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Vertraut, bemitleidet, betrogen

Ihre Gutgläubigkeit wurde jetzt mehreren Windhoekern zum Verhängnis: Sie sind auf den vermeintlichen Betrüger Werner Kaderli, Chef der Firma Up To Date Accounting Services, hereingefallen und haben teils bis zu N$ 1,1 Mio. verloren.

Kopfschüttelnd blättert Frau Zoehl* in ihren Papieren, die mehrere Ordner füllen, und will nicht glauben, dass sie Opfer eines großen Schwindels war. Genauer: Opfer von Werner Kaderli, Schweizer Staatsbürger mit Daueraufenthaltsgenehmigung für Namibia, der jahrelang in Windhoek die Firma Up To Date Accounting Services betrieb. Den ersten Kontakt mit ihm hatte sie vor sechs Jahren. Damals suchte sie eine Firma, welche ihre Haus- und Immobilienverwaltung inklusive Steuergeschäfte bearbeitet. Schnell wurde sie sich mit Kaderli vertragseinig. Der Unternehmer hatte Zugang zu dem Konto, auf dem Mieten eingingen und von dem Zahlungen getätigt werden sollten, sowie zum Postfach von Frau Zoehl. "Ich bekam jeden Monat eine tadellose Abrechnung und war zufrieden", erinnert sie sich.


Im September 2001 kam Kaderli zu ihr und bat um Geld. Seine Frau habe in Sambia einen Unfall gehabt, nun müsse er u.a. für die medizinischen Behandlungskosten aufkommen. Frau Zoehl lieh ihm N$ 300000 und bekam dafür das Versprechen, dass Kaderli das Geld zurückzahle, sobald er seine Lebensversicherung aufgelöst habe. "Alles sah so ehrlich aus", sagt sie, wenngleich sie schon damals vom Bankmanager Kaderlis gewarnt wurde. Dieser würde sein Geld verspielen, sagte der Finanzer. "Ich wollte es nicht glauben. Schließlich hatte ich ihm das Geld versprochen, und es fiel mir schwer nein zu sagen", so Frau Zoehl. Anfang dieses Jahres wurde sie dennoch skeptisch und verlangte die völlige Kontrolle über ihr Postfach sowie Konto.


Im Juni kam sie dann dahinter, dass Kaderli seinem Auftrag in keinster Weise nachkam. Genauer: Er bezahlte die fälligen Rechnungen nicht und fing die Mahnungen ab, indem er bei den Institutionen und Behörden sein eigenes Postfach angab. "Das ist Betrug", stellte Frau Zoehl fest und holte sich Rat beim Rechtsanwalt. Der empfahl eine Anzeige bei der Polizei. Gesagt, getan. Daraufhin fuhren die Beamten ins Kalahari Sands Hotel - wo Kaderli inzwischen wohnte -, traf diesen aber nicht an. Als Kaderli später im Hotel erfuhr, dass die Polizei ihn suche, setzte er sich ab - in die Schweiz.


Die Akten im Büro von Kaderli offenbarten das Ausmaß des Betruges. Auch für Frau Zoehl. Bei der Stadtverwaltung hatte sie plötzlich Außenstände von rund N$ 86000, dem Finanzamt schuldete sie N$ 740000 - seit 1999 waren keine Steuern mehr bezahlt worden. Auch Mieteinnahmen hat Kaderli unterschlagen. Die offenen Rechnungen hat sie inzwischen beglichen - quasi zum zweiten Mal. Insgesamt hat Kaderli bei Frau Zoehl also mindestens 1,1 Millionen Namibia-Dollar abgezockt. "Ich weiß noch nicht, was an Zinsen und Strafe wegen der verspäteten Bezahlung auf mich zukommt", sagt sie.


Die Masche von Kaderli zieht sich wie ein roter Faden auch durch die Geschichten anderer Betroffener. Einerseits steckte er das ihm anvertraute Geld zur Bezahlung von Rechnungen in die eigene Tasche, andererseits zahlte er geliehenes Geld nicht zurück. Auch der Unternehmer Rust* bekam das zu spüren. Er arbeitete sechs Jahre mit Kaderli zusammen, bis dieser auch bei ihm anklopfte und um Bares bat. "Ich habe ihm N$ 100000 geliehen - mit Vertrag, Verzinsung und monatlicher Rückzahlung", erinnert sich Herr Rust.


"Das ging bis Juni 2001 gut, dann brauchte er Geld nach dem Unfall seiner Frau in Sambia. Wir haben vereinbart, dass er mit der Rückzahlung bis Ende des Jahres aussetzt." Im September 2001 stand Kaderli dann unerwartet im Büro von Rust und flehte um weitere N$ 100000. "Er sagte, dass ihn die Mafia verfolge und ihn fertigmachen werde, sofern er nicht zahle", so der Unternehmer, der ihm schließlich N$ 50000 gab. Eine Rückzahlung wurde bis Juni 2002 schriftlich vereinbart. Doch dazu kam es nicht mehr. Als Rust seine Unterlagen aus dem Büro Kaderlis holte, stellte er fest, dass seine Steuersachen von 1999 und 2000 nie bearbeitet wurden. Der Gesamtschaden in diesem Fall: rund N$ 150000.


Der Unternehmer kam über Umwege an die Telefonnummer von Kaderli. "Zu diesem Zeitpunkt war er im Kanton St. Gallen. Ich hatte ihn an der Leitung und habe ein paar Sätze gesprochen, doch er hat gleich aufgelegt", so Rust, dessen Hoffnungen auf sein Geld immer mehr schwinden. "Ich hörte vor zwei Jahren das erste Mal, dass er spielt und habe das nicht richtig ernst genommen. Inzwischen habe ich begriffen, dass es sinnlos ist, sich um das verlorene Geld Gedanken zu machen - er hat es sicher komplett verspielt."


Werner Kaderli war auch für die AZ nicht zu sprechen. Bei einem Anruf unter der Telefonnummer - bei der ihn Unternehmer Rust für einige Momente an der Strippe hatte - meldete sich lediglich seine Mutter. Sie wisse weder, wo sich ihr Sohn aufhalte, noch eine Adresse oder andere Telefonnummer von ihm. Der Bitte um Rückmeldung wolle sie aber nachkommen: "Wenn ich ihn irgendwann mal sehe, werde ich es ihm ausrichten."


Nicht immer zockte Kaderli große Summen ab, manchmal waren es auch kleinere Beträge. "Er war auf jeden Fall ein guter Buchhalter, ich habe keinen direkten Verlust gemacht ", schätzt ein weiterer Unternehmer - der ebenfalls anonym bleiben möchte - ein. Dieser habe Kaderli keine Kontovollmacht gegeben, wurde aber auch angebettelt. "Ich habe ihm privat Geld geliehen, welches er zu 90 Prozent zurückgezahlt hat. Allerdings musste ich machmal Druck machen." Die ausstehenden N$ 3500 indes glaubt er nicht mehr wiederzusehen. "Das habe ich abgeschrieben", sagt er.


Die Enttäuschung und Wut bei den Geschädigten ist groß. "Der Mensch muss hinter Gitter", sagt Frau Zoehl. Doch das wird nicht so einfach sein. Zwischen Namibia und der Schweiz bestehe keine Auslieferungsabkommen, meint Robert Müller, Generalkonsul der Schweiz in Kapstadt, auf AZ-Anfrage. Und: "Über die Möglichkeiten einer allfälligen Strafverfolgung unseres Landsmannes können die Geschädigten Rat von Anwälten einholen und ggf. deren Beistand zur Durchführung eines Justizverfahrens in Anspruch nehmen." Der in Windhoek ansässige Honorarkonsul Kurt Neuenschwander ergänzt aus einer Sicht: "Wenn die Kläger clever sind, reichen sie eine Sammelklage in der Schweiz ein und stellen dort jemanden an, der den Fall betreut."


Die Betrogenen indes müssen den Verlust verkraften und auch mit einer gewissen Teilschuld leben. Wie Frau Zoehl. "Ich hätte mir alle Quittungen und Belege zeigen lassen sollen, das habe ich versäumt. Jetzt hinterfrage ich wirklich alles; es ist nicht schön, mit diesem Gefühl zu leben."


Stefan Fischer


(* Die Namen wurden von der Redaktion auf Wunsch der Betroffenen mit Pseudonymen ersetzt.)

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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