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Vertrieben von geliebter Erde (Folge 11)

Mit der freundlicher Genehmigung der Gondwana Collection, im Besonderen Mannfred Goldbeck und Sven-Eric Stender, veröffentlicht die Allgemeine Zeitung an dieser Stelle das Büchlein „Vertrieben von geliebter Erde“. Es geht dabei um die Geschichte Deutscher Siedler im Süden Namibias zwischen Kolonialkrieg und dem Ersten Weltkrieg. Dabei steht das Leben der Brüder Alfons und Stephan Schandel im Hintergrund, die die Farm Karios am Fischfluss Canyon gründeten. Der erste der Schanderl-Brüder, der das Nahen der feindlichen Truppen zu spüren bekommt, ist Hans. Als „II. Stationsleiter“ in Lüderitz arbeitet er wochenlang daran, die Zivilbevölkerung zu evakuieren. Nur wenige Tage vor der Besetzung durch die Südafrikaner verlässt er Lüderitz und fährt nach Keetmanshoop, wo er sich zur Schutztruppe meldet. Hans wird kurz ausgebildet und einer Einheit zugeteilt, die zunächst in Keetmanshoop bleibt, um sich dann nach Norden zurück zu ziehen. Alfons dagegen ist mit seiner Einheit, der 4. Ersatzkompanie, zur Sicherung des Hinterlandes in Keetmanshoop stationiert. Um die von Lüderitz aus anrückenden Südafrikaner aufzuhalten, errichtet die Schutztruppe in Aus Schanzen. Doch angesichts der drückenden Übermacht muss der Ort bald geräumt werden – genauso wie etwas später Keetmanshoop. Alfons wird nach Windhoek beordert. Kaum dort angelangt, erhält die 4. Ersatzkompanie schon wieder Marschbefehl: Ab nach Rehoboth, so schnell es geht, denn die Baster scheinen sich erheben zu wollen. Am 18. April trifft die Kompanie dort ein. Mehrere hundert Aufständische haben sich in den Bergen verschanzt. Am 23. April gehen die ersten Meldungen ein, dass bewaffnete Baster deutsche Soldaten und Farmer getötet hätten. Zwei Tage später, am Abend des 25. April, brechen Alfons und seine Kameraden im Verbund mit der 5. Reservekompanie in Richtung Südwesten auf. Über Neuras geht es zum Kam-Rivier, das sie nach kleineren Scharmützeln am 29. April erreichen. Nach rund 80 Kilometern Marsch ist Alfons froh, dass er ein paar Tage in Klein Aub ausruhen kann. Doch es ist die Ruhe vor dem Sturm: Am 3. Mai stößt die 4. Reservekompanie als Verstärkung zu ihnen, tags darauf findet das erste größere Gefecht statt. Am 7. Mai werden Alfons und die anderen Männer in Alarmbereitschaft versetzt: Eine Patrouille hat bei Sam-Khubis, nördlich von Klein Aub, einen 700 bis 800 Mann starken Verband der Baster gesichtet. Für den nächsten Morgen wird der Angriff geplant. Der größte Teil der 4. Ersatzkompanie bleibt zur Bedeckung der Ausrüstung in Klein Aub zurück; Alfons ist jedoch in dem Zug, der den Angriff auf die Baster unterstützen soll. Unruhig wälzt er sich auf seinem Lager hin und her. Er hat wieder Herzklopfen. Wie damals, in jener Nacht auf der „Gertrud Woermann“, kurz bevor das Schiff von den verhängnisvollen Stößen erschüttert wurde... Um 2.00 Uhr morgens werden die Männer geweckt. Rasch wird zusammen gepackt, dann rücken die Einheiten ab. Bei Morgengrauen haben sie ihre Stellungen auf einem Hügel am Rande des felsigen Geländes erreicht. Später heißt es in einem Kriegsbericht: „Diesmal verteidigte der Gegner nicht nur seine geschickt angelegten Schanzen hartnäckig, sondern setzte sich auch, nachdem er daraus hinausgeworfen war, noch mehrmals in dem klippigen Gelände fest, so daß die Deutschen wiederholt stürmen mußten. Erst gegen Abend war der Widerstand der Aufständischen, die zahlreiche Tote zurückgelassen hatten, gebrochen. Aber auch die deutschen Verluste waren nicht gering. Die 4. Reserve Kompanie, deren tatkräftiger Angriff hauptsächlich die Entscheidung gebracht hatte, verlor mit fünf Toten und neun Verwundeten etwa 15 v. H. ihrer Gefechtsstärke.“ – „Außerdem“, so schreibt Hans von Oelhafen in seinem Buch über den Feldzug in Südwest, „war noch ein Reiter der 4. Ersatz-Kompanie verwundet worden.“ Dieser Verwundete ist Alfons: Eine Gewehrkugel triff ihn im Rücken. Doch er hat Glück im Unglück, denn die Kugel streift seine Wirbelsäule nur und verletzt keine inneren Organe. Für seinen Einsatz erhält Alfons später zwei Anerkennungen: Das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Verwundeten-Abzeichen. In Südwestafrika werden etwa 230 Personen für Verdienste während des Krieges mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet; hinzu kommen wohl noch mehrere hundert, die den Orden nach ihrer Rückkehr in Deutschland erhalten. Mit der Verwundung ist der Krieg für Alfons vorbei. Nachdem die Baster geschlagen sind, macht sich die Truppe sofort auf den Rückweg nach Rehoboth, wo sie am 11. Mai eintrifft. Denn die Südafrikaner, so heißt es, rücken bereits auf Windhoek vor und drohen damit einen Keil in die deutschen Verteidigungslinien zu treiben. In fieberhafter Eile verladen die Soldaten Ausrüstung, Waffen, Pferde und die Verwundeten in den bereit stehenden Zug. Doch zu spät: 40 Kilometer südlich von Windhoek ist Endstation. Ein Teil der Einheit versucht noch, nach Osten auszu­weichen und sich zu den anderen deutschen Truppen am Waterberg durch­zuschlagen, wird aber bei Seeis von einem südafrikanischen Verband gestellt. Alfons bleibt wahrscheinlich im Zug zurück und wird als Gefangener ins Militärkrankenhaus nach Windhoek gebracht. Dort behandeln ihn Ärzte der Unions­truppen. Als er wiederhergestellt ist, wird er über Swakopmund und Kap­stadt ins Internierungslager Kimberley transportiert. Dort sind insgesamt etwa 1.000 Soldaten und Zivilisten in Blech­häusern untergebracht, in denen sonst die Bergleute wohnen. Hans-Dietrich Moldzio, ein Leidensgenosse, erzählt später in seinen Erinnerungen, dass es sehr kalte Tage gegeben habe und in einer Nacht sogar zehn Zentimeter Schnee gefallen seien. Doch die Zeit im Lager ist bald vorbei, denn am 9. Juli kapituliert die Schutztruppe bei Khorab nördlich von Otavi. Im August fahren Alfons und die anderen Gefangenen per Zug nach Kapstadt. Unterwegs, so Mold­zio, halten sie neben einem Mili­tärzug mit südafrikanischen Soldaten, die aus Südwestafrika zurück kehren. Ein Wort gibt das andere, und schon ist eine wilde Schlacht mit Apfelsinen und anderen werfbaren Gegenständen im Gange... Von Kapstadt werden die Gefangenen über Lüderitz nach Aus gebracht, wo die aktiven Soldaten interniert und die Reservisten entlassen werden. In Keetmanshoop wird Alfons ein Wagen zur Verfügung gestellt, mit dem er auf seine Farm zurück kehren kann. Mit klopfendem Herzen fährt er durch das Tor. Als er beim Haus ankommt, haben sich seine Befürchtungen bewahrheitet: Die Farm wurde geplündert. Kein Schaf, keine Ziege und kein Pferd mehr da, viele Anlagen kaputt, das Haus aufgebrochen und viele Wertsachen und Werkzeuge gestohlen. Aber noch schlimmer als der Verlust ist die bohrende Frage: Was ist aus Stephan, was aus Hans geworden? Und wie geht es den Lieben daheim in Deutschland, wo der Krieg noch tobt? Von Hans erhält Alfons bald Nachricht: Er hat den Rückzug der Schutztruppe nach Norden mitgemacht, bis hin zur Kapitulation von Khorab. Bereits im Juli ist er als nicht-aktiver Soldat entlassen worden, und seitdem schlägt er sich mit Arbeit auf verschiedenen Farmen durch, darunter Bysteek, Kowas und Schlangenkopf. Auch Stephan ist wohlauf. Allerdings kehrt er erst Anfang Oktober zurück. Aber – Gott sei Dank – haben alle drei Brüder den Krieg lebend überstanden...

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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