Urteil beendet Mammutverfahren
Von Marc Springer,
Windhoek
Weil Richter Elton Hoff dabei die Aussagen sämtlicher der 379 vernommenen Staatszeugen in Relation zu jedem der Beschuldigten individuell auswertet und seine Urteilsbegründung folglich angeblich 500 Seiten umfasst, werden die verbleibenden Angeklagten ihr Schicksal eventuell erst am Freitag erfahren.
Nach sechs Stunden Urteilsbegründung hatte Hoff auf diese Weise gestern lediglich die Indizien gegen fünf der 65 Angeklagten analysiert. Dabei war er zu dem Ergebnis gekommen, es sei der Staatsanwaltschaft nicht gelungen, die Vorwürfe gegen die Angeklagten Leonard Ntelemo und Victor Makando zu beweisen, denen zum Abschluss der Urteilsbegründung folglich ein Freispruch winkt.
Anders verhält es sich in Bezug auf die Beschuldigten Bollin Mwilima, Charles Mainga und Alfred Siyata die zumindest nachweislich von den separatistischen Bestrebungen im Caprivi (heute Sambesi-Region) gewusst und es versäumt hätten, die Behörden zu informieren. In Bezug auf Mwilima sei laut Richter sogar belegt, dass er die Caprivi Liberation Army (CLA) aktiv unterstützt habe, deren Hauptziel die Abspaltung des Caprivi vom Rest Namibias war.
Zu Beginn seiner Urteilsbegründung machte Hoff deutlich, dass der Tatbestand des Hochverrats selbst dann erfüllt sein könnte, wenn die Angeklagten nicht aktiv an dem bewaffneten Aufstand vom 2. August 1999 mitgewirkt hätten, bei dem diverse Einrichtungen in und um Katima Mulilo angegriffen und acht Polizisten erschossen wurden. Für eine Verurteilung reiche bereits aus, falls Angeklagte nachweislich mit den daran beteiligten Separatisten sympathisiert, sich mit ihnen assoziiert bzw. sie finanziell, materiell oder logistisch unterstützt hätten.
Außerdem verwies er auf die Doktrin der gemeinschaftlichen Absicht, wonach jeder der an der separatistischen Verschwörung Beteiligter für sämtliche Straftaten haftbar sei, die einer seiner Komplizen begangen habe. Demnach müssten den einzelnen Beschuldigten nicht individuelle Straftaten nachgewiesen, sondern lediglich belegt werden, dass sie bei der Förderung des gemeinsamen Ziels kooperiert hätten, den Caprivi mit Waffengewalt vom Rest Namibias loszulösen und damit die territoriale Integrität des Landes zu verletzen.
Die Angeklagten sind mit insgesamt 278 Anklagepunkten konfrontiert, zu denen neben der Hauptanschuldigung des Hochverrats unter anderem auch der Vorwurf des mehrfachen Mordes, der Sachbeschädigung und des illegalen Waffenbesitzes gehören. Konkret wird ihnen vorgeworfen, an diversen konspirativen Treffen teilgenommen zu haben, bei denen die Abspaltung des Caprivi besprochen wurde und für dieses Ziel Rebellen rekrutiert und ausgebildet, bzw. mit Nahrungsmitteln versorgt oder ihnen Transport bereitgestellt zu haben.
Eine bedeutende Zäsur hatte der Prozess am 11. Februar 2013 erfahren, als 43 der damals noch 109 Angeklagten vorzeitig freigesprochen wurden, von denen einige seither Entschädigungsklagen gegen die Regierung angestrengt haben. Seit Beginn des Verfahrens sind 12 der Angeklagten in Untersuchungshaft verstorben.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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