Vom Konflikt zur Koexistenz
Auf der Suche nach Maßnahmen für ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Tier
Von Annika Brohm, Windhoek
Stille liegt über dem Farmgebiet nahe Khorixas im Damaraland. Hier und da sind ein paar Hütten zu sehen, die aus Mopane-Ästen, Lehm und Dung gebaut wurden; einige Meter entfernt windet sich eine hohe Schutzmauer um einen Brunnen. Nicht immer ist es so ruhig und friedlich hier: Auf der Suche nach Futter dringen Elefanten teilweise mehrmals wöchentlich in die kleine Siedlung ein, oft hinterlassen sie große Schäden. „Wir haben die Elefanten gerne, aber sie zerstören unsere Sachen“, erzählt eine Farmerin, die gemeinsam mit ihren kleinen Kindern in einer der Hütten lebt. „Die Tiere haben einfach keine Angst vor uns.“ Sie bangt dagegen umso mehr um das Wohl ihrer Kinder. Ihr Mann sei seit einiger Zeit auf der Suche nach Arbeit, sagt sie. Momentan kümmert sie sich allein um den Nachwuchs. Es sind Familien wie diese, die unter den Auswirkungen des Konflikts zwischen Mensch und Tier am meisten leiden.
Umweltminister Pohamba Shifeta ist sich dessen bewusst. „Oft treten die Probleme mit Wildtieren genau dort auf, wo die Betroffenen die Kosten für Schäden und Verluste am wenigsten ausgleichen können“, erzählt er während des Auftakts der Konferenz zum Mensch-Tier-Konflikt in der vergangenen Woche. Der größte Besitz der Farmerin: Ein paar magere Ziegen, die vor der Hütte umherstreifen. Während der Dürre musste sie ihnen Futter geben, der Geruch wirkte auf die Elefanten wie ein Lockmittel. Für diese Farmerin und viele andere ist das Leben mit Nutztieren ein stetiger Balanceakt zwischen Profit und Gefahr.
„Den Konflikt zwischen Mensch und Tier hat es schon immer gegeben. Das wird auch immer so bleiben“, betont Shifeta. Farmer, Tierschützer, Berufsjäger und Politiker aus sämtlichen Regionen des Landes sind zu der Versammlung nach Windhoek gereist, alle eint dasselbe Ziel: Wenn eine endgültige Lösung nicht möglich ist, dann müssen zumindest Schritte zur Entschärfung des Konflikts gefunden werden.
Ein wachsames Auge
Bei N/a’an ku se^ - übersetzt „Gott wacht über uns“ - in der Nähe von Windhoek beschäftigt man sich schon lange mit solchen Lösungsansätzen. Die Organisation hat sich hauptsächlich der Arbeit mit Raubtieren wie Leoparden, Geparden und Hyänen verschrieben. Unterstützt von Seiten des Umweltministeriums hat das N/a’an ku se^-Team rund um Dr. Rudie van Vuuren eine Einheit gebildet, die bei Problemen mit Raubtieren innerhalb von 24 Stunden eingreifen kann. „Wenn uns Farmer um Hilfe rufen, versuchen wir, schnell zu reagieren und gemeinsam mit ihnen eine Lösung zu finden“, erzählt van Vuuren. Er ist einer von vielen Vorreitern, die im Rahmen der Konferenz zeigen wollen, dass es durchaus Hoffnung auf eine Besserung der Situation gibt. Die Umsiedlung der Tiere bezeichnet van Vuuren als „letzten Ausweg“, zuvor sucht er mit den Farmern stets nach Wegen für ein friedliches Zusammenleben.
Eine der möglichen Maßnahmen: Dem Raubtier wird ein GPS-Halsband umgelegt, so dass wertvolle Daten über seine Bewegungsmuster und Verhaltensschemata gesammelt werden können. Das N/a’an ku se^-Team wertet die Befunde täglich aus und bespricht sie anschließend mit dem Farmer. „Es hilft den Farmern sehr, die Bewegungen des Tiers im Grunde auf Schritt und Tritt verfolgen zu können“, erklärt van Vuuren. Mit anderen Wildtieren konnte man dank ähnlicher Ortungssysteme ebenfalls große Erfolge erzielen. So auch Forscher Dr. Philip „Flip“ Stander, der seine Arbeit den Wüstenlöwen in der Kunene-Region widmet. „Es ist wichtig, dass wir die Tiere über einen langen Zeitraum beobachten, kurzfristige Maßnahmen sind vollkommen nutzlos“, erzählt der Löwenforscher bei seinem Vortrag auf der Konferenz. Mithilfe der jahrelang angehäuften Daten können zuverlässige Voraussagen über das Verhalten der Raubtiere getroffen werden. So ist der Mensch dem Tier immer einen Schritt voraus und kann reagieren, noch bevor es zu Schäden oder zum Verlust von Nutztieren kommt.
Auch im Umgang mit Elefanten setzt man nun verstärkt auf Beobachtungsmaßnahmen. Etwa 200 Dickhäuter rund um Kamanjab werden derzeit verfolgt - in der Hoffnung, dass man Gefahren auf diese Weise frühzeitig abwenden und Existenzen wie die der Farmerin aus Khorixas sichern kann. Die Voraussetzung für ein Gelingen: Bei allen Teilen der Bevölkerung muss eine Wissensgrundlage dafür geschaffen werden, wie man die Daten effektiv nutzen kann.
Allzweckwaffe Wissen
Überhaupt ist Wissen im Kampf gegen den Mensch-Tier-Konflikt eine der wichtigsten Waffen, wie Umweltminister Shifeta betont. „Wir müssen die Menschen besser aufklären, so könnten vor allem im Norden des Landes Zwischenfälle verhindert werden“, erklärt Shifeta. Immer wieder kam es in den Flussgebieten in den vergangenen Jahren zu Todesfällen - vor allem Kinder unterschätzen die Gefahr von Wildtieren wie Krokodilen und gehen häufig im Sambesi oder Okavango schwimmen. Mit Hilfe von Informationsmaterialien möchte das Umweltministerium dem Problem zu Leibe rücken, Naturschützer van Vuuren setzt seine Hoffnung dagegen in moderne Technologien. „Durch das Internet und Fernsehen können heutzutage viel mehr Menschen auf Informationen zugreifen“, erklärt er. So könnte es seiner Einschätzung nach zu einem Umdenken kommen - von dem Wunsch, die Macht über die Tiere zu haben, hin zu dem Streben nach einem friedlichen Zusammenleben.
Van Vuurens Hoffnung zeigt, wie widersprüchlich die momentane Entwicklung in mancher Hinsicht ist: Einerseits hat der Lauf der Zeit durch Entwicklungen wie den Klimawandel, die zunehmende Dürre und das Bevölkerungswachstum zur Verschärfung des Konflikts beigetragen; andererseits könnten technische Innovationen dessen Lösung darstellen. Darüber hinaus sollen aber auch „klassische“ Maßnahmen zur Besserung der Situation beitragen. So wird auf der Konferenz unter anderem die Regulierung der Wildtierbestände durch Jagd besprochen; die Entschädigung von Betroffenen ist ebenfalls ein wichtiges Thema.
Der Traum vom friedlichen Zusammenleben
Fernab von Windhoek, auf dem Farmgebiet bei Khorixas, weiß man unterdessen nichts von der Zusammenkunft zum Mensch-Tier-Konflikt. Und doch könnten die Schritte, die im Laufe der drei Tage auf der Konferenz besprochen wurden, das Leben der Farmerin und ihrer Kinder maßgeblich erleichtern. Bei van Vuuren überwiegt nach der Konferenz zumindest der Optimismus. „Das Umweltministerium zeigt sich wirklich sehr bemüht, den Konflikt zu mildern“, erzählt er. Mit der Unterstützung des Staates im Rücken möchte er nun weiter sein erklärtes Ziel anstreben: „Unsere Vision ist ein Namibia, in dem Menschen und Tiere gut und friedlich zusammenleben können.“
Stille liegt über dem Farmgebiet nahe Khorixas im Damaraland. Hier und da sind ein paar Hütten zu sehen, die aus Mopane-Ästen, Lehm und Dung gebaut wurden; einige Meter entfernt windet sich eine hohe Schutzmauer um einen Brunnen. Nicht immer ist es so ruhig und friedlich hier: Auf der Suche nach Futter dringen Elefanten teilweise mehrmals wöchentlich in die kleine Siedlung ein, oft hinterlassen sie große Schäden. „Wir haben die Elefanten gerne, aber sie zerstören unsere Sachen“, erzählt eine Farmerin, die gemeinsam mit ihren kleinen Kindern in einer der Hütten lebt. „Die Tiere haben einfach keine Angst vor uns.“ Sie bangt dagegen umso mehr um das Wohl ihrer Kinder. Ihr Mann sei seit einiger Zeit auf der Suche nach Arbeit, sagt sie. Momentan kümmert sie sich allein um den Nachwuchs. Es sind Familien wie diese, die unter den Auswirkungen des Konflikts zwischen Mensch und Tier am meisten leiden.
Umweltminister Pohamba Shifeta ist sich dessen bewusst. „Oft treten die Probleme mit Wildtieren genau dort auf, wo die Betroffenen die Kosten für Schäden und Verluste am wenigsten ausgleichen können“, erzählt er während des Auftakts der Konferenz zum Mensch-Tier-Konflikt in der vergangenen Woche. Der größte Besitz der Farmerin: Ein paar magere Ziegen, die vor der Hütte umherstreifen. Während der Dürre musste sie ihnen Futter geben, der Geruch wirkte auf die Elefanten wie ein Lockmittel. Für diese Farmerin und viele andere ist das Leben mit Nutztieren ein stetiger Balanceakt zwischen Profit und Gefahr.
„Den Konflikt zwischen Mensch und Tier hat es schon immer gegeben. Das wird auch immer so bleiben“, betont Shifeta. Farmer, Tierschützer, Berufsjäger und Politiker aus sämtlichen Regionen des Landes sind zu der Versammlung nach Windhoek gereist, alle eint dasselbe Ziel: Wenn eine endgültige Lösung nicht möglich ist, dann müssen zumindest Schritte zur Entschärfung des Konflikts gefunden werden.
Ein wachsames Auge
Bei N/a’an ku se^ - übersetzt „Gott wacht über uns“ - in der Nähe von Windhoek beschäftigt man sich schon lange mit solchen Lösungsansätzen. Die Organisation hat sich hauptsächlich der Arbeit mit Raubtieren wie Leoparden, Geparden und Hyänen verschrieben. Unterstützt von Seiten des Umweltministeriums hat das N/a’an ku se^-Team rund um Dr. Rudie van Vuuren eine Einheit gebildet, die bei Problemen mit Raubtieren innerhalb von 24 Stunden eingreifen kann. „Wenn uns Farmer um Hilfe rufen, versuchen wir, schnell zu reagieren und gemeinsam mit ihnen eine Lösung zu finden“, erzählt van Vuuren. Er ist einer von vielen Vorreitern, die im Rahmen der Konferenz zeigen wollen, dass es durchaus Hoffnung auf eine Besserung der Situation gibt. Die Umsiedlung der Tiere bezeichnet van Vuuren als „letzten Ausweg“, zuvor sucht er mit den Farmern stets nach Wegen für ein friedliches Zusammenleben.
Eine der möglichen Maßnahmen: Dem Raubtier wird ein GPS-Halsband umgelegt, so dass wertvolle Daten über seine Bewegungsmuster und Verhaltensschemata gesammelt werden können. Das N/a’an ku se^-Team wertet die Befunde täglich aus und bespricht sie anschließend mit dem Farmer. „Es hilft den Farmern sehr, die Bewegungen des Tiers im Grunde auf Schritt und Tritt verfolgen zu können“, erklärt van Vuuren. Mit anderen Wildtieren konnte man dank ähnlicher Ortungssysteme ebenfalls große Erfolge erzielen. So auch Forscher Dr. Philip „Flip“ Stander, der seine Arbeit den Wüstenlöwen in der Kunene-Region widmet. „Es ist wichtig, dass wir die Tiere über einen langen Zeitraum beobachten, kurzfristige Maßnahmen sind vollkommen nutzlos“, erzählt der Löwenforscher bei seinem Vortrag auf der Konferenz. Mithilfe der jahrelang angehäuften Daten können zuverlässige Voraussagen über das Verhalten der Raubtiere getroffen werden. So ist der Mensch dem Tier immer einen Schritt voraus und kann reagieren, noch bevor es zu Schäden oder zum Verlust von Nutztieren kommt.
Auch im Umgang mit Elefanten setzt man nun verstärkt auf Beobachtungsmaßnahmen. Etwa 200 Dickhäuter rund um Kamanjab werden derzeit verfolgt - in der Hoffnung, dass man Gefahren auf diese Weise frühzeitig abwenden und Existenzen wie die der Farmerin aus Khorixas sichern kann. Die Voraussetzung für ein Gelingen: Bei allen Teilen der Bevölkerung muss eine Wissensgrundlage dafür geschaffen werden, wie man die Daten effektiv nutzen kann.
Allzweckwaffe Wissen
Überhaupt ist Wissen im Kampf gegen den Mensch-Tier-Konflikt eine der wichtigsten Waffen, wie Umweltminister Shifeta betont. „Wir müssen die Menschen besser aufklären, so könnten vor allem im Norden des Landes Zwischenfälle verhindert werden“, erklärt Shifeta. Immer wieder kam es in den Flussgebieten in den vergangenen Jahren zu Todesfällen - vor allem Kinder unterschätzen die Gefahr von Wildtieren wie Krokodilen und gehen häufig im Sambesi oder Okavango schwimmen. Mit Hilfe von Informationsmaterialien möchte das Umweltministerium dem Problem zu Leibe rücken, Naturschützer van Vuuren setzt seine Hoffnung dagegen in moderne Technologien. „Durch das Internet und Fernsehen können heutzutage viel mehr Menschen auf Informationen zugreifen“, erklärt er. So könnte es seiner Einschätzung nach zu einem Umdenken kommen - von dem Wunsch, die Macht über die Tiere zu haben, hin zu dem Streben nach einem friedlichen Zusammenleben.
Van Vuurens Hoffnung zeigt, wie widersprüchlich die momentane Entwicklung in mancher Hinsicht ist: Einerseits hat der Lauf der Zeit durch Entwicklungen wie den Klimawandel, die zunehmende Dürre und das Bevölkerungswachstum zur Verschärfung des Konflikts beigetragen; andererseits könnten technische Innovationen dessen Lösung darstellen. Darüber hinaus sollen aber auch „klassische“ Maßnahmen zur Besserung der Situation beitragen. So wird auf der Konferenz unter anderem die Regulierung der Wildtierbestände durch Jagd besprochen; die Entschädigung von Betroffenen ist ebenfalls ein wichtiges Thema.
Der Traum vom friedlichen Zusammenleben
Fernab von Windhoek, auf dem Farmgebiet bei Khorixas, weiß man unterdessen nichts von der Zusammenkunft zum Mensch-Tier-Konflikt. Und doch könnten die Schritte, die im Laufe der drei Tage auf der Konferenz besprochen wurden, das Leben der Farmerin und ihrer Kinder maßgeblich erleichtern. Bei van Vuuren überwiegt nach der Konferenz zumindest der Optimismus. „Das Umweltministerium zeigt sich wirklich sehr bemüht, den Konflikt zu mildern“, erzählt er. Mit der Unterstützung des Staates im Rücken möchte er nun weiter sein erklärtes Ziel anstreben: „Unsere Vision ist ein Namibia, in dem Menschen und Tiere gut und friedlich zusammenleben können.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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