"Tischtennis-Omi" noch lange kein altes Eisen

Wenn jung gegen alt spielt, dann ist immer für Spannung gesorgt. Erfahrung gegen jugendliche Frische - ein ewiges, elektrisierendes Duell überall auf der Welt. So wird es auch diesmal wieder bei der Veteranenweltmeisterschaft im Tischtennis vom 7. bis 12. Juni 2010 in der Stadt Hohhot, Innere Mongolei, zu dem ewigen Duell kommen. Dann nämlich treffen Akteure der verschiedensten Altersklassen von Ü40 bis Ü80 aufeinander. Partien zwischen 75-jährigen jungen Talenten, die sich gegen die geballte Ladung Erfahrung von 79 Jahren durchsetzen müssen, werden für die Zuschauer kein Einzelfall sein.
Doch am Ende heißt es hoffentlich: Punkt, Satz und Sieg für Inge Liebener. Die in Namibia lebende 77-jährige Deutsche macht sich auf den Weg ins ferne China, um an der Veteranen-Weltmeisterschaft teilzunehmen. Und dort wird sie die einzige Vertreterin sein, die für die namibische Flagge auf Titeljagd geht - dies eher im symbolischen Sinne.
"Ich spiele aus Liebe zum Sport", sagte die älteste Tischtennisspielerin des Landes im AZ-Gespräch und ergänzt, "mir sind die modernen Techniken egal, ich will Freude am Spiel haben." Damit schraubt sie natürlich gleich die Erwartungen herunter, was angesichts der zu erwartenden Flutwelle an "Tischtennis-Omis" aus China nicht verkehrt ist. Aber auch Deutschland schickt ein ernst zu nehmendes Rentner-Kontingent mit Titelchancen nach Fernost.
Und weil auch "Tischtennis-Omis" verbissen um jeden Punkt kämpfen können, überlässt Inge Liebener nichts dem Zufall. Schon nächste Woche macht sich Namibias Spitzenspielerin auf den Weg nach Deutschland, wo sie sich von der mehrfachen Veteranen-Weltmeisterin im Tischtennis, der Kroatin Branca Batinec, in einem Intensivkurs den letzten Feinschliff geben lässt. Vier Wochen wird sie dort drüben ihren Körper stählen, um der kommunistischen Konkurrenz später richtig einzuheizen. Ab Frankfurt am Main macht sich Namibias Tischtennishoffnung zusammen mit ihrem Mann zwei Tage vor dem Großereignis per Flieger auf den Weg nach China. Neben des sportlichen Highlights will sich Inge Liebener im fernen Osten einen weiteren Traum erfüllen: Nämlich eine Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn. "Mein Mann und ich erfüllen uns mit dieser Reise einen Lebenstraum", erzählt die Tischtennisveteranin fröhlich.
Namibias älteste Spielerin lernte das Spielen noch im alten Deutschland, vor dem zweiten Weltkrieg. Aufgewachsen in Danzig floh sie wie viele andere auch Richtung Westen - ihre zwischenzeitliche Heimat wurde Kiel. 1948 stieg sie dort richtig ins Tischtennis ein und ergatterte sich 1954 bei den Schleswig-holsteinischen Meisterschaften im Doppel den Vizetitel. Zu dieser Zeit spürte sie den Wunsch in die Welt hinaus zu gehen. Gedankenspiele kursierten herum, Skandinavien sollte es eigentlich werden. Doch spontan brachte eine Freundin eine Bekanntschaft in Deutsch-Südwest ins Spiel, was für die junge Liebener verlockend klang. Die gelernte Industriekauffrau bewarb sich zusammen mit einer Freundin auf dem Farmhotel Steinhausen, wurde akzeptiert und reiste schon wenig später ins entfernte Afrika. Nach acht Monaten Kudu zerlegen, Brot backen und Getränke mixen verschlug es Namibias älteste Tischtennisspielerin schlussendlich nach Windhoek, wo sie seitdem beim Sportklub aktiv die Bälle über die Platte jagt.