Webseite entsetzt Namibia
Swakopmund – Schon am vergangenen Freitag hat der namibische Gastgewerbeverband (HAN) alle Mitglieder aufgerufen, die Betreiber der umstrittenen Facebook-Seite „Namtour“ anzuzeigen, so dass diese geschlossen wird. Die Internetseite namtour.weebly.com ging indes am 4. April offiziell an den Start; es handelt sich um eine Internetseite mit teils brutalen und abscheulichen Nachrichten und Fotos, die nach eigener Darstellung die Wahrheit über Namibia für (potenzielle) Touristen enthüllen soll.
„Was soll man machen?“, fragte HAN-Geschäftsführerin Gitta Paetzold gestern im Gespräch mit der AZ. Und: „Das Internet ist heute derart offen, dass jeder dort sagen und machen kann was er will.“ HAN sei in der vergangenen Woche darauf aufmerksam gemacht worden und habe sofort reagiert. Paetzold zeigte sich erfreut, dass kurz darauf im sozialen Netzwerk Facebook eine Contra-Gruppe gebildet worden sei, die weitaus mehr Unterstützer (Likes) in Rekordzeit bekommen hat.
Auf dieser Contra-Gruppe wird von einem Großteil der Personen ein Verantwortlicher für die umstrittene Internetseite genannt, wofür es „Indizienbeweise“ gebe. Im Rampenlicht steht der Robbenschützer Pat Dickens, Manager der Organisation The Seals of Nam (Südafrika), der schon in der Vergangenheit mehrfach mit einem namibischen Tourismusboykott gedroht hatte (AZ berichtete). Der wies aber jegliche Verantwortung von sich, weil „wir sonst unsere wertvolle Unterstützung in Namibia verlieren“, sagte er gestern auf AZ-Nachfrage. Und weiter: „Das ist eine feindselige Webseite. Was dort gemacht wird, geht weit über unser Ziel hinaus. Jedes Land hat gesellschaftliche Übel, doch was dort dargestellt wird, ist einfach geschmacklos.“
Die Darstellungen von Namibia auf der umstrittenen Internetseite sind nichts für empfindliche Augen. Brutale Bilder von toten Tieren, vor allem Robben, oder Menschen, die Sex mit Tieren haben, schmücken die kurzen Texte. „Wir haben diese Internetseite gestern (4. April) gestartet. Es ist unser Ziel, Lügen, Kriminalität und Propaganda in Namibia zu entlarven“, heißt es auf der Internetseite. Unter jeder Rubrik sind mehrere Artikel von namibischen Zeitungen abgebildet, in denen beispielsweise über Babyentsorgung, Armut, HIV/Aids und Kriminalität berichtet wird.
„Das ist ein Plagiat“, sagte Medienombudsmann Clement Daniels gestern dazu. Er ergänzte: „Diese Angelegenheit geht weit über den Umfang der Arbeit des Medienombudsmannes hinaus. Internationale Zeitungsorganisationen sollten hier eingreifen.“ Er forderte die Regierung zum Handeln auf.
Etliche AZ-Leser haben sich in den vergangenen Tagen bei der Redaktion gemeldet und sich über die umstrittene Internetseite „schockiert“, „entsetzt“ und „einfach sprachlos“ gezeigt. Die Identität der Person/en, die für die Internetseite verantwortlich ist/sind, ist offiziell noch nicht geklärt. Viele Namibier haben gefordert, dass die Computer-IP-Adresse zurückverfolgt werden und die Macher zur Rechenschaft gezogen werden sollen.
Der Namibische Tourismusrat (NTB) und Umweltminister Uahekua Herunga konnten gestern für eine Stellungnahme nicht erreicht werden.
Von Erwin Leuschner
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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