Von Angeltrips und Weg-Werf-Jungen
Die Theatre School in der Robert Mugabe Avenue ist grad mal zur Hälfte gefüllt. Einige Freundinnen der Schauspielerinnen und wenige zahlende Gäste haben sich am Samstag in dem kleinen Theaterhaus in Windhoeks Innenstadt eingefunden. Auf harten kleinen Erstklässler-Stühlen versucht man es sich gemütlich zu machen. Hoffentlich dauert sie nicht zu lange, diese Vorstellung. Das Licht geht aus, dann blendet es langsam wieder auf, und herein stolpern zwei junge Frauen, die vorgeben, alte angetrunkene Männer zu sein. Oh je. Volkstheater, wie erwartet.
Doch keine Minute nach Vorstellungsbeginn kichert und gackert es im winzigen Auditorium der Theatre School, und es dauert nicht lange, bis das ausgelassene Gelächter fast die Stimmen der Akteure übertönt. Die beiden dort auf der Bühne sind gut. Ja, sie spielen mit der übertriebenen Mimik klassischen Volkstheaters, aber das ist ausnahmsweise mal richtig witzig.
Die Rahmenhandlung: Da sind Oom (Onkel) Jakkie und sein Freund Frikkie. Zwei Männer ganz unter sich auf einem Angelausflug - wenn da nicht das Handy wäre, auf dem Jakkies "Engelkie" (Engelchen) regelmäßig anruft. Stellt die treue Ehefrau zu viele Fragen, dann bricht just in dem Moment die Verbindung ab, "kkrccch, tut tut tut tuuut", macht Jakkie und legt das Handy sanft zur Seite. Der Friede ist wieder hergestellt. Ein Frieden, der aus der trauten Dreisamkeit zwischen Oom Jakkie, Frikkie und der Flasche Wein besteht. Diesen Frieden braucht es, damit die beiden Männer, angeregt durch den Flaschengeist, ihre Geschichten auspacken: Geschichten, geschrieben von Jan Spies.
Tanya Terblanche und Junelle Stroh haben die Stories des legendären namibischen Geschichtenerzählers, Komikers und Zeitungsreporters für die Bühne adaptiert. Perfekt aufeinander eingespielt gibt das Duo in akzentfreiem, klar verständlichem Afrikaans den Wortlaut der Spies-Geschichten wider - und spielt sie gleichzeitig als Sketches.
Da ist etwa die Geschichte vom Farmtelefon. Sie stammt aus einer Zeit, als noch 15 benachbarte Farmer eine einzige Telefonlinie teilten, und jeder mithören konnte, worüber die anderen sprechen. Da sind auch herrlich amüsante Erzählungen über die Herausforderungen des Kamelreitens oder vom Durcheinander eines Kinder-Kirchenchores einer kleinen Dorfgemeinde. Es sind Geschichten, die vom unverwechselbaren Witz und der originellen Ausdrucksweise der afrikaansen Sprache leben, Geschichten, die sich unmöglich übersetzen lassen.
Es sind auch Geschichten, die vom Geist und der Lebenskultur einer vergangenen Zeit erzählen, an die man sich heute nicht mehr so gern erinnert. "Oubaas en Mankoeran" (Der alte Boss und Mankoeran) ist eine solche Geschichte. Sie handelt von einem alten Buren - Oubaas - , der einen "weg-gooi-klonkie" namens Mankoeran hatte. Allein der Begriff "weg-gooi-klonkie" - Weg-werf-Junge! Ein kleiner Sklave, ein Leibeigener, das etwa stellte ein solcher Kind-Diener zu Apartheidszeiten für den Weißen, speziell für den Buren dar. Der Begriff ist schockierend, aber - genauso wie diese Geschichte - zugleich auch witzig und irgendwie rührig.
Oubaas ist schwerhörig. Mankoeran ist dafür zuständig, ihm beim Autofahren vorzusagen, wo's lang gehen soll. Etwa, dass die Kupplung schleift, dass Oubaas jetzt mal in den vierten Gang schalten sollte, oder dass die Ampel grün ist und Oubaas einfach gradaus weiterfahren solle. Es ist das immer gleiche Ritual: Anfangs versteht Oubaas gar nichts. Wenn er's dann beim dritten oder vierten Mal, inzwischen schreit sein Weg-werf-Junge dicht an seinem Ohr, endlich versteht, fragt er indigniert, warum Mankoeran das denn nicht gleich gesagt habe. Woraufhin sich der wohlerzogene Weg-gooi-klonkie geduldig entschuldigt, und Oubaas ihm grummelnd vergibt. Einmal ist Oubaas' Leitung einfach zu lang, die grüne Ampel hat längst schon auf Rot geschaltet, der Wagen gerät ins Schleudern und überschlägt sich. Oubaas wacht auf, Mankoeran liegt bewusstlos auf ihm. Und da erfasst den alten Mann die schiere Panik: Was ist, wenn sein Weg-werf-Junge tot ist? Was wäre sein Leben ohne diesen treuen Diener, Freund und einzigen Lebensgefährten?
Jan Spies macht mit dieser Erzählung auf rührige Weise deutlich, wie die zu Apartheidszeiten nie als vollwertige Menschen anerkannten schwarzen Hausangestellten doch eigentlich zur Familie des Buren gehörten, wie unersetzlich sie waren, obwohl kein "Oubaas" das jemals hätte zugeben wollen.
Tanya Terblanche und Junelle Stroh, beide gelernte Schauspielerinnen mit Hoschschulabschlüssen in Stellenbosch (Terblanche) und Pretoria (Stroh), ist mit "Spies Plesier" eine höchst amüsante und liebenswerte Inszenierung gelungen. An den Originaltexten des Autors hat das Duo nur minimale Kürzungen vorgenommen. Der eigenen Phantasie entsprungen ist die Rahmenhandlung - doch auch die atmet den Geist von Jan Spies. Kompliment! Hoffentlich gibt es eine Fortsetzung, zumindest aber noch viele Wiederholungen.
Doch keine Minute nach Vorstellungsbeginn kichert und gackert es im winzigen Auditorium der Theatre School, und es dauert nicht lange, bis das ausgelassene Gelächter fast die Stimmen der Akteure übertönt. Die beiden dort auf der Bühne sind gut. Ja, sie spielen mit der übertriebenen Mimik klassischen Volkstheaters, aber das ist ausnahmsweise mal richtig witzig.
Die Rahmenhandlung: Da sind Oom (Onkel) Jakkie und sein Freund Frikkie. Zwei Männer ganz unter sich auf einem Angelausflug - wenn da nicht das Handy wäre, auf dem Jakkies "Engelkie" (Engelchen) regelmäßig anruft. Stellt die treue Ehefrau zu viele Fragen, dann bricht just in dem Moment die Verbindung ab, "kkrccch, tut tut tut tuuut", macht Jakkie und legt das Handy sanft zur Seite. Der Friede ist wieder hergestellt. Ein Frieden, der aus der trauten Dreisamkeit zwischen Oom Jakkie, Frikkie und der Flasche Wein besteht. Diesen Frieden braucht es, damit die beiden Männer, angeregt durch den Flaschengeist, ihre Geschichten auspacken: Geschichten, geschrieben von Jan Spies.
Tanya Terblanche und Junelle Stroh haben die Stories des legendären namibischen Geschichtenerzählers, Komikers und Zeitungsreporters für die Bühne adaptiert. Perfekt aufeinander eingespielt gibt das Duo in akzentfreiem, klar verständlichem Afrikaans den Wortlaut der Spies-Geschichten wider - und spielt sie gleichzeitig als Sketches.
Da ist etwa die Geschichte vom Farmtelefon. Sie stammt aus einer Zeit, als noch 15 benachbarte Farmer eine einzige Telefonlinie teilten, und jeder mithören konnte, worüber die anderen sprechen. Da sind auch herrlich amüsante Erzählungen über die Herausforderungen des Kamelreitens oder vom Durcheinander eines Kinder-Kirchenchores einer kleinen Dorfgemeinde. Es sind Geschichten, die vom unverwechselbaren Witz und der originellen Ausdrucksweise der afrikaansen Sprache leben, Geschichten, die sich unmöglich übersetzen lassen.
Es sind auch Geschichten, die vom Geist und der Lebenskultur einer vergangenen Zeit erzählen, an die man sich heute nicht mehr so gern erinnert. "Oubaas en Mankoeran" (Der alte Boss und Mankoeran) ist eine solche Geschichte. Sie handelt von einem alten Buren - Oubaas - , der einen "weg-gooi-klonkie" namens Mankoeran hatte. Allein der Begriff "weg-gooi-klonkie" - Weg-werf-Junge! Ein kleiner Sklave, ein Leibeigener, das etwa stellte ein solcher Kind-Diener zu Apartheidszeiten für den Weißen, speziell für den Buren dar. Der Begriff ist schockierend, aber - genauso wie diese Geschichte - zugleich auch witzig und irgendwie rührig.
Oubaas ist schwerhörig. Mankoeran ist dafür zuständig, ihm beim Autofahren vorzusagen, wo's lang gehen soll. Etwa, dass die Kupplung schleift, dass Oubaas jetzt mal in den vierten Gang schalten sollte, oder dass die Ampel grün ist und Oubaas einfach gradaus weiterfahren solle. Es ist das immer gleiche Ritual: Anfangs versteht Oubaas gar nichts. Wenn er's dann beim dritten oder vierten Mal, inzwischen schreit sein Weg-werf-Junge dicht an seinem Ohr, endlich versteht, fragt er indigniert, warum Mankoeran das denn nicht gleich gesagt habe. Woraufhin sich der wohlerzogene Weg-gooi-klonkie geduldig entschuldigt, und Oubaas ihm grummelnd vergibt. Einmal ist Oubaas' Leitung einfach zu lang, die grüne Ampel hat längst schon auf Rot geschaltet, der Wagen gerät ins Schleudern und überschlägt sich. Oubaas wacht auf, Mankoeran liegt bewusstlos auf ihm. Und da erfasst den alten Mann die schiere Panik: Was ist, wenn sein Weg-werf-Junge tot ist? Was wäre sein Leben ohne diesen treuen Diener, Freund und einzigen Lebensgefährten?
Jan Spies macht mit dieser Erzählung auf rührige Weise deutlich, wie die zu Apartheidszeiten nie als vollwertige Menschen anerkannten schwarzen Hausangestellten doch eigentlich zur Familie des Buren gehörten, wie unersetzlich sie waren, obwohl kein "Oubaas" das jemals hätte zugeben wollen.
Tanya Terblanche und Junelle Stroh, beide gelernte Schauspielerinnen mit Hoschschulabschlüssen in Stellenbosch (Terblanche) und Pretoria (Stroh), ist mit "Spies Plesier" eine höchst amüsante und liebenswerte Inszenierung gelungen. An den Originaltexten des Autors hat das Duo nur minimale Kürzungen vorgenommen. Der eigenen Phantasie entsprungen ist die Rahmenhandlung - doch auch die atmet den Geist von Jan Spies. Kompliment! Hoffentlich gibt es eine Fortsetzung, zumindest aber noch viele Wiederholungen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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