Versteckter Charme in der "goldenen Mitte"
Omaruru - manchen Touristen ist dieser Ort gar nicht bekannt, andere lernen ihn beim Durchfahren nur binnen zwei Minuten kennen und wiederum andere schwören auf das kleine, verträumte Dorf. Zu Recht, denn wer sich Zeit nimmt, kann hier vieles entdecken, was in Namibia sogar den Stellenwert des einzigartigen besitzt.
Da ist zum Beispiel die Kristallkellerei von Helmuth und Ursula ("Uschi") Kluge. Weinanbau in Namibia? Was im ersten Augenblick mehr als befremdlich klingt, erweist sich beim zweiten Hinschauen als realistisch und höchst interessant. Helmuth Kluge hat sich auf schwieriges Terrain gewagt. "Es ist eine Kunst, hier Wein zu machen, denn alle Naturelemente sind gegen uns: Im Sommer ist es zu heiß, im Winter zu kalt, es gibt zu wenig Wasser und die Luftfeuchtigkeit ist zu niedrig", beschreibt der Hobby-Winzer die Bedingungen. Dennoch war der Gedanke ("Ich hatte mal gehört, dass die Schutztruppen hier Wein angebaut haben.") für ihn reizvoll. "Ich bin ein Mensch der immer das macht was andere nicht machen", sagt er. Und: "Ich habe keine Beziehung zu Wein, aber grüne Hände - bei mir wächst alles." Auch der Wein. Vor elf Jahren wurden die ersten Stöcke gepflanzt, drei Jahre später war Ernte-Premiere. Das Wissen hat sich Kluge selbst angeeignet - aus Büchern und von südafrikanischen Winzern.
Die "grünen Hände" haben aus dem Hobby einen touristischen Markt wachsen lassen, auf den der Autoschlosser - der hauptberuflich eine Wasserbohr- und Mineralienfirma betreibt - nicht mehr verzichten will. Immerhin kommen heute aus der Kristallkellerei drei verschiedene Weinsorten (Rotwein: Ruby Cabernet und Cabernet Sauvignon, Weißwein: Colombard) sowie der trockene Kristallsekt Cuvet Brut, welcher hier noch traditionell mit dem Schwert geköpft wird ("Das ist die Attraktion für Besucher."). "Außerdem destillieren wir in der kleinen Brennerei einen Grappa, einen Kaktusschnaps, einen Brandy und je nach Ernte einen Schnaps aus Quitten oder Prosopis", erklärt Kluge. Die Ausbeute von vier Hektar Anbaugebiet für Wein und einem Hektar Zitrusfrüchten ist angesichts der Bedingungen mager und entspricht laut Kluge einem Viertel von dem, was in vergleichbar großen Anbaugebieten normalerweise geerntet wird. Immerhin: Die Weine und Spirituosen gibt"s nur hier bzw. auf ausgewählten Lodges in der Umgebung, denn diese kleinen Mengen lassen keine Kapazität für den Handel zu.
Im Garten fließt der Rhein
Das touristische Geschäft verbindet den Weinanbau mit entsprechender gastronomischer Einrichtung. In einem rustikalen Gastraum sind Weinverkostungen möglich, und natürlich gibt es auch etwas Festes für den Gaumen, z.B. hausgemachtes Brot, Sülze mit Bratkartoffeln, Suppen, Fleischkäse mit Ei und gemischte Platte. Auch auf einer Terrasse kann man sitzen; durch den grünen und gepflegten Garten schlängelt sich sogar der Rhein in Miniausführung - der fließt zwar nur in der Regenzeit, dafür befindet sich hier eine Adaption der Lorelei. Bei Weintouren oder Brennerei-Besichtigungen kommen die Besucher - hauptsächlich von den Lodgen der Umgebung, aber auch Durchreisende - regelmäßig ins Schwärmen. "Das erwartet niemand in Namibia", weiß Helmuth Kluge. Und das wohl auch nicht: "Wir halten die deutschen Traditionen aufrecht und veranstalten Frühlings- und Weinfeste."
Trotz der Wetterunbilden ist der Hobbywinzer zufrieden, weil überzeugt von Omaruru. "Hier wird für Touristen viel geboten, wir ziehen schon den Finger", sagt er und lässt sich von den Busreisegruppen, die zunehmend in den Caprivi ausweichen, seit es dort wieder sicher ist, nicht entmutigen. "Omaruru liegt in der goldenen Mitte von Namibia, deshalb ist die Nähe zu den umliegenden Lodgen immer wichtiger", sagt er abschließend.
Staunen im "Sanddrachen"
Gold ist DAS Stichwort für Karen Johnston. Die Goldschmiedin betreibt mit ihrem Mann Chris den "Sand Dragon" - ein Haus, auf das keine Beschreibung passt. Zumindest nicht als Einzelmerkmal. Touristeninformation, Souveniershop, Bistro, Bibliothek, Internetcaf" - die Möglichkeiten hier sind ebenso vielseitig wie deren Umsetzung einzigartig ist. Allein Architektur und Ausstattung des "Sand Dragon" sind so ungewöhnlich, dass für viele Besucher nur eins gilt: Reinkommen und Staunen.
Johnstons stammen aus den USA und leben seit sieben Jahren in Namibia. Erst Windhoek, dann Omaruru - das waren die Stationen. Während Chris als Mineraloge und Geologe viel im Land unterwegs ist, lebte Karen ihre Kreativität in dem neuen Geschäftsbereich aus. Der handgemalte Fußboden, das in Stein gefasste, originelle Bad (mit Badewanne) und das abgedunkelte Internetcaf", der Blick verfängt sich in hunderten Details und das macht die Besonderheit des Ambientes - das zudem durch einen spirituellen Hauch geprägt ist - aus.
"Wir haben das Haus vor vier Monaten angefangen einzurichten, eine offizielle Eröffnung gab"s aber noch nicht", sagt Karen Johnston. Dennoch steht "Sand Dragon" offen für Besucher. Diese finden hier unter anderm Souveniers und Mitbringsel aus Namibia - von der Postkarte bis zum Schmuck. Das Sortiment freilich ist nicht üblich: Werke von über 30 Künstlern aus Omaruru und Umgebung füllen die Tische und Regale, darunter Mobiles, Schnitzereien und andere Holzwaren, Tongeschirr, Textilien, Puppen, Mineralien, Trommeln und Metallartikel. Handarbeit ist Trumpf im "Sand Dragon" - auch in der Küche. Manche Besucher schwören auf "den besten Cappuchino", andere auf "die besten Burger" weit und breit. Draußen befindet sich ein kleiner Gewürzgarten. Damit nicht genug: In Zukunft wollen Johnstons auf dem Hof Campingmöglichkeiten anbieten. Auf jedem Fall ist ein Besuch des "Sand Dragon" ein Muss für Omaruru-Durchreisende oder -Bewohner.
Recycling kann auch Kunst sein
Bei Familie Kreitz stapeln sich in einem Lagerraum Kisten und Kartons mit lauter "nutzlosen" Dingen aus Namibias Natur. Hier findet man Schwemmholz, Gräser, getrocknete Beeren und Früchte, Rinde, Stachelschweinborsten, diverse Wurzeln, Muscheln, Samenkapseln und - Sand. Wieder einen Raum weiter befindet sich ein Ausstellungsraum. Da hängen Mobiles, Spiegel, Kerzenhalter, Kleiderhaken, Windspiele, Zierbäumchen aus Holz und alle möglichen Figuren. Verstehen kann man den Weg von den Kartons mit den nutzlosen Dingen hin zu ganz eigener Kunst nur, wenn man mit Barbara und Christian Kreitz eine Weile in der Werkstatt verbringt. Hier wird diskutiert, gedreht und gewendet, ausprobiert und irgendwann passen die Teile wie in einem Puzzle zusammen und erhalten einen ganz eigenen Charme. "Erklären kann ich das eigentlich gar nicht so richtig" , wundert sich Frau Kreitz. "Ich kann einfach nicht stillsitzen und so bin ich mein ganzes Leben schon viel spazieren gegangen. Ich hab die erstaunlichsten Dinge gefunden. Namibia ist voll davon, wissen sie, man muß nur genau hinschauen."
Barbara Kreitz (62) ist gelernte Kindergärtnerin. Ihr Mann Christian (72) war lange Jahre Farmverwalter. Anfangs konnte er mit der Sammelleidenschaft seiner Frau nicht viel anfangen, aber irgendwann fand er die Frage "was kann man bloss damit machen?" selber interessant. Und so fingen sie an, aus Teufelskrallen, Mistel-Holzrosen oder Kameldornschoten die ersten Gegenstände zu fertigen. Mit der Zeit entdeckten mehr und mehr Freunde und Bekannte das Talent der Beiden und so wuchs das anfängliche Hobby zu einer Kunstwerkstatt, die mit Materialien aus dem Freundeskreis versorgt wird und mit Schnitzereien von Johannes, dem tauben Farmgehilfen aus Angola. Auf dem Windhoeker Strassenmarkt trafen sie schließlich Susanne Asmussen, die dem Ehepaar die Möglichkeit gab, im Craft Centre auszustellen. Mittlerweile verkaufen sie ihre Stücke in Omaruru im Sand Dragon, in Swakopmund im Moonstone und im Craft Centre in Windhoek.
Thelma Paperworks
Thelma van Rhyn (30) ist studierte Klimatologin und war bis 1999 Projekt-Koordinatorin bei Rössing. Damals wurde ihre Abteilung wegrationalisiert und sie stand plötzlich ohne Job da. Zum Zeitvertreib schenkte ihr eine Freundin ein Buch über das Papiermachen, das schließlich die Grundlage war für eine "verrückte" Geschäftsidee.
Inzwischen hat Thelma eigene Produktionstechniken entwickelt und sich auf die Herstellung von Papier spezialisiert. Ihr Papier besteht aus Abfällen aus dem Reißwolf. Hinzugefügt werden dann Kräuter wie Petersilie, Dill oder Lavendel, Pflanzenteile von Mais, Rosen oder Sonnenblumen und "natürlicher Abfall" wie Elefanten-, Zebra-, Nashorn- oder Giraffen-Dung.
Die verrückte Geschäftsidee wurde ein Knaller. Den Markennamen "Thelmas" hat sie sich in mehreren Ländern schützen lassen, in die sie auch exportiert. Mit der Schreibwarenkette Waltons hat sie einen Vertrag, in Südafrika und den USA kann man ihr Papier kaufen und der Export nach Deutschland steht vor der Tür.
Um der großen Nachfrage nach Kräuterpapier gerecht werden zu können, hat Thelma
inzwischen eigene Anbauflächen bei Omaruru Greens, einer großen Gärtnerei vor Ort. 70 verschiedene Kräuter werden dort nun für sie angepflanzt. Der Dung für ihr Papier, den sie selbst auf umliegenden Farmen einsammelt, stammt hauptsächlich von der Wildfarm Epako.
Die Rezepturen für die Herstellung des Papiers sind Geheimsache. Trotzdem kann der Besucher bei der Produktion zuschauen: Ein Brei, etwa aus Pflanzen und Papier, wird aus einer großen Schüssel auf ein Sieb gefiltert, das auf einen Rahmen gespannt ist. Anschließend wird es in der Sonne getrocknet, schließlich gepresst und geschnitten. "Ich könnte mir natürlich eine Maschine anschaffen, die viel effizienter arbeitet. Aber ich bin einfach rettungslos romantisch. Und im Endeffekt ist das wahrscheinlich der Grund für den Erfolg - die Leute spüren den Unterschied zwischen einer anonymen Maschine und einem ganz individuellen Produkt, in das ich mein Herz stecke", sagt sie lachend.
Die originellen Papierprodukte kann man auch in Windhoek bei Wecke & Voigts an der Independance Avenue kaufen. Demnächst soll auch eine Auswahl an Körperpflegeprodukten auf Kräuterbasis hinzukommen, an deren Entwicklung sie seit kurzem arbeitet.
Tikoloshe Afrika
Kommt man von Karibib in den Ort und passiert die Brücke über das Omaruru Rivier, steht linker Hand eine riesige Giraffe von acht Metern Höhe. Sie ist aus Holz und dient als "Hinweisschild" für die Schnitzerei Tikoloshe Afrika.
Gegründet wurde die Werkstatt von Paul Goldbach, der vor 30 Jahren als Kürschner nach Namibia kam. Immer wieder zog es ihn in dieser Zeit in die Ferne, so auch in das Quellgebiet des Amazonas. Dort traf er auf den Künstler Augustin Rivas und sah ihm wochenlang beim Wurzelschnitzen zu.
Die Idee, ähnliches zu versuchen ließ ihn auch nach seiner Rückkehr nach Namibia nicht mehr los. Als er später die Arbeiten einheimischer Schnitzer aus der Kavango-Region kennenlernte, engagierte er einige von ihnen vom Fleck weg. Inzwischen ist aus dem Hobby ein professionelles Kunsthandwerk geworden. Sieben Schnitzer, alle aus der Kavango-Region, arbeiten heute in Omaruru. Manche von ihnen haben sogar Kunstwettbewerbe gewonnen. "Root Carving" erfordert Spezialkenntnisse, die man über Jahre erlernen und pflegen muss. Das verwendete Holz besteht aus verwitterten, trockenen Wurzeln und Baumstämmen, die teilweise tausende von Jahren alt sind und oft sprichwörtlich "hart wie Eisen". Das Holz wird zumeist in der Halbwüste und in den nördlichen Gebieten Namibias gesammelt. Zum Handgebrauch zählen Messer, aber hauptsächlich werden Hohlmeissel und Gummihämmer eingesetzt. Die mit Abstand meistgebrauchten Maschinen sind Geradeausschleifer, die wie Bohrmaschinen aussehen. Die Wurzelstruktur wird dabei nur so viel bearbeitet, dass sie ihren ursprünglichen Charakter nicht verliert. Jedes Werk ist damit vor allem auch Ausdruck der Fantasie des Schnitzers. Und es entstehen meist kleine Kunstwerke, wie etwa ein knorriges Warzenschwein, ein sich aus hohen Lüften herabstürzender, vorwitziger Greifvogel, ein verschmitztes Nashorn oder eine stelzige Giraffe.
Die Schnitzereien von Tikoloshe Afrika sind nicht mit der Massenware zu vergleichen, die man auf vielen Märkten Afrikas kaufen kann. Die Arbeiten sind markante Unikate, in die viel Zeit investiert wird - entsprechend hoch sind auch die Preise.
Neben der Werkstatt und den Ausstellungsräumen in Omaruru gibt es in Werke von Tikoloshe im Craft Centre und in der Post Street Fußgängerzone in Windhoek zu sehen, auf der Fingerklip Lodge, in Outjo bei Africa Curio Import & Export, in Karibib bei Leonid MInerals und der Swakopmunder Hobby Horse Art Gallery.
Da ist zum Beispiel die Kristallkellerei von Helmuth und Ursula ("Uschi") Kluge. Weinanbau in Namibia? Was im ersten Augenblick mehr als befremdlich klingt, erweist sich beim zweiten Hinschauen als realistisch und höchst interessant. Helmuth Kluge hat sich auf schwieriges Terrain gewagt. "Es ist eine Kunst, hier Wein zu machen, denn alle Naturelemente sind gegen uns: Im Sommer ist es zu heiß, im Winter zu kalt, es gibt zu wenig Wasser und die Luftfeuchtigkeit ist zu niedrig", beschreibt der Hobby-Winzer die Bedingungen. Dennoch war der Gedanke ("Ich hatte mal gehört, dass die Schutztruppen hier Wein angebaut haben.") für ihn reizvoll. "Ich bin ein Mensch der immer das macht was andere nicht machen", sagt er. Und: "Ich habe keine Beziehung zu Wein, aber grüne Hände - bei mir wächst alles." Auch der Wein. Vor elf Jahren wurden die ersten Stöcke gepflanzt, drei Jahre später war Ernte-Premiere. Das Wissen hat sich Kluge selbst angeeignet - aus Büchern und von südafrikanischen Winzern.
Die "grünen Hände" haben aus dem Hobby einen touristischen Markt wachsen lassen, auf den der Autoschlosser - der hauptberuflich eine Wasserbohr- und Mineralienfirma betreibt - nicht mehr verzichten will. Immerhin kommen heute aus der Kristallkellerei drei verschiedene Weinsorten (Rotwein: Ruby Cabernet und Cabernet Sauvignon, Weißwein: Colombard) sowie der trockene Kristallsekt Cuvet Brut, welcher hier noch traditionell mit dem Schwert geköpft wird ("Das ist die Attraktion für Besucher."). "Außerdem destillieren wir in der kleinen Brennerei einen Grappa, einen Kaktusschnaps, einen Brandy und je nach Ernte einen Schnaps aus Quitten oder Prosopis", erklärt Kluge. Die Ausbeute von vier Hektar Anbaugebiet für Wein und einem Hektar Zitrusfrüchten ist angesichts der Bedingungen mager und entspricht laut Kluge einem Viertel von dem, was in vergleichbar großen Anbaugebieten normalerweise geerntet wird. Immerhin: Die Weine und Spirituosen gibt"s nur hier bzw. auf ausgewählten Lodges in der Umgebung, denn diese kleinen Mengen lassen keine Kapazität für den Handel zu.
Im Garten fließt der Rhein
Das touristische Geschäft verbindet den Weinanbau mit entsprechender gastronomischer Einrichtung. In einem rustikalen Gastraum sind Weinverkostungen möglich, und natürlich gibt es auch etwas Festes für den Gaumen, z.B. hausgemachtes Brot, Sülze mit Bratkartoffeln, Suppen, Fleischkäse mit Ei und gemischte Platte. Auch auf einer Terrasse kann man sitzen; durch den grünen und gepflegten Garten schlängelt sich sogar der Rhein in Miniausführung - der fließt zwar nur in der Regenzeit, dafür befindet sich hier eine Adaption der Lorelei. Bei Weintouren oder Brennerei-Besichtigungen kommen die Besucher - hauptsächlich von den Lodgen der Umgebung, aber auch Durchreisende - regelmäßig ins Schwärmen. "Das erwartet niemand in Namibia", weiß Helmuth Kluge. Und das wohl auch nicht: "Wir halten die deutschen Traditionen aufrecht und veranstalten Frühlings- und Weinfeste."
Trotz der Wetterunbilden ist der Hobbywinzer zufrieden, weil überzeugt von Omaruru. "Hier wird für Touristen viel geboten, wir ziehen schon den Finger", sagt er und lässt sich von den Busreisegruppen, die zunehmend in den Caprivi ausweichen, seit es dort wieder sicher ist, nicht entmutigen. "Omaruru liegt in der goldenen Mitte von Namibia, deshalb ist die Nähe zu den umliegenden Lodgen immer wichtiger", sagt er abschließend.
Staunen im "Sanddrachen"
Gold ist DAS Stichwort für Karen Johnston. Die Goldschmiedin betreibt mit ihrem Mann Chris den "Sand Dragon" - ein Haus, auf das keine Beschreibung passt. Zumindest nicht als Einzelmerkmal. Touristeninformation, Souveniershop, Bistro, Bibliothek, Internetcaf" - die Möglichkeiten hier sind ebenso vielseitig wie deren Umsetzung einzigartig ist. Allein Architektur und Ausstattung des "Sand Dragon" sind so ungewöhnlich, dass für viele Besucher nur eins gilt: Reinkommen und Staunen.
Johnstons stammen aus den USA und leben seit sieben Jahren in Namibia. Erst Windhoek, dann Omaruru - das waren die Stationen. Während Chris als Mineraloge und Geologe viel im Land unterwegs ist, lebte Karen ihre Kreativität in dem neuen Geschäftsbereich aus. Der handgemalte Fußboden, das in Stein gefasste, originelle Bad (mit Badewanne) und das abgedunkelte Internetcaf", der Blick verfängt sich in hunderten Details und das macht die Besonderheit des Ambientes - das zudem durch einen spirituellen Hauch geprägt ist - aus.
"Wir haben das Haus vor vier Monaten angefangen einzurichten, eine offizielle Eröffnung gab"s aber noch nicht", sagt Karen Johnston. Dennoch steht "Sand Dragon" offen für Besucher. Diese finden hier unter anderm Souveniers und Mitbringsel aus Namibia - von der Postkarte bis zum Schmuck. Das Sortiment freilich ist nicht üblich: Werke von über 30 Künstlern aus Omaruru und Umgebung füllen die Tische und Regale, darunter Mobiles, Schnitzereien und andere Holzwaren, Tongeschirr, Textilien, Puppen, Mineralien, Trommeln und Metallartikel. Handarbeit ist Trumpf im "Sand Dragon" - auch in der Küche. Manche Besucher schwören auf "den besten Cappuchino", andere auf "die besten Burger" weit und breit. Draußen befindet sich ein kleiner Gewürzgarten. Damit nicht genug: In Zukunft wollen Johnstons auf dem Hof Campingmöglichkeiten anbieten. Auf jedem Fall ist ein Besuch des "Sand Dragon" ein Muss für Omaruru-Durchreisende oder -Bewohner.
Recycling kann auch Kunst sein
Bei Familie Kreitz stapeln sich in einem Lagerraum Kisten und Kartons mit lauter "nutzlosen" Dingen aus Namibias Natur. Hier findet man Schwemmholz, Gräser, getrocknete Beeren und Früchte, Rinde, Stachelschweinborsten, diverse Wurzeln, Muscheln, Samenkapseln und - Sand. Wieder einen Raum weiter befindet sich ein Ausstellungsraum. Da hängen Mobiles, Spiegel, Kerzenhalter, Kleiderhaken, Windspiele, Zierbäumchen aus Holz und alle möglichen Figuren. Verstehen kann man den Weg von den Kartons mit den nutzlosen Dingen hin zu ganz eigener Kunst nur, wenn man mit Barbara und Christian Kreitz eine Weile in der Werkstatt verbringt. Hier wird diskutiert, gedreht und gewendet, ausprobiert und irgendwann passen die Teile wie in einem Puzzle zusammen und erhalten einen ganz eigenen Charme. "Erklären kann ich das eigentlich gar nicht so richtig" , wundert sich Frau Kreitz. "Ich kann einfach nicht stillsitzen und so bin ich mein ganzes Leben schon viel spazieren gegangen. Ich hab die erstaunlichsten Dinge gefunden. Namibia ist voll davon, wissen sie, man muß nur genau hinschauen."
Barbara Kreitz (62) ist gelernte Kindergärtnerin. Ihr Mann Christian (72) war lange Jahre Farmverwalter. Anfangs konnte er mit der Sammelleidenschaft seiner Frau nicht viel anfangen, aber irgendwann fand er die Frage "was kann man bloss damit machen?" selber interessant. Und so fingen sie an, aus Teufelskrallen, Mistel-Holzrosen oder Kameldornschoten die ersten Gegenstände zu fertigen. Mit der Zeit entdeckten mehr und mehr Freunde und Bekannte das Talent der Beiden und so wuchs das anfängliche Hobby zu einer Kunstwerkstatt, die mit Materialien aus dem Freundeskreis versorgt wird und mit Schnitzereien von Johannes, dem tauben Farmgehilfen aus Angola. Auf dem Windhoeker Strassenmarkt trafen sie schließlich Susanne Asmussen, die dem Ehepaar die Möglichkeit gab, im Craft Centre auszustellen. Mittlerweile verkaufen sie ihre Stücke in Omaruru im Sand Dragon, in Swakopmund im Moonstone und im Craft Centre in Windhoek.
Thelma Paperworks
Thelma van Rhyn (30) ist studierte Klimatologin und war bis 1999 Projekt-Koordinatorin bei Rössing. Damals wurde ihre Abteilung wegrationalisiert und sie stand plötzlich ohne Job da. Zum Zeitvertreib schenkte ihr eine Freundin ein Buch über das Papiermachen, das schließlich die Grundlage war für eine "verrückte" Geschäftsidee.
Inzwischen hat Thelma eigene Produktionstechniken entwickelt und sich auf die Herstellung von Papier spezialisiert. Ihr Papier besteht aus Abfällen aus dem Reißwolf. Hinzugefügt werden dann Kräuter wie Petersilie, Dill oder Lavendel, Pflanzenteile von Mais, Rosen oder Sonnenblumen und "natürlicher Abfall" wie Elefanten-, Zebra-, Nashorn- oder Giraffen-Dung.
Die verrückte Geschäftsidee wurde ein Knaller. Den Markennamen "Thelmas" hat sie sich in mehreren Ländern schützen lassen, in die sie auch exportiert. Mit der Schreibwarenkette Waltons hat sie einen Vertrag, in Südafrika und den USA kann man ihr Papier kaufen und der Export nach Deutschland steht vor der Tür.
Um der großen Nachfrage nach Kräuterpapier gerecht werden zu können, hat Thelma
inzwischen eigene Anbauflächen bei Omaruru Greens, einer großen Gärtnerei vor Ort. 70 verschiedene Kräuter werden dort nun für sie angepflanzt. Der Dung für ihr Papier, den sie selbst auf umliegenden Farmen einsammelt, stammt hauptsächlich von der Wildfarm Epako.
Die Rezepturen für die Herstellung des Papiers sind Geheimsache. Trotzdem kann der Besucher bei der Produktion zuschauen: Ein Brei, etwa aus Pflanzen und Papier, wird aus einer großen Schüssel auf ein Sieb gefiltert, das auf einen Rahmen gespannt ist. Anschließend wird es in der Sonne getrocknet, schließlich gepresst und geschnitten. "Ich könnte mir natürlich eine Maschine anschaffen, die viel effizienter arbeitet. Aber ich bin einfach rettungslos romantisch. Und im Endeffekt ist das wahrscheinlich der Grund für den Erfolg - die Leute spüren den Unterschied zwischen einer anonymen Maschine und einem ganz individuellen Produkt, in das ich mein Herz stecke", sagt sie lachend.
Die originellen Papierprodukte kann man auch in Windhoek bei Wecke & Voigts an der Independance Avenue kaufen. Demnächst soll auch eine Auswahl an Körperpflegeprodukten auf Kräuterbasis hinzukommen, an deren Entwicklung sie seit kurzem arbeitet.
Tikoloshe Afrika
Kommt man von Karibib in den Ort und passiert die Brücke über das Omaruru Rivier, steht linker Hand eine riesige Giraffe von acht Metern Höhe. Sie ist aus Holz und dient als "Hinweisschild" für die Schnitzerei Tikoloshe Afrika.
Gegründet wurde die Werkstatt von Paul Goldbach, der vor 30 Jahren als Kürschner nach Namibia kam. Immer wieder zog es ihn in dieser Zeit in die Ferne, so auch in das Quellgebiet des Amazonas. Dort traf er auf den Künstler Augustin Rivas und sah ihm wochenlang beim Wurzelschnitzen zu.
Die Idee, ähnliches zu versuchen ließ ihn auch nach seiner Rückkehr nach Namibia nicht mehr los. Als er später die Arbeiten einheimischer Schnitzer aus der Kavango-Region kennenlernte, engagierte er einige von ihnen vom Fleck weg. Inzwischen ist aus dem Hobby ein professionelles Kunsthandwerk geworden. Sieben Schnitzer, alle aus der Kavango-Region, arbeiten heute in Omaruru. Manche von ihnen haben sogar Kunstwettbewerbe gewonnen. "Root Carving" erfordert Spezialkenntnisse, die man über Jahre erlernen und pflegen muss. Das verwendete Holz besteht aus verwitterten, trockenen Wurzeln und Baumstämmen, die teilweise tausende von Jahren alt sind und oft sprichwörtlich "hart wie Eisen". Das Holz wird zumeist in der Halbwüste und in den nördlichen Gebieten Namibias gesammelt. Zum Handgebrauch zählen Messer, aber hauptsächlich werden Hohlmeissel und Gummihämmer eingesetzt. Die mit Abstand meistgebrauchten Maschinen sind Geradeausschleifer, die wie Bohrmaschinen aussehen. Die Wurzelstruktur wird dabei nur so viel bearbeitet, dass sie ihren ursprünglichen Charakter nicht verliert. Jedes Werk ist damit vor allem auch Ausdruck der Fantasie des Schnitzers. Und es entstehen meist kleine Kunstwerke, wie etwa ein knorriges Warzenschwein, ein sich aus hohen Lüften herabstürzender, vorwitziger Greifvogel, ein verschmitztes Nashorn oder eine stelzige Giraffe.
Die Schnitzereien von Tikoloshe Afrika sind nicht mit der Massenware zu vergleichen, die man auf vielen Märkten Afrikas kaufen kann. Die Arbeiten sind markante Unikate, in die viel Zeit investiert wird - entsprechend hoch sind auch die Preise.
Neben der Werkstatt und den Ausstellungsräumen in Omaruru gibt es in Werke von Tikoloshe im Craft Centre und in der Post Street Fußgängerzone in Windhoek zu sehen, auf der Fingerklip Lodge, in Outjo bei Africa Curio Import & Export, in Karibib bei Leonid MInerals und der Swakopmunder Hobby Horse Art Gallery.
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Allgemeine Zeitung
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