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Was lange gärt, wird endlich gut:

Wenn Jörg Finkeldey von der Kunst des Bierbrauens erzählt, kann der Laie schnell den Anschluss verlieren. Da fallen Begriffe wie "Obergärung", "Maischebottich" oder "Abläutern" und ist von der "Kommunikation mit dem Biersud" die Rede. Der Amateur mag dem Fachjargon des gelernten Chemie-Ingenieurs nicht immer folgen können, aber er merkt sofort: Hier ist ein Profi am Wort den eine besondere Leidenschaft für seinen Beruf auszeichnet.

Die Expertise, die sich Finkeldey über viele Jahre im Ausland angeeignet hat, will er nun auch in Namibia anwenden. Dafür hat er nach über zweijähriger Planungsphase und mit finanzieller Unterstützung verschiedener Investoren, sowie einem Darlehen der Namibischen Entwicklungsbank in Höhe von N$ 10,2 Millionen, die Firma Camelthorn Brewing Company gegründet, für die er am 8. August 2008 die Braugenehmigung erhalten hat. Es war seit 88 Jahren die erste Braulizenz, die in Namibia vergeben wurde.

Dass sein ehrgeiziges Vorhaben, hierzulande ein Premiumbier für den Connaisseur zu etablieren, gewisse Risiken birgt, ist dem Unternehmer bewusst. Schließlich sieht er sich in Form der Namibia Brauereien (NBL) einer fast übermächtigen Konkurrenz gegenüber und ist mit Verbrauchern konfrontiert, denen das von ihm gebraute Weizen- und Weißbier weitgehend unbekannt ist.
"Als Bierbrauer muss man sich trauen, neue Wege zu gehen und ein Produkt auf den Markt zu bringen, das sich geschmacklich von Anderen abhebt", sagt Finkeldey. Dann denkt er eine Weile nach und fügt hinzu: "Für uns ist der Mut zur Innovation natürlich auch eine Wettbewerbsstrategie, weil wir uns preislich kaum gegen die Namibischen Brauereien behaupten könnten, wenn wir mit unserer begrenzten Kapazität dasselbe Lagerbier herstellen würden."

Damit hat Finkeldey die Aufgabenstellung seiner Firma formuliert, die kein "Massenprodukt" herstellen, sondern eine Nische erschließen und sich an die Zielgruppe der "anspruchsvollen Bierkenner und Feinschmecker" richten will. Das soll zunächst mit vier Biersorten (Weizen, Helles, Gold und American Red Ale) gelingen, die es in Namibia bisher in der Art nicht gibt. Zugpferd der Produktpalette soll das Weißbier werden, das in der Flasche bzw. im Fass vergoren wird. Wie die Ausrüstung der Brauanlage (Edelstahlbehälter, Dampfkessel, Kompressor und Kältesystem) stammen auch die Rezepte hauptsächlich aus Bayern und Amerika, die renommierte Braumeister wie Michael Plank aus Laaber und Marty Velas aus Knoxville Tennessee speziell für Finkeldey entwickelt haben. Außerdem bezieht er einen Großteil seiner Zutaten (Gerstenmalz, Weizenmalz, Spezialmalze Hopfen, und Hefe) aus Deutschland, sowie Hopfen aus den USA für die amerikanischen Biere.


In Deutschland hat im Jahre 1989 die internationale Brauerei-Karriere von Finkeldey mit Schulungen in München und Berlin begonnen und seit 1992 ihm den Bereich der so genannten Mikro-Brauereien eröffnet, die nach eigenem Rezept geringe Mengen exklusiven Biers herstellen und von denen es allein in den USA inzwischen mehr als 1400 gibt. Aufgrund seiner Ingenieursausbildung gelang es Finkeldey, sich bei der Entwicklung solcher Mikro-Brauereien in Los Angeles einen Namen zu erwerben und sich 1995 schließlich mit Hauptsitz in Budapest in Ungarn in diesem Gewerbe selbstständig zu machen.
Sein Renommee führte zu einer Flut an Aufträgen und ihn rund um die Welt. "Ich habe in den USA, der Karibik, Kanada, Japan, Costa Rica, Schweden, Frankreich, Brasilien und Südafrika zahlreiche dieser Klein- und Gasthausbrauereien konzipiert und ausgestattet", erklärt der amtierende Karnevalspräsident, der die Jahre im Ausland als "sehr lehrreich, aber auch sehr anstrengend" erlebt hat.

Das Leben als Globetrotter war zwar aufregend und lukrativ, aber auch eine Belastungsprobe für Finkeldeys Familienleben. Deshalb entschied er sich 2004 mit seiner Frau Ulla und den beiden Kindern Miko und Max nach Namibia zurückzukehren.
Während er hier einige Jahre im Unternehmen des Schwiegervaters arbeitete, reifte die Idee eine eigene Mikro-Brauerei zu gründen und die Erfahrung zu nutzen, die er im Ausland gesammelt hat. Der Name seiner geplanten Firma kam den Finkeldey's bei einer "Eingebung" auf der Farm. Dort wurde ihm bewusst, dass "der Kameldornbaum ein typisch namibisches Symbol für Widerstandskraft darstellt und so tief verwurzelt ist, wie die Brautradition in unserem Land". Damit hatte der Traum einer eigenen Brauerei endlich einen Namen und wenig später auch das jetzige Logo von Camelthorn Brewing Company (Pty) Ltd.
Ob seine Firma ähnlich tiefe Wurzeln schlägt wie der Baum der sein Namensgeber ist, wird vor allem davon abhängen, wie aufgeschlossen und experimentierfreudig namibische Biertrinker sind. Das ist auch dem Gründer und Geschäftsführer bewusst, der nach eigener Einschätzung großes Durchhaltevermögen brauchen wird und viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Schließlich ändern sich die Trinkgewohnheiten von Bierliebhabern nicht über Nacht.

"Man muss die Leute langsam an Neues heranführen und ihre Neugier wecken", glaubt Finkeldey, der sich dabei nicht auf eine Werbekampagne, sondern vor allem auf Mundpropaganda verlassen will. Nach bisherigen Erfahrungen ist diese Form der Öffentlichkeitsarbeit erfolgreich. Das zeigte sich bereits beim ersten Frühschoppen auf dem Firmengelände, zu dem er nach eigener Aussage "nur einige Bekannte" eingeladen hat und schließlich "über 1200 Besucher" kamen.
Erster Eindruck: Den Kunden scheint das herbe Bier zu schmecken das weder gefiltert, noch mit Zusatz- oder Konservierungsstoffen behandelt und auch nicht pastorisiert ist. Die Biere sind zum Teil naturtrüb und daher besonders aromatisch da die noch vorhandene Hefe ein Geschmacksträger ist. Bereits wenige Tage nach Eröffnung der 420 Quadratmeter großen Brauerei im Industrieviertel Prosperita konnten sich Finkeldey und seine sechs Mitarbeiter vor Arbeit kaum retten. Schon jetzt ist die Mikro-Brauerei ihrem Ziel im ersten Jahr 2500 Hektoliter (250 000) Liter im ersten Jahr herzustellen etwas näher gekommen.

Mittelfristig will Finkeldey die Produktion auf jährlich 7500 Hektoliter erhöhen und weiteres Personal anstellen. Um dieses Ziel zu erreichen, will er zum Beispiel mit dem leichten und leicht süßen Fruchtbier "Fresh" vor allem Frauen als Kunden gewinnen, die von Brauereien bisher generell "vernachlässigt" worden seien.
Dass er seinen Absatzmarkt vor allem in der "gehobene(n) Mittelschicht" sieht, hängt vor allem mit einem Faktor zusammen: dem Preis. Weil Camelthorn Brewing Company nur kleine Mengen an hochwertigem Bier produziert das über fünf Wochen reifen muss und dessen Herstellung aufgrund der Flaschengärung aufwändiger und zeitraubender ist, sind die Biere des Unternehmens auch preislich höher angesiedelt. Dass dies Verbraucher abschrecken könnte, fürchtet Finkeldey jedoch nicht. "Qualität hat ihren Preis", sagt er und bemüht dann einen kulinarischen Vergleich: "Eine frische Gemüsesuppe im Restaurant kostet schließlich auch mehr als das Imitat aus der Tüte. Außerdem sind unsere Biere im namibischen Vergleich dennoch preiswerter als vergleichbare Importmarken wie Paulaner, Erdinger, Schöfferhofer oder Schneider."
Abgesehen von dem ausgefallenen Aromen seiner Biere will Finkeldey eine weitere Eigenschaft seiner Produkte bewerben: ihre Frische. Im Gegensatz zu vergleichbaren Importbieren, die zum Zeitpunkt ihres hiesigen Verkaufs schon häufig das fast das Verfallsdatum erreicht haben, sind Finkeldeys Biere zwar weniger haltbar und müssen ständig gekühlt werden. Dafür haben sie aufgrund der unbehandelten Art das gesamte Geschmacksprofil und Ihre Brauereifrische beibehalten. Hinzu kommt beim Weissbier noch die Fass- oder Flaschengärung die im Gebinde gerade erst ihren vollen und leicht spritzig, herben und vollmundigen Geschmack entfaltet. "Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz von, sondern als Alternative zu den Namibischen Brauereien", sagt Finkeldey, dem deshalb auch die Feststellung wichtig ist, dass die NBL, für die er selbst zwischen 1989 und 1992 gearbeitet hat, seine Initiative "unterstützt".

Bislang sind die Biere von Camelthorn Brewing Company nur in Windhoek, Swakopmund und Walvis Bay sowie einigen Lodges im Windhoeker Raum erhältlich - mittelfristig will Finkeldey jedoch ins ganze Land expandieren. Zu kaufen ist das Bier in Lebensmittelgeschäften, Bars, Restaurants und Spirituosenläden, wo es in Flaschen oder 10-Liter-Fässern erhältlich ist. Außerdem können Kunden bei der Brauerei eine integrierte Zapf- und Kühlanlage für die Bierfässer erwerben.
Dort wird zwar kein Bier direkt an Kunden verkauft, dafür aber gegen eine Gebühr Führungen durch die Firma angeboten bei denen Teilnehmer auch Bier in der Probierstube verkosten und erwerben können. Des Weiteren steht diese Probierstube als kleiner Gastraum mit Ausschank zur Verfügung, der für Veranstaltungen mit bis zu 30 Personen gemietet werden kann.
Für den Fall, dass ein Bier nicht wie erwartet von namibischen Verbrauchern angenommen wird, hat Finkeldey schon jetzt vorgesorgt: "Eine Mikrobrauerei hat den Vorteil, dass sie klein und flexibel ist", sagt er. "Wir können unsere Rezeptur also jederzeit anpassen und den Geschmäckern unserer Zielgruppe anpassen."
Dann eilt er zum Empfangsraum und begrüßt dort einen potentiellen Großkunden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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