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Vom Märchen zum Staunen – Vom Hexenring zum Feenkreis

Jesslaik, manche wollen es dem Wissenschaftler Norbert Jürgens verübeln, dass er ihre Fantasie zerstört habe, was sich hinter den Feenkreisen oder eben Hexenringen der Namib alles verberge. Seit ungefähr acht Jahren hat er Stillschweigen gewahrt – denn solange hat er dem Geheimnis von Richtersveld über die Namib bis nach Iona in Südangola nachgestellt - wenn die eine oder andere Stimme auf dem bravourösen Marktplatz der Gerüchte und Phantastereien wieder einmal eine neue Story zum Besten gegeben hat, wie und warum diese kahlen Flecken in der Vornamib denn entstanden sein könnten. Und dann kam so ungefähr im März dieses Jahres der Knalleffekt, als das US-amerikanische Journal „Science“ nach intensiver Prüfung seinen Befund veröffentlichte: „The Biological Underpinnings of Namib Desert Fairy Circles“. Biologische Grundlagen der Kreise also. Er macht´s wie die meisten teutonischen Wissenschaftler, die wesentliche Ergebnisse zuerst auf Englisch veröffentlichen, bevor sie vielleicht später noch etwas in ihrer Muttersprache nachreichen. Immerhin der Beitrag is in gutem Englisch verfasst, was nich immer der Fall sein muss, denn wir haben schon manch denglischen Sökkeltext gelesen. Früher war die internationale Wissenschaftssprache das Latein, für kurze Zeit waren Deutsch und Englisch wohl ebenbürtig, aber zwei Weltkriege haben den Deutschen als Verlierer einfach mehr Sprachen beigebracht, recht oder schlecht. Aber das is ´ne andere Story. Die kleine Sand-Termite, Psammotermes allocerus heißt sie bei den Gelehrten, und ihr Gemeinwesen am trockenen Wüstenrand, wo es immerhin im Schnitt so um die 100 Millimeter im Jahr regnet, d.h. in einem Jahr 10 mm, im anderen 220 mm und im nächsten Jahr Null und so weiter – also die kleine unscheinbare Termite is zum jüngsten Öko-Star der Namib geworden. Kommt ein Wissenschaftler und verhilft ihr zum Ruhm. Der kleine Zwickbeißer hat sich ein Öko-System fürs kollektive Dasein in der Einöde entwickelt, das nun neben dem blinden Maulwurf am Dünengrund, dem Nebelsäufer Toktokkie und neben dem Kühlsystem des Oryxschädels zu den wunderbaren Überlebenskünsten der Fauna der Namib gehört. „Wir sind fast angekommen“, freut sich Jürgens selbst, der in dieser Woche dem staunenden Publikum seine Ergebnisse erläutert hat. „Aber es gibt noch etliche Fragen zu klären.“ Wie immer in der Wissenschaft werden die Grenzen der Erkenntnis bis an den nächsten Zaun neuer Fragen verschoben. Aber jetzt können die Oukies mitreden, wie Feenkreise jobben. Und die kannste zugleich und eventuell auf andere Bereiche übertragen. Jetzt heißt es Abschied nehmen von Mythen und Stories zu den Feenkreisen wie: Zebras hätten sich hier gesielt – wie viele Zebras müsste es da geben? Die ungenießbare, wenn nich bitter-giftige Euphorbie wäre hier eingegangen – daher kein Gras mehr. Hier konnte sogar der unbeleckte Laie hinterhaken, weil die Euphorbie so gut wie nie auf den großen Sandflächen, sondern nur an Berghängen und auf Schotterflächen zu finden is. Von Termiten hat der Eine und Andere in der Vermutung schon gesprochen, aber ohne Beweis und Zusammenang. Von hier war´s gar nich weit, die Außerirdischen mit in die Suche einzubinden. Ohne Wissenschaft, aber nun besser mit Einblick, kannste die Patenschaft für einen oder gar mehrere Feenkreise übernehmen. Kriegst ´ne Urkunde für ´nen ganz bestimmten Kreis. Kostet natürlich ´was, das geht aber in den Fonds der Öko-Freaks auf Namibrand, die mit Sonnenkochern und Wasserspar-Methoden fummeln und experimentieren. Und just da können Sand-Termiten und ihr Kollektiv Lehrmeister spielen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-22

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