Von öffentlicher Vorverurteilung
Die chronischen Verzögerungen bei der Verhandlung von Strafverfahren haben abgesehen von den Unannehmlichkeiten für Prozessbeteiligte zwei weitere Negativfolgen: Den Verlust des Medieninteresses und die dadurch bedingte Vorverurteilung des Angeklagten.
Die Medien spielen bei der öffentlichen Meinungsbildung eine besondere Rolle, weil sie ein Strafverfahren gewissermaßen vervielfältigen. Das kann jedoch solange nur eine einseitige Sicht sein, wie sich ein jeweiliger Prozess im Stadium der Vorverhandlung dreht und nur die Version der Staatsanwaltschaft bekannt ist.
Zwischen dem ersten Gerichtstermin und dem Beginn der Beweisaufnahme vergehen in der Regel viele Monate, in denen der Angeklagte mehrmals Schlagzeilen macht, ohne auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe reagieren zu können.
Ist das Verfahren schließlich formal eröffnet, wird es von den Medien oft nur noch am Rande beachtet, weil zusätzlicher Erkenntnisgewinn ein zeitraubendes Verharren bei oft wenig aufschlussreicher Zeugenvernehmung voraussetzen würde und der redaktionelle Elan angesichts der zahlreichen Verzögerungen und Vertagungen rasch erlahmt.
Bis zur Urteilsverkündung vergeht für den Beschuldigten folglich eine Zeitspanne, während der er medial kaum in Erscheinung tritt und die zuvor berichtete Version der Anklage die öffentliche Wahrnehmung bestimmt. Aufgrund der hoffnungslosen Überlastung der Gerichte kann diese Phase einige Jahre dauern, in denen das Leben des Beschuldigten von gesellschaftlicher Ausgrenzung und beruflicher Ächtung geprägt ist, die selbst nach einem möglichen Freispruch tiefe Narben hinterlassen.
Marc Springer
Die Medien spielen bei der öffentlichen Meinungsbildung eine besondere Rolle, weil sie ein Strafverfahren gewissermaßen vervielfältigen. Das kann jedoch solange nur eine einseitige Sicht sein, wie sich ein jeweiliger Prozess im Stadium der Vorverhandlung dreht und nur die Version der Staatsanwaltschaft bekannt ist.
Zwischen dem ersten Gerichtstermin und dem Beginn der Beweisaufnahme vergehen in der Regel viele Monate, in denen der Angeklagte mehrmals Schlagzeilen macht, ohne auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe reagieren zu können.
Ist das Verfahren schließlich formal eröffnet, wird es von den Medien oft nur noch am Rande beachtet, weil zusätzlicher Erkenntnisgewinn ein zeitraubendes Verharren bei oft wenig aufschlussreicher Zeugenvernehmung voraussetzen würde und der redaktionelle Elan angesichts der zahlreichen Verzögerungen und Vertagungen rasch erlahmt.
Bis zur Urteilsverkündung vergeht für den Beschuldigten folglich eine Zeitspanne, während der er medial kaum in Erscheinung tritt und die zuvor berichtete Version der Anklage die öffentliche Wahrnehmung bestimmt. Aufgrund der hoffnungslosen Überlastung der Gerichte kann diese Phase einige Jahre dauern, in denen das Leben des Beschuldigten von gesellschaftlicher Ausgrenzung und beruflicher Ächtung geprägt ist, die selbst nach einem möglichen Freispruch tiefe Narben hinterlassen.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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