Vom freien Nachtlager bis an die Staatsspitze
Damals, als wir die Schule verlassen ham, um zu studieren oder in einen Beruf einzutreten, sind die ersten politischen Exilanten nachts weit hinter Gobabis über die Grenze gegangen, um dem Ruf der Befreiung und des Struggle zu folgen. Sie kamen in Britisch-Betschuanaland an, das noch nich unabhängig war. Aber die Winde der Veränderung wehten schon stark über den Kontinent, derweil Hellhäutige hier im weißen Kral der damaligen Zeit von diesen Winden nix verspürt haben. Unser System, das Bleichgesichter vor diesen Winden abgeschirmt hat, hat andere mit kwaiem Tähn ins Ausland vertrieben, weil sie sich mit getrennter Entwicklung, Rassentrennung, Bantustans und Apartheid nich anfreunden konnten, auch wenn sich manche von der weißen Seite noch so viel Mühe gegeben ham, die Ordnung schmackhaft zu machen. Dazu gesagt, es hat auch viele Kräfte gegeben, die ham alles daran gesetzt, selbiges System abstoßend und unschmackhaft zu machen. Am Ende politisch aussichtslos verfahren.
Und so is Hage Gottlieb, der Jüngling aus Otjiwarongo/Otavi, gerade mit einem Lehrerdiplom vom Augustineum ausgestattet und etwas Erfahrung im Lehrberuf an der Grundschule, 1962 ins Exil gegangen, wo die Polizei in Betschuanaland ihn hätte aufgreifen und zurückschicken können. Aber dort waren die Weichen schon auf die Unabhängigkeit gestellt, die 1965 kam, gute 25 Jahre vor Namibia. Fürs Exil war Stehvermögen angesagt, denn wer sich per Anhalter und vuttsam auf Pad gemacht hat und nich wieder abgeschoben wurde, gab´s keine Hotelreservierung, selbst wenn der Wegläufer einen Parteiposten zugesprochen kam.
So berichtete Hage in dieser Woche glaubwürdig, dass er die ersten eineinhalb Jahre in Botswana im Freien unter einer Decke geschlafen habe. Da musst Du Abstriche machen. Wenn es in Botswana regnet - und das kommt in der Kalahari häufiger vor als in der Namib - musst Du wie ein Bergie oder politischer Clochard, Penner, Vagabund und Landstreicher dennoch ein Afdak aufsuchen. Hätt´ er das damals nich getan, wär er heut nich Omupräsidente der Nation und der Partei, die sich für die Größte aller Zeiten hält. Wir können davon ausgehen, dass !Gôahesab Geingob das Kreuz des Südens - im botswanischen Winter nachts fröstelnd und im Sommer von Moskiten umschwärmt - nich so erlebt hat wie die Touris von heut in ihrem Dachcamper-Zelt, aus dem sie über den funkelnden Nachthimmel der südlichen Hemisphäre schwärmen.
Als Hage in die Lebensschule zunächst ohne Salär und Einkommen eingestiegen is, sind seine weißen Zeitgenossen zu den Universitäten nach Südafrika gefahren und hatten, sofern die Leistung ausreichte, eine gesicherte akademische Laufbahn, in der Regel auch ohne Kenntnis oder Interesse, dass schwarze Südwester auf Robben Island saßen und Steine zu behauen hatten. Das Schwarz-Weiß-Thema war höchstens eine irritierende Frage der akademischen Freiheit, weil das Apartheidssystem Anfang der 60-iger Jahre immer noch im Aufbau war, so dass eine Uni entweder weiß oder schwarz, aber auf keinen Fall gemischt sein konnte, was wüst schwer zu verstehen war.
!Gôahesab Hage is jedoch ein Überlebenskünstler vieler Lebenslagen und - wenn er auch nich mit dem goldenen Löffel geboren wurde - so hat er sich den nachträglich beschafft, denn seitdem er zehn Jahre nach seinem Ausstieg aus SWA über Botswana 1972 in New York seinen ersten Job bei der Weltorganisation erhalten hatte, mit einem fürstlichen Monatsgehalt von umgerechnet 50000 N$ im Monat, ging es unaufhaltsam und kontinuierlich aufwärts, wozu wir hier nich die Einzelheiten ausdreschen müssen.
!Gôahesab Geingob und Meme Geingos haben ihr beachtliches Vermögen offengelegt. Anerkennenswert. Jeder soll es ihnen gönnen. Und - dass is für uns wüst wichtig - sie dürften damit unbestechlich sein.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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