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Warzenschwein wird Feinschmecker frischer Seekost

Eberhard Hofmann
Mit August-Anbruch is die Temperatur sowahr gleich etwas angestiegen, aber im Inland weht noch kein Sandsturm, den die Leut´ an der Küste mit Ostwind eventuell schon hinter sich ham. Die Optimisten unter uns, bei denen das Glas halbvoll und nich wie bei den Pessimisten halbleer is, erhoffen sich aus den wenigen Fro­steinbrüchen, die es um die Jahresmitte gegeben hat, dass daraus eine rechte Regenzeit werden möge. Aber die Strecke dahin wird noch mit Nöten und etlichen Tierkadavern bestreut sein.

Inzwischen scheint die saisonale Dürre - da is nur bei Leuten mit kurzem Gedächtnis abnormal - in der Tierwelt zu Neueinfällen anzuregen. Wir ham schon Springböcke in Strandnähe an der Skelettküste gesehen. Die waren aus dem Uniab dahingetrabt. Langjährige Beobachter des geplagten Leu an der Skelettküste ham gesehen und festgehalten, wie sich die Raubkatze an Robben rangemacht hat, tote oder lebendige. Auch das intelligente Rüsseltier mit der dicken Haut begibt sich über das eine oder andere Rivier ´mal in Strandnähe.

Aber wir fragen uns, was um Himmels Willen sucht das Warzenschwein am Atlantik? Angler von Henties Bay, die auf die unbekümmerten Schweineviecher am Strand gestoßen sind, können´s belegen: die buddeln sowahr nach Weißmuscheln, als ob´s Kalahari-Trüffeln wären. Auf jeden Fall steht´s nun fest, dass das Warzenschwein auf den Geschmack von Seekost gekommen is.
Wir ham das Schwein, dessen Hauer mos moie Flaschenöffner und schön geschnitzte Schlüsselanhänger liefern, schon oft mit Sorge am Rande der Teerpad wahrgenommen, ob das Viech nich plötzlich wie ´n Kudu vor´s Otjiauto springt, bevor Du abbremsen kannst. Um diese Jahreszeit, wenn das Futter in den Kamps abnimmt, schlüpfen die Viecher mos gern durch die Farmdrähte und schnüffeln den Padkamp nach Fressbarem ab, wobei se zum Futtern demütig auf den Vorderläufen knien, wenn se tatsächlich ´was gefunden ham.

Am Strand gefährden die wenigstens keinen Autoverkehr, abgesehen von erstaunten Anglern, die ohnehin nich so viel an der Brandung entlanggurken sollten. ´s bleibt darrem sensationell, dass das Antennenschwein sein Menü heutzutage mit Seafood Platter anreichert.
What next?

Schilder als Schimären
Das Land der Braven is auch das Land der Gerüchte, der Fata Morganas, Schimären und der Täuschungen. So wie sich die Tiere der Namib, sofern gerade vorhanden, in den flimmernden Hitzewellen am hellichten Tage vom Boden abheben und der Schwerkraft spotten, als ob sie mit der Phantasie entflögen, so sind alte Routen- und Padschilder inzwischen zu Schimären geworden. Wer keine Landkarte oder kein GPS hat, muss sich im Raum Solitaire aus der Auskunft solcher Schilder selbst ´n Reim machen. Der Vorteil solcher Schilder besteht darin, dasse Raum für vielerlei Auslegung bieten, so dass jedem Betrachter das Privileg zukommt, nach eigener Neigung und Vorliebe etwas daraus zu machen.

Die Betrachtung und Befragung des Schildes dürften dann wie Franz Kafkas labyrinthische Prosa wirken - ´s geht irgendwo nach nirgendwo lang. Richtung und Sinn lassen sich muhts erahnen, aber konkrete Anhaltspunkte gibt’s´ net nich, wie auf den Schildern bei Solitaire eben. So sind Schein, Anschein, Trugbilder und Schimären in allen Lebensbereichen des braven Landes zu verspüren, oft tonangebend jenseits der Wirklichkeit.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-12-26

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