Was der Mensch so braucht
Magazine und Journale mit Aussteigerideen und
Get-Away-Angeboten haben sich an den Zeitungsständen im südlichen Afrika merklich neben der abgegriffenen Hochglanzschrift der vollbusigen Blondine vermehrt. Und das obwohl die Flimmerscheibe mit dem Internetangebot am Schreibtisch und die ganzen elektronischen Gadgets, die Du sommer so in der Hosentasche oder am Gürtel rumschleppst, die virtuelle Welt herauf zaubern können und damit alle Papierdruckprodukte überflüssig machen könnten.
Aussteigerideen hin und Get-Away-Ideen her, die können Dir auf dem Papier entgegen-funkeln und am Glasschirm sonstwas vorgaukeln, Neugierde wecken - das direkte Erlebnis können die net nich bieten. Da musste selbst satteln, packen und rausfahren oder eben einsteigen und Dich fahren lassen. Für den Wind um die Nase und die Sterne, die jetzt nach langem Regen zaghaft aber durch die gereinigte Nachtluft desto mehr zurückfunkeln, gibt es wrachtach keinen virtuellen Ersatz. Nicht einmal der persönliche Vortrag eines Enthusiasten, der über eine Gegend oder einen Ausflug schwärmt, kann den direkten Einstieg in die Schlucht von Sesriem oder den Gang durch das Buschmanngras der Namib ersetzen. Und die Kameralinse kann ohnehin die Weite der Landschaft net nich erfassen, selbst wenn Du Dich bemühst, durch aneinander gereihte Panoramabilder einen universellen Rundblick einzufangen und Deinen Freunden zu vermitteln, um ihnen das Staunen zu vermitteln, das Du bei dem überwältigenden Anblick von Raum und Weite erfahren hast. Beim Erzählen solcher Momente kann's Dir passier'n, dass Dein Publikum gähnt: "Na und?"
Also heißt es immer wieder Aufbruch, "Ferien vom Ich", Tapetenwechsel, Seele baumeln lassen, Fax, Telefon und Internet sich selbst überlassen, einfach abhauen, wie es viele Wüstenanbeter zu Ostern oder auch sonst tun. Ein paar Eindrücke und Bilder erfahren, die es eben nur an bestimmten Flecken und zu besten Zeiten gibt und dabei lernen wie alles so viel älter ist als Du selbst es bist. Das in diesem Jahr so milde Wüstenland zeigt sich von der besten Seite und bringt Pflanzen hervor, die Du für unmöglich gehalten hast. Und die Erdfalten, Schlote und Abgründe machen das Buch der Erdgeschichte auf und bringen Dir bei, dass Du selbst gerade einmal eine Momentaufnahme bist.
Die Farmen um die Naukluft, das Sossus-Vley und selbst die Springböcke, gut genährt und gelangweilt im üppigen Gras sagen Dir, dass es die fetten Jahre sind. Es gibt Bilder von früher, auf Papier und im Hirn, wenn Du alt genug bist, da steht die Naukluft schroff und abweisend mit kahlen Hängen da und das ondulierende Gelände rundherum zeigte über viele Jahre keinen Halm. "Bist Du Klippenfarmer?" Mancher hatte die Gegend abgeschrieben. Nur zum Durchhasten nach Lüderitzbucht oder zum Sossus Vley, da wo Wüste pur angesagt ist.
Die Hänge grünen noch und silberne Grassaat fügt hellere Rabatten auf Vorsprüngen hinzu. Die Berge sind sanft geworden und locken den Blick in ihren Bann, dass der Fahrer das nächste Schlagloch übersieht und jäh aus der Ferne wieder auf den harten Boden zurückgeschockt wird, um den Wagen sicher zu lenken.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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