Vertrieben von geliebter Erde Folge 19
Mit neuem Mut richtet Alfons am 22. Januar 1921 einen Bittbrief an den neuen Administrator. Er zitiert Premierminister Smuts, der in seiner Windhoeker Rede in Aussicht gestellt habe, dass brauchbare ausgewiesene Farmer (die zurückkehren wollen) mit Wohlwollen behandelt werden sollen. Um ihre Brauchbarkeit zu unterstreichen, zählt Alfons auf, was er und sein Bruder in elf Jahren Arbeit – trotz der Kriegsfolgen – aus dem trockenen Stück Land alles gemacht hätten. Und fügt hinzu: „Seit der Ausweisung liegt dieser schöne geordnete Betrieb – welcher so mühsam aufgebaut wurde – öde u. herrenlos dem Verfalle preisgegeben – dabei stehe ich noch in einem Alter von 43 Jahren (mein Bruder 35 J. alt), um diesen Betrieb nochmals aufzurichten, zum eigenen u. allgemeinen Nutzen.“ Und im Mai appelliert Alfons in einem zweiten Brief auch an das Mitgefühl des Administrators: „Nachdem [wir, d. Verf.] 16 Jahre für ein Land geblutet, geschwitzt und gearbeitet haben, fühlt man sich als Angehöriger des Landes u. man hängt mit Leib u. Seele daran. Hier in Deutschland hängt man in der Luft. Was soll man hier beginnen – nach langer Abwesenheit paßt man unmöglich in die hiesigen Verhältnisse. Sind wir wirklich Verbrecher oder eine Gefahr für ein Land, welchem wir alles gegeben haben?“
Doch das Rückkehrgesuch wird erneut abgelehnt – trotz der leichten Wende in der Politik gegenüber den Deutschen und trotz der Faktenlage in ihrem speziellen Fall. Die Behörden in Südwestafrika befolgen offenbar noch immer die Richtlinie, ausgewiesenen Deutschen nur im absoluten Ausnahmefall die Wiedereinreise zu gestatten. Denn Premierminister Jan Smuts arbeitet nach wie vor auf das Ziel hin, Südwestafrika der Südafrikanischen Union einzuverleiben. 1924 schließt er nach Geheimverhandlungen mit der Regierung der Weimarer Republik ein Abkommen, das den Deutschen im Mandatsgebiet zusätzlich zu ihrer deutschen die südafrikanische Staatsangehörigkeit verleiht, sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen. Nachdem das neue Einbürgerungsgesetz im Januar 1925 in Kraft tritt und in dem zuvor geschlossenen Abkommen betont wird, dass deutsche Einwanderer erwünscht seien, nimmt die Zahl der Einwanderer aus Deutschland zu: „Mit jedem Dampfer kamen Dutzende deutscher Handwerker und zukünftige Farmer, die die Absicht hatten, Land zu erwerben“, schreibt der Autor Hermann Hoffmann in seinem Buch über Südwestafrika zwischen 1914 und 1925.
Nach dem abschlägigen Bescheid aus Südwestafrika im Juli 1921 hält es Alfons und Stephan nicht mehr in Deutschland. Sie wandern wieder aus, diesmal nach Argentinien. Doch selbst von dort aus schicken sie in den folgenden Jahren weitere Rückkehrgesuche nach Windhoek. Dass sie sich in Argentinien offenbar nicht heimisch fühlen, geht aus einem Bittbrief hervor, den ihr ehemaliger „Nachbar“-Farmer von Farm Eppenau bei Seeheim, Ludwig Eppenauer, 1923 an den Administrator richtet: „Die Gebrüder Schanderl leben seit einigen Jahren im südamerikanischen Urwald, und es ist ihr Herzenswunsch, nicht in Südamerika zu sterben, sondern auf ihrer Farm Karious im Distrikt Warmbad. (...) Ihr ganzes Herz hängt an diesem Stück Land.“ Eppenauer schildert die Entwicklung der Farm seit Ausweisung der Brüder als steten Niedergang. Zwei Jahre lang habe eine Buren-Familie die Farm gepachtet, dem Nachfolger sei das ganze Vieh gestohlen worden, und schließlich sei aufgrund der Dürre das Land nicht mehr verpachtet worden und bringe nun auch dem Staat keine Einnahmen mehr. Sein Fazit: Die Schanderls seien die einzigen, die die Farm wieder aufrichten könnten.
Alfons und Stephan haben dem Farmer Greeff bereits 1920 die Handlungsvollmacht entzogen und statt dessen Eppenauer übertragen. Vielleicht erweist es sich als Fehler, dass sie keinen professionellen Anwalt einschalten, der ihre Interessen vor Ort vertritt. Denn es gibt Anwälte, die zur Zeit der Ausweisungen sehr energisch auftreten, gut beraten und in Einzelfällen sogar durchzusetzen scheinen, dass ihre Mandanten Aufschub erhalten oder sogar im Land bleiben können. Ein guter Anwalt hätte sicherlich auch rascher darauf gedrängt, die wirklichen Gründe der Ausweisung heraus zu bekommen, und das Ergebnis der Untersuchung gegen Wentzel dazu genutzt, den Fall der Schanderls als Ausnahme zu deklarieren und so ihre Rückkehr zu erwirken.
So jedoch macht auch das Bittgesuch von Eppenauer keinen Eindruck auf den Administrator. Zwei weitere Jahre vergehen. Am 15. Januar 1925 tritt das Einbürgerungsgesetz in Kraft. Alfons und Stephan schicken nochmals einen Bittbrief nach Windhoek: Obwohl keines Verbrechens schuldig außer vielleicht, Deutsche zu sein, seien sie innerhalb kürzester Frist ausgewiesen worden. Nun, da der Krieg doch lang zurück liege und die Stimmung gegenüber Deutschen wieder freundlicher geworden sei, wollten sie darum bitten, ihnen endlich wieder zu erlauben, auf ihre Farm zurück zu kehren.
Im August 1925 kommt schließlich die ersehnte Antwort aus Südwestafrika. Das Büro des Administrators in Windhoek schreibt Alfons und Stephan in Argentinien, „dass es Seiner Exzellenz dem Administrator, kraft den ihm durch Paragraph 21(1) der Einwanderungs-Regulierungs-Proklamation 1924 verliehenen Vollmachten, gefallen hat, Sie von der Wirkung der Bestimmungen des Unterabsatzes i des Absatzes (1) des Paragraphen eins der besagten Proklamation zu befreien. Infolgedessen werden Sie nicht mehr, was Ihre Ausweisung aus diesem Lande in 1919 betrifft, als unerwünschte Einwanderer betrachtet...“
Gondwana History, Geschichte, Schutztruppe, Deutsch-Südwestafrika, Gertrud Woermann II, Alfons und Stephan Schanderl, Farm Karios
Doch das Rückkehrgesuch wird erneut abgelehnt – trotz der leichten Wende in der Politik gegenüber den Deutschen und trotz der Faktenlage in ihrem speziellen Fall. Die Behörden in Südwestafrika befolgen offenbar noch immer die Richtlinie, ausgewiesenen Deutschen nur im absoluten Ausnahmefall die Wiedereinreise zu gestatten. Denn Premierminister Jan Smuts arbeitet nach wie vor auf das Ziel hin, Südwestafrika der Südafrikanischen Union einzuverleiben. 1924 schließt er nach Geheimverhandlungen mit der Regierung der Weimarer Republik ein Abkommen, das den Deutschen im Mandatsgebiet zusätzlich zu ihrer deutschen die südafrikanische Staatsangehörigkeit verleiht, sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen. Nachdem das neue Einbürgerungsgesetz im Januar 1925 in Kraft tritt und in dem zuvor geschlossenen Abkommen betont wird, dass deutsche Einwanderer erwünscht seien, nimmt die Zahl der Einwanderer aus Deutschland zu: „Mit jedem Dampfer kamen Dutzende deutscher Handwerker und zukünftige Farmer, die die Absicht hatten, Land zu erwerben“, schreibt der Autor Hermann Hoffmann in seinem Buch über Südwestafrika zwischen 1914 und 1925.
Nach dem abschlägigen Bescheid aus Südwestafrika im Juli 1921 hält es Alfons und Stephan nicht mehr in Deutschland. Sie wandern wieder aus, diesmal nach Argentinien. Doch selbst von dort aus schicken sie in den folgenden Jahren weitere Rückkehrgesuche nach Windhoek. Dass sie sich in Argentinien offenbar nicht heimisch fühlen, geht aus einem Bittbrief hervor, den ihr ehemaliger „Nachbar“-Farmer von Farm Eppenau bei Seeheim, Ludwig Eppenauer, 1923 an den Administrator richtet: „Die Gebrüder Schanderl leben seit einigen Jahren im südamerikanischen Urwald, und es ist ihr Herzenswunsch, nicht in Südamerika zu sterben, sondern auf ihrer Farm Karious im Distrikt Warmbad. (...) Ihr ganzes Herz hängt an diesem Stück Land.“ Eppenauer schildert die Entwicklung der Farm seit Ausweisung der Brüder als steten Niedergang. Zwei Jahre lang habe eine Buren-Familie die Farm gepachtet, dem Nachfolger sei das ganze Vieh gestohlen worden, und schließlich sei aufgrund der Dürre das Land nicht mehr verpachtet worden und bringe nun auch dem Staat keine Einnahmen mehr. Sein Fazit: Die Schanderls seien die einzigen, die die Farm wieder aufrichten könnten.
Alfons und Stephan haben dem Farmer Greeff bereits 1920 die Handlungsvollmacht entzogen und statt dessen Eppenauer übertragen. Vielleicht erweist es sich als Fehler, dass sie keinen professionellen Anwalt einschalten, der ihre Interessen vor Ort vertritt. Denn es gibt Anwälte, die zur Zeit der Ausweisungen sehr energisch auftreten, gut beraten und in Einzelfällen sogar durchzusetzen scheinen, dass ihre Mandanten Aufschub erhalten oder sogar im Land bleiben können. Ein guter Anwalt hätte sicherlich auch rascher darauf gedrängt, die wirklichen Gründe der Ausweisung heraus zu bekommen, und das Ergebnis der Untersuchung gegen Wentzel dazu genutzt, den Fall der Schanderls als Ausnahme zu deklarieren und so ihre Rückkehr zu erwirken.
So jedoch macht auch das Bittgesuch von Eppenauer keinen Eindruck auf den Administrator. Zwei weitere Jahre vergehen. Am 15. Januar 1925 tritt das Einbürgerungsgesetz in Kraft. Alfons und Stephan schicken nochmals einen Bittbrief nach Windhoek: Obwohl keines Verbrechens schuldig außer vielleicht, Deutsche zu sein, seien sie innerhalb kürzester Frist ausgewiesen worden. Nun, da der Krieg doch lang zurück liege und die Stimmung gegenüber Deutschen wieder freundlicher geworden sei, wollten sie darum bitten, ihnen endlich wieder zu erlauben, auf ihre Farm zurück zu kehren.
Im August 1925 kommt schließlich die ersehnte Antwort aus Südwestafrika. Das Büro des Administrators in Windhoek schreibt Alfons und Stephan in Argentinien, „dass es Seiner Exzellenz dem Administrator, kraft den ihm durch Paragraph 21(1) der Einwanderungs-Regulierungs-Proklamation 1924 verliehenen Vollmachten, gefallen hat, Sie von der Wirkung der Bestimmungen des Unterabsatzes i des Absatzes (1) des Paragraphen eins der besagten Proklamation zu befreien. Infolgedessen werden Sie nicht mehr, was Ihre Ausweisung aus diesem Lande in 1919 betrifft, als unerwünschte Einwanderer betrachtet...“
Gondwana History, Geschichte, Schutztruppe, Deutsch-Südwestafrika, Gertrud Woermann II, Alfons und Stephan Schanderl, Farm Karios
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Allgemeine Zeitung
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