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Vom magischen Dreieck der Fotografie

Nach und nach trudeln die neun Hobbyfotografen am Freitagabend in der lichtdurchfluteten Fabrikhalle ein, in der sich Tony Figueira sein Studio 77 eingerichtet hat. Tony hat Stühle aufgereiht, vorne steht eine Art Pult, mit Kamera-Zubehör und Büchern bestückt, und eine noch unbeschriebene Flipchart-Tafel. Ganz klar: Hier werden die Workshop-Teilnehmer in den nächsten drei Tagen Theorie büffeln.

Bevor es losgeht ist eine persönliche Vorstellung vor der "Klasse" angesagt. Und sofort wird klar: Blutiger Anfänger ist hier niemand, alle fotografieren schon seit Jahren und sind mit teilweise richtig professionellem Equipment unterwegs. Das macht aber leider noch keinen Profi aus -die Technik der teuren Kameras, größtenteils Spiegelreflex, haben die meisten bislang nur oberflächlich durchschaut. Auch zum Umgang mit Licht und Schatten und schlicht der Bedienung der Kamera sind noch viele Fragen offen.

So auch bei Lorraine Brodrick, die genau weiß, woran es noch hapert: "Ich mache total gerne Fotos, besonders, wenn ich reise. Aber zu guten Fotos gehört eben auch die Technik und der richtige Blick."

Der gutgelaunte Tony glaubt aber fest an die Lernfähigkeit seiner Schüler: "Nach den drei Tagen werdet ihr eure Kamera besser verstehen und fotografisch denken", verspricht er.

Schon seit vielen Jahren bietet Tony Workshops für wissbegierige Hobbyfotografen an. Fotografieren ist ganz zweifellos eines der beliebtesten Hobbys überhaupt, und mit dem neuen Zeitalter der Digitalfotografie scheint das Ganze noch populärer geworden zu sein. Jeder schöne Moment soll per Klick aufs Bild gebannt werden. Kein Wunder, dass sich Tony über viel Zuspruch freuen kann: "Das Tolle an der Fotografie ist ja, dass es dabei keine Regeln oder Grenzen gibt - nur die Technik ist nicht so ganz einfach, und das wollen die Leute lernen." Wichtig sei aber letztendlich vor allem der emotionale Gedanke hinter dem Ganzen, und so schärft Tony seinem Workshop ein: "Denkt immer daran, Fotografie ist Passion!"

Passion ist bei allen zweifellos vorhanden, schließlich trieb eben diese die Hobbyfotografen in Tonys Obhut. Doch schon nach den ersten theoretischen Lektionen häufen sich verwirrte Blicke und sorgenvolles Stirnrunzeln:"Wie war das jetzt mit der Tiefenschärfe, Tony? Was genau kann das ISO, und wo kann ich das einstellen?" Rauchende Köpfe, wohin man schaut. Immer wieder hält Tony seine eigene Kamera mit dem gigantischen Objektiv in die Höhe, um die Funktionen zu demonstrieren. Und da sind ja auch noch Tonys zugebenermaßen ziemlich abstrakten Zeichenkünste, mit denen er das Gesagte auf seinen Flipchart-Block bannt. Besonders das "magische Dreieck" erfreut sich dabei großer Beliebtheit, denn es vereint in seinen drei Ecken die wichtigsten Parts der Kamera und ist ganz einfach abzumalen. Tatsächlich scheint sich so nach und nach den irritierten Schülern eine ganz neue Welt der Technik zu erschließen.

Das muss natürlich auch in der Praxis erprobt werden, und so geht es schon nach zwei Stunden Theorie ans erste Modell. "Lola" heißt sie und hält für die Fotografen artig still- so wie es Schaufensterpuppen eben am besten können. Nicht ganz so einfach sind da die sich unkontrolliert bewegenden Objekte, die am nächsten Tag auf dem Programm stehen: Spontan wird der Karnevalsumzug vor der Tür zur Herausforderung für den Workshop. Doch der Kurs hat bereits etwas gelernt, denn die Ergebnisse, die sich alle zusammen an Tonys Computer anschauen, können sich sehen lassen. Und dank dem Alleskönner-Programm "Photoshop" werden auch aus den überbelichteten oder verwackelten Bildern noch echte Kunstwerke. "Aber letztendlich ist und bleibt die Hauptsache, dass man ein gutes Auge für den richtigen Moment hat", betont Tony. "Und das habt ihr, wie man sieht, ja alle!"

Nach dieser dicken Portion Lob kann auch der Trip zum Avis Damm und der vollgepackte Aufgabenzettel von Tony die Teilnehmer nicht mehr schocken. Einen Hund, eine Blume, ein überbelichtetes Bild, ein kurz belichtetes Bild, eine rennende Person und vieles mehr gilt es vor die Linse zu bekommen bzw. technisch umzusetzen. Der Workshop ist voll bei der Sache. Im Stehen, Sitzen und Knien geht's in der prallen Sonne eifrig auf die Suche nach dem passenden Motiv. Lorraine ist so vertieft, dass sie das Ameisennest, auf dem sie sich niedergelassen hat, erst bemerkt, als ihr die eiligen Krabbeltiere in Scharen über die Beine laufen - aber dafür hat sie ein paar gute Fotos. Kollegin Tahita Horn, gut geschützt durch einen großen Strohhut, streift durch Gras und Sträucher und betätigt zahlreiche Knöpfe an ihrer Kamera: "Tonys Anweisungen machen tatsächlich auch in der Praxis Sinn!"

Der dritte Tag steht vor allem im Zeichen des Fühlens und der Wahrnehmung, sowohl als Fotograf, als auch als Fotoobjekt. Dabei lässt Tony die Teilnehmer über mögliche Motive sinnieren und mit verbundenen Augen fotografieren, um einen neuen Blick auf das Gelernte zu bekommen. Teilnehmerin Simone Canto ist begeistert: "Jetzt wird mir richtig klar, dass Fotografie wie ein Spiegel von innen und außen ist!" Und auch die fotografischen Ergebnisse des dritten Tages lassen keinen Zweifel aufkommen: Hier reifen echte Könner heran. "Ich bin absolut zufrieden mit den Ergebnissen", freut sich Tony nach den drei extrem produktiven Tagen. Auch seine Schützlinge sind glücklich und gehen jetzt mit einem ganz anderen Gefühl an ihr geliebtes Hobby: "Ich bin hier nur mit einer Ahnung der Möglichkeiten meiner Kamera hergekommen, und jetzt weiß ich, wie ich sie optimal nutzen kann", freut sich Simone.

Dank der tollen Ergebnisse plant Tony sogar eine Ausstellung mit Bildern der Teilnehmer vor und während des Workshops, voraussichtlich Mitte November.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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