemütsveränderung fest, wenn´s geregnet hat. Da lohnt es sich schon eher, dass er sich in stressvollen Phasen seines Lebens auf die faule Haut legt, um „Böhrn-Aut“ und sonstigem Kollaps vorzubeugen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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