Vom Vergeben und Vergessen
Eine Neutralisierung von Unrecht. Nicht weniger wünscht Präsident Hage Geingob, wenn er verlangt, die Vergangenheit und mit ihr das offene Kapitel mutmaßlich ermordeter SWAPO-Dissidenten ruhen zu lassen.
Zwar leugnet Geingob die Berichte nicht, wonach die ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO im Kampf gegen die südafrikanische Fremdherrschaft vermeintliche Spione in den eigenen Reihen ermordet und gefoltert hat. Er will die Vorwürfe jedoch mit Hinweis darauf ersticken, man solle nicht alte Wunden öffnen, sondern das Dissidenten-Thema endlich begraben.
Mehr noch: Er versucht die Anschuldigungen der Opfer durch den ständigen Verweis auf Verbrechen des Apartheidregimes zu relativieren. Indem er betont, die Gegner von einst hätten sich groben Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht und dennoch Amnestien vor Strafverfolgung erhalten.
Was hier geschieht, ist eine Gegenüberstellung, eine Egalisierung von Unrecht. Als ob sich Verbrechen gegeneinander aufwiegen und verrechnen, sich irgendwie nivellieren und ausgleichen ließen. Als ob man die eigenen Taten dadurch wettmachen oder entschuldigen könnte, dass auch der Gegner Verbrechen begangen hat. Als ob eine Aufarbeitung der eigenen Schuld hinfällig wird, weil sich auch der Feind von früher schuldig gemacht hat. Als ob ein Vergeben und Vergessen ohne Aufklärung und Anerkennung dessen möglich wäre, was sich in den Kerkern von Lubango ereignet hat.
Es ist eine fast infantile, eine unerträglich opportunistische und juristisch haltlose Auffassung von Geschichtsbewältigung. Und sie entspricht der illusorischen Hoffnung, dass sich die Vergangenheit verheimlichen und verdrängen lässt. Dass nationale Versöhnung nur gelingen kann, wenn wir wegschauen und schweigen. Wenn wir das was in Lubango geschehen ist, ignorieren und leugnen. Wenn wir alte Wunden mit allen Mitteln geschlossen halten und dabei in Kauf nehmen, dass sich darunter ein Entzündungsherd bilden und irgendwann aufbrechen wird.
Marc Springer
Zwar leugnet Geingob die Berichte nicht, wonach die ehemalige Befreiungsbewegung SWAPO im Kampf gegen die südafrikanische Fremdherrschaft vermeintliche Spione in den eigenen Reihen ermordet und gefoltert hat. Er will die Vorwürfe jedoch mit Hinweis darauf ersticken, man solle nicht alte Wunden öffnen, sondern das Dissidenten-Thema endlich begraben.
Mehr noch: Er versucht die Anschuldigungen der Opfer durch den ständigen Verweis auf Verbrechen des Apartheidregimes zu relativieren. Indem er betont, die Gegner von einst hätten sich groben Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht und dennoch Amnestien vor Strafverfolgung erhalten.
Was hier geschieht, ist eine Gegenüberstellung, eine Egalisierung von Unrecht. Als ob sich Verbrechen gegeneinander aufwiegen und verrechnen, sich irgendwie nivellieren und ausgleichen ließen. Als ob man die eigenen Taten dadurch wettmachen oder entschuldigen könnte, dass auch der Gegner Verbrechen begangen hat. Als ob eine Aufarbeitung der eigenen Schuld hinfällig wird, weil sich auch der Feind von früher schuldig gemacht hat. Als ob ein Vergeben und Vergessen ohne Aufklärung und Anerkennung dessen möglich wäre, was sich in den Kerkern von Lubango ereignet hat.
Es ist eine fast infantile, eine unerträglich opportunistische und juristisch haltlose Auffassung von Geschichtsbewältigung. Und sie entspricht der illusorischen Hoffnung, dass sich die Vergangenheit verheimlichen und verdrängen lässt. Dass nationale Versöhnung nur gelingen kann, wenn wir wegschauen und schweigen. Wenn wir das was in Lubango geschehen ist, ignorieren und leugnen. Wenn wir alte Wunden mit allen Mitteln geschlossen halten und dabei in Kauf nehmen, dass sich darunter ein Entzündungsherd bilden und irgendwann aufbrechen wird.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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