Vor 50 Jahren
1. September 1967
Die Bars bleiben sonntags offen
Windhoek (AZ). Der Jahreskongreß der Nationalen Partei Südwestafrikas wurde gestern nachmittag beendet, nachdem ein beachtliches Programm durchdiskutiert worden war. Die Debatte bewegte sich durchweg auf einem hohen Niveau. Breiten Raum nahm hierbei das Erziehungswesen ein. In diesem Zusammenhang forderte der Kongreß eine Verlängerung der Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr. Hierbei kann jedoch auch der technische Zweig eingeschlagen werden. Der Vizeführer der Nationalen Partei, A. H. du Plessis, MdE, gab bekannt, daß die Lehrerbildungsanstalt in Windhoek, die mit Millionenaufwand erstellt wird auch die Ausbildungsmöglichkeiten für deutschsprachige Lehrer in vollem Umfange schaffe. Die Lehrerbildungsanstalt werde sich mit jeder vergleichbaren Blidungsstätte in der Republik messen können.
Einen verhältnismäßig breiten Raum nahm die Diskussion um die Barstunden am Sonntag ein. Keetmanshoop-Nord forderte die Schließung der Bars und eine Angleichung der Gesetzgebung an die der Republik. O. Goedecke, Swakopmund, beantragte die Absetzung dieses Punktes, kam jedoch damit nicht durch. Mehrere Ortsverbände sprachen sich stark gegen die Änderung der gegenwärtigen Gesetzgebung aus. Vizeminister J. G. H. van der Wath betonte demgegenüber jedoch, daß die Sonderstellung Südwestafrikas im Hinblick auf die Öffnung der Bars zu bestimmten Stunden an Sonntagen durchaus gerechtfertigt sei und nicht im Widerspruch zu christlichen Anschauungen stehe. Der Vizeminister wies unter anderem auf die großen Entfernungen in Südwestafrika und auf das Nichtvorhandensein anderer Erfrischungsstätten und Möglichkeiten hin. Man müsse, so sagte er, in diesem Zusammenhang nicht nur an den Ausschank von starken alkoholischen Getränken denken. Ihm wurde entgegengehalten, daß die Tankstellen ja über Limonaden verfügten. E. van Zijl, MdE, befaßte sich sehr ausführlich mit diesem Problem und plädierte für eine Beibehaltung der gegenwärtigen Situation. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Enslin-Kommission, die diese Frage 1954 genau untersucht hat. Mit einer Schließung der Bars an Sonntagen würde man das Verhältnis zwischen Staat und Kirche aus der Balance bringen. Mit staatlichen Mitteln konnten die Menschen nicht in die Kirche gezwungen werden. Es habe sich in Südwestafrika im Hinblick auf die Öffnungszeiten der Bars an Sonntagen ein Balancezustand zwischen den unterschiedlichen Interessen, insbesondere zwischen den Bevölkerungsgruppen, ergeben, der nicht gestört werden sollte. Werner Neef verwies in der Diskussion auf die Folge einer Änderung des gegenwärtigen Zustandes: die Zunahme der Klubs.
1. September 1967
Streit zwischen „Spiegel“ und „Stern“
Hamburg (dpa). Zwischen dem Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ und der auflagenstärksten westdeutschen Illustrierten „Stern“ ist ein juristischer Streit um die Veröffentlichung der Memoiren von Stalins Tochter Swetlana entbrannt. Der „Spiegel“-Verlag erwirkte bei einem Gericht in Hamburg gegen den Verlag Gruhner und Jahr eine einstweilige Verfügung, in der dem „Stern“ bei Androhung von Geld- oder Haftstrafe der geplante Abdruck der Memoiren untersagt wird. Der Streitwert wurde auf 500000 Mark festgesetzt. Die in Hamburg erscheinende Illustrierte hatte mitgeteilt, ihr sei aus Moskau ein Manuskript zugespielt worden, das die russische Originalfassung der Memoiren sein soll. Der „Stern“ werde in seiner nächsten Ausgabe aus diesem Manuskript verschiedene Passagen zitieren und zahlreiche Bilder veröffentlichen, die aus der gleichen Moskauer Quelle stammen. Nach Angaben des „Spiegel-Verlages“ ist jedoch „Der Spiegel“ Inhaber der Serien-Vorabdruck-Rechte an den Memoiren.
Die Zivilkammer 24 des Hamburger Landgerichts hat die vom Nachrichtenmagazin „Spiegel“ erwirkte einstweilige Verfügung gegen die Illustrierte „Stern“ bestätigt. Für eine Mißachtung kann nach dem Wortlaut der Verfügung eine Geldstrafe in unbegrenzter Höhe verhängt werden.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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