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Vertrieben von geliebter Erde (Folge 9)

Ein Stück Wüste wird zur Oase, Teil 2 Mit der freundlicher Genehmigung der Gondwana Collection, im Besonderen Mannfred Goldbeck und Sven-Eric Stender, veröffentlicht die Allgemeine Zeitung an dieser Stelle das Büchlein „Vertrieben von geliebter Erde“. Es geht dabei um die Geschichte Deutscher Siedler im Süden Namibias zwischen Kolonialkrieg und dem Ersten Weltkrieg. Dabei steht das Leben der Brüder Alfons und Stephan Schandel im Hintergrund, die die Farm Karios am Fischfluss Canyon gründeten. Dass die Schanderls nicht am schnellen Geld interessiert sind, sondern sich ihre Existenz mit harter Arbeit aufbauen wollen, zeigt sich spätestens im April 1908, als bei Kolmanskuppe in der Nähe von Lüderitz Diamanten gefunden werden: Weder Alfons noch der gerade ins Land gekommene Stephan denken offenbar auch nur eine Sekunde daran, dort ihr Glück zu versuchen. 1909 erreicht der Diamantenrausch auch ihre Gegend: Ein südafrikanischer Prospektor behauptet, bei Holoog Vorkommen entdeckt zu haben. Die Nachricht schlägt ein wie eine Bombe. Nachdem das Reichskolonialamt im September 1908 die Gegend südlich und östlich von Lüderitz zum Sperrgebiet erklärt hat, sind viele zu spät gekommene Glücksritter sehr empfänglich für jedes Gerücht über Diamantenfunde andernorts. Doch rasch stellen sich die Holoog-Funde als Betrug heraus. Alfons und Stephan lassen sich nicht beirren. Tagein, tagaus kümmern sie sich um die Tiere und ihren Garten. Schon bald können sie die ersten Früchte ihrer harten Arbeit ernten: Einmal die Woche liefern sie frisches Gemüse nach Keetmanshoop sowie an Polizei- und Bahnstationen. Ihre Herden werden nach und nach größer, so dass sie auch aus dem Verkauf von Rindern, Schafen und Ziegen erste Einnahmen erzielen. Aber es gibt auch Rückschläge: 1911 dezimiert eine Rinderkrankheit ihre Herde. In harten Zeiten geht Alfons nach „Keetmanshoop, wo er zeitweise arbeitete, um die finanziellen Lasten besser meistern zu können, indes Stephan dann allein die Farm leitete“, so Elisabeth später. Jahrelang leben sie im Zelt. Dann bauen sie nach und nach ein Farmhaus, das schließlich aus acht Zimmern besteht. Die Basis bilden behauene Felsbrocken, die Mauern werden aus Lehmziegeln hochgezogen und mit Kalk verputzt. Den Kalk erhalten die beiden übrigens von Holoog, wo ein aus Lehmziegeln errichteter Kalkofen betrieben wird: Holz und Blaukalk oder Dolomit schichtet man in Lagen wechselweise aufeinander, dann setzt man das Holz in Brand und schließt die Tür. In der Gluthitze wird das Dolomitgestein zu Kalk. Wichtig ist die Nähe zum Rivier – wegen verfügbaren Holzes und Wassers – und die Nähe zur Eisenbahn wegen des Transportes. Alfons und Stephan errichten ein Haus, das seiner soliden Konstruktion nach zu urteilen für ein ganzes Leben gedacht ist – und das in der Tat bis heute steht, denn darin sind jetzt Rezeption und Restaurant der Cañon Lodge untergebracht. Wie stolz die beiden Brüder auf ihr Domizil sind, verrät ein Foto, das sie als Postkarte an ihre Lieben daheim schicken. „Anbei Villa Fratelli Schanderl bello e magnifizo“, steht in verballhorntem Italienisch auf der Rückseite – als wollten sie mit diesem ironischen Augenzwinkern vermeiden, dass ihr Stolz als Prahlerei missverstanden werden könnte. Das Foto zeugt zugleich davon, dass Alfons und Stephan – so glücklich sie auch in ihrer neuen Heimat sind – noch heimatliche Gefühle für ihren oberbayrischen Geburtsort empfinden, denn die Bauweise ist typisch für Häuser Margarethenbergs in der damaligen Zeit. Auch der Dachfirstschmuck geht auf einen Brauch der Heimat zurück: Ein stilisiertes Bett signalisiert, dass der Hausherr noch nicht verheiratet ist und auf eine Ehefrau wartet. Im August 1912 kommt auch der ältere Bruder Johannes, in der Familie nur kurz Hans genannt, nach Südwestafrika. Er bringt ein Mädchen mit, das Betty Metz heißt und aus München stammt. Vermutlich ist es ein uneheliches Kind, für das Hans sorgt. Mehr als ein Jahr lang leben er und Betty auf Karios. Dann tritt Hans in Lüderitz eine Stelle als Eisenbahnoberassistent an. Betty kommt während dessen nach Aus in die deutsche Internatsschule. Wann immer er kann, besucht Hans seine Brüder. Auch seine Post lässt er sich weiterhin zur Bahn­station Klein Karas schicken, wo auch Alfons und Stephan postalisch gemeldet sind. Er liebe die Natur, stellt seine Schwester Elisabeth später fest, und interessiere sich vor allem für Botanik und Astronomie. Auch Alfons und Stephan sind Naturmenschen – sie sammeln Steine und Pflanzen der Umgebung und erstellen daraus ein kleines „Museum“. Über den gefallenen Regen führen sie akribisch genau Buch. Alfons ist wohl auch ein guter Jäger. Elisabeth erinnert sich daran, dass er ihr viele Jagdabenteuer erzählt habe, die ganze Bände füllen würden. Im Laufe des Jahres 1912 gibt es neuen Ärger mit den Behörden. Offensichtlich hat sich bei der genauen Vermessung der Farm heraus gestellt, dass das Gebiet 5412 ha größer ist als vorgesehen. Alfons will das überschüssige Land zu den günstigen Bedin­gun­gen des ursprünglichen Kaufvertrages hinzu­kau­fen und argumentiert mit einem Vertrags­passus, der dies für den Fall vorsieht, dass die Farm aufgrund der Vermessung „vergrößert“ wird. Vor der Genehmigung fordert das Gouvernement vom neuerdings zuständigen Bezirksamt Warmbad einen Bericht über den aktuellen Zustand des Farm­betriebes an. Der dortige Bezirksamtmann besucht die Brüder und befürwortet den Verkauf der 5412 ha zu den vergünstigten Bedingungen, weil die Farm den Umständen entsprechend mit Vieh bestockt sei und weil 5000 bis 6000 ha ohnehin aus Ödland bestünden. Und er fügt hinzu: „Alfons Schanderl sowie seine 2 Brüder, die zu­sammen die Farm bewirtschaften, sind überaus strebsame und tüchtige Leute, bei denen man von Jahr zu Jahr den Fortschritt auf der Farm bemerken kann. Sie haben jetzt die Absicht Wollschafzucht zu beginnen, können dies jedoch nur, wenn ihnen die Farm zu 15000 ha belassen wird.“ Außerdem, so schließt er sein Plädoyer, sei es eine ungerechte Härte, wenn die Schanderls die Vermessungskosten für 15000 ha bezahlen müssen, während sie nur 10000 ha besitzen. Und so genehmigt das Kaiserliche Gouvernement den Zukauf zum Preis von 0,50 Mark pro Hektar, so dass sich der Gesamtkaufpreis für 15.412 ha auf 7.706 Mark beläuft. Die erste, im Dezember 1908 fällig gewordene Rate erhöht sich damit nachträglich um 270,60 Mark, was Alfons sofort begleicht. Ab Dezember 1914 soll er Jahresraten von 770,60 Mark bezahlen. Die Farm blüht sichtlich auf. Im Jahre 1914 besitzen die Schanderl-Brüder 120 Rinder, 1200 Stück Kleinvieh und 25 Pferde. Die Verluste aus Zeiten der Rinderkrankheit sind wettgemacht, die nötigen Farmanlagen sind zum größten Teil errichtet und der Betrieb wirft allmählich gute Einnahmen ab. Nach sechs Jahren des harten und mühevollen Aufbaus scheinen sie nun wirklich reiche Ernte einfahren zu können. Der Boden ist bereitet für eine neue Heimat der Schanderls auf dem afrikanischen Kontinent... Doch da kommt der nächste Schicksalsschlag. Diesmal ist es nicht die Natur, die den beiden Brüdern in Form von Trockenheit, Schädlingen oder Krankheiten einen Knüppel zwischen die Beine wirft, sondern die große Politik.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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