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Vor 50 Jahren
Vor 50 Jahren

Vor 50 Jahren

1970-08-04
Claudia Reiter
STRAFANTRÄGE IM LEBACH-PROZESS

Saarbrücken — Die Staatsanwaltschaft hat im Saarbrücker Lebach-Prozess für die Angeklagten Wolfgang Ditz und Hans-Jürgen Fuchs je fünfmal lebenslange Haft beantragt. Der Mitangeklagte Gernot Wenzel (25) soll wegen Beihilfe und versuchter Erpressung zehn Jahre Freiheitsstrafe erhalten. Fuchs und Ditz sind angeklagt, beim Überfall auf ein Munitionsdepot der deutschen Bundeswehr in Lebach (Saarland) im Januar 1969 vier Soldaten getötet und einen weiteren schwer verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft sieht nach Abschluf3 der Beweisaufnahme die Anklage in allen Punkten bestätigt.

Ein zu Beginn dieses entscheidenden Verhandlungstages eingebrachter Antrag der Verteidigung, für den Angeklagten Ditz ein weiteres psychologisches Gutachten einzuhalten, wurde abgelehnt. Das Gericht begründete seine Ablehnung damit, dass vier Sachverständige unabhängig voneinander entschieden hatten, die strafrechtliche Verantwortlichkeit der drei Angeklagten stehe nicht in Zweifel.

Von den drei Verteidigern plädierte nur der Rechtsanwalt von Gernot Wenzel auf Freispruch seinen Mandanten.

KURZ BERICHTET

Tripolis — Wie der Präsident des Revolutionsrates mitteilte, hat das Regime eine Verschwörung von Anhängern des abgesetzten Königs Idris aufgedeckt Lind niedergeschlagen. Der Revolutionsrat hatte die Regierung im Letzten September übernommen. Es ist ihm gelungen. Großbritannien und die Vereinigten Staaten zur Aufgabe ihrer militärischen Stützpunkte in Libyen zu zwingen. Letzte Woche hat Libyen eine Sendung sowjetischer Waffen erhalten, einschließlich 20 bis 30 Panzerwagen.

Mogadischu — Tausende von Somalis belagerten am Montag die britische Botschaft, um gegen Waffenlieferungen an Südafrika zu protestieren. Außenminister Omer Arteh Halib hielt eine Ansprache, in der er mit scharfen Worten die britische Politik verurteilte, die einen „Verrat an den afrikanischen Völkern“ bedeute.

Libreville — Der Präsident von Gabun hat allen Diplomaten verboten, die Hauptstadt Libreville ohne Bewilligung des Außen- und des Innenministeriums zu verlassen. Wie er in einer Rundfunkansprache erklärte, hätten einige Diplomaten, die er nicht bei Namen nannte, Waffen in das Land geschmuggelt und sie auf touristischen Ausflügen an subversive Elemente verteilt.

Baltimore — Der kongolesische Präsident Joseph Mobutu ist zu einem zwölftägigen Besuch in den Vereinigten Staaten eingetroffen. Er wird heute mit Präsident Nixon zusammentreffen.

London — Die Hafenarbeiter haben am Montag ihre Arbeit wiederaufgenommen. Da 75 Schiffe in London allein vor Anker Hagen, müssen alle Arbeiter täglich zwei Überstunden machen, die bereits nach der neuen Lohnskala bezahlt werden. In Liverpool mussten 1 647 Arbeiter wieder nach Hause geschickt werden, da zu wenig Schiffe im Hafen lagen. Während des Streiks waren alle Schiffe nach kontinentalen Hafen beordert worden. Die Arbeiter werden nach der neuen Abmachung trotzdem vier Pfund Lohn pro Tag erhalten.

„PERIODE FRUCHTBARER ZUSAMMENARBEIT“

London — Premierminister Heath hat an den sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin ein Telegramm geschickt, worin es heißt, er teile den Glauben der Sowjets an ein wachsendes internationales Verständnis und an eine Zusammen-arbeit, die den ständigen Frieden sichere. Er sehe einer „Periode fruchtbarer Zusammenarbeit“ entgegen, um die Sicherheit des europäischen Kontinents aufrechtzuerhalten. Heath beantwortete ein Telegramm Kossygins zum 25. Jahrestag der Konferenz von Potsdam, in der Kossygin zu einer europäischen Konferenz aufruft, auf der die Sicherheit Europas und andere Probleme behandelt werden sollen.

Der britische Staatssekretar für Verteidigung, Lord Carrington, befindet sich auf der Rückreise von einem Besuch in Malaysia, Singapur, Australien und Neuseeland. In den vier Staaten, sagte Lord Carrington, herrsche Einigkeit über die britischen Vorschläge zur regionalen Verteidigungshilfe für die Zeit nach 1971.

ATOMKRAFTWERK

Kapstadt — In absehbarer Zukunft wird der südafrikanische Atomenergierat sich neben seinen anderen Aktivitäten mit der Untersuchung eines geeigneten Geländes für ein Atomkraftwerk in der westlichen Kapprovinz befassen. Das geht aus dem Jahresbericht des Atomenergie-rates hervor. Ein Bericht des Rates über die Verwendung von angereichertem Uran für Atomkraftwerke wird vorbereitet und dem südafrikanischen Parlament voraussichtlich im nächsten Jahr vorgelegt werden.

DOROTHY FISCHER IM KRANKENHAUS

Kapstadt — Südafrikas zurzeit einzige überlebende Herztransplantationspatientin, die Farbige Dorothy Fisher, ist am vergangenen Freitag ins Groote-Schuur-Hospital eingeliefert worden. Über den Anlass zur Einlieferung ist nichts Näheres bekannt. Ein Krankenhaussprecher, machte jedoch darauf aufmerksam, dass keine Bulletins herausgegeben werden sollen.

SOWJETS STÖREN WAFFENTEST

Kap Kennedy — Unter der stetigen Beschattung eines als Trawler getarnten sowjetischen Spionagebootes gelang den Vereinigten Staaten am Montag der erste Unterwasserabschuss einer Poseidon-U-Boot-Rakete. Bei der Poseidon-Rakete handelt es sich um die erste Fernrakete mit Mehrfachsprengköpfen, die van getauchten atomgetriebenen Unterseebooten abgeschossen wird. Mit dem Poseidon-Projekt ist die Flugerprobung der modernsten amerikanischen schiffgestützten ballistischen Fernwaffen in die letzte Phase vor dem operativen Einsatz der Rakete auf Unterseebooten eingebracht worden.

Ein ähnlicher Versuch musste am vergangenen Mittwoch abgesagt werden, nachdem ein sowjetischer „Trawler“ bis auf 200 Meter an das getauchte Atom-Unterseeboot ,,James Madison“ herangekommen war, von dem aus die Poseidon-Rakete gestartet werden sollte. Wie aus Washington verlautet, soll der Versuch abgebrochen worden sein, weil man im Pentagon offenbar „gewisse Befürchtungen“ gehabt habe.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-09

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