Wie eine kalte Dusche sein
"Mein erstes Gedicht habe ich mit acht Jahren geschrieben", sagt die 22-Jährige, die wie Co-Autorin Tumweneni aus dem Owamboland kommt. "Es war ein Geschenk für meine Mutter. Das Schreiben war einfach schon immer meine liebste Form, Gefühle auszudrücken." Als ihr dann Tumweneni, ihre beste Freundin an der Highschool, zum Geburtstag ein Gedicht schenkte, entstand der Gedanke, zusammen ein Buch zu schreiben: "Es war auch dazu gedacht, unsere Freundschaft zu stärken", sagt Victoria. Also trugen sie ihre Gedichte zusammen und suchten nach einer Druckerei. Romanautorin Neshani Andreas und Erika von Wietersheim haben sie unterstützt, korrigiert, beim Aufbau des Buches geholfen. Auch einen Titel brauchte der Band. "Wir dachten uns, dass ja in jedem Gedicht jemand spricht und von seinem Schicksal erzählt, so entschieden wir uns für den Titel ,Shower of Voices'", sagt Victoria. Dusche der Stimmen. Wie eine kalte Dusche wollen die Mädchen sein, auf 104 Seiten mit 78 Gedichten.
Die meisten drehen sich um tragische Geschichten. "Als ich in der Schule war, habe ich die Zeitung gelesen und mir gedacht, vielleicht sollte ich auch meine Rolle spielen, um all dem Bösen in der Welt etwas entgegenzusetzen", sagt Victoria. Zu viel Tod, Korruption und Gewalt gebe es in ihrem Land und daran müsse sich etwas ändern.
Wie die Themen sind auch die Gedichte, unbequem, ehrlich, kaum kommt ein Reim vor. Hinter den feinen Gesichtszügen, dem zierlichen Körper und der glatten Stirn der jungen Frau vermutet man nicht solche schweren, ernsten Gedanken. Doch Victoria empfindet ihre Gedichte sogar als Mission: "Ich will durch das, was ich schreibe, eine Botschaft an mein Land richten: Die Ignoranz hinter sich lassen, die Einstellung ändern. Es gibt zu viel Schlechtes in unserem Land."
Die Gedichte in dem Buch von Victoria und Tumweneni tragen Namen wie "Tears of an Angry Nation", "Tell Me Why" oder "AIDS the Killer". Victoria und Tumweneni wollen etwas erreichen, den Missbrauch, die Kriminalität, sinnlosen Mord, Alkoholmissbrauch und AIDS bekämpfen. "Wenn wir nicht versuchen, etwas gegen die Ignoranz zu unternehmen, wird in der nächsten Generation ein Mord so normal sein, wie Schokolade zu essen." Wenn sie versucht, ihre Mission eindringlich zu erklären, zu überzeugen, schleichen sich Falten auf ihre sanfte Stirn. Doch sogar dann bleibt der ruhige Ausdruck um ihren Mund: Sie sieht den Problemen ins Auge, verliert dabei aber nie ihre Lebensfreude und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihr Lieblingsgedicht heißt "Happiness", Glück. In einem anderen heißt es: "You can change today, you can change now, it's never too late".
Dabei schreibt sie nicht immer über sich selbst, sondern oft über Erlebnisse ihrer Freunde oder einfach über Geschichten, die sie gehört hat: "Alle sind real, wenn sie mir auch nicht selbst passiert sind", sagt Victoria. Besonders eindringlich sind ihre - und Tumwenenis - Gedichte über folgenschwere Unfälle oder über unschuldige Kinder, die schlimme Schicksale erleiden. "Wenn ein Mann stirbt, bleibt der zurückgebliebenen Familie nichts. Die Verwandten des Ehemannes kommen und nehmen alles weg, was soll da aus der Familie werden?" Diese Missstände werden in den Gedichten der beiden Mädchen einfach erzählt, ohne Hass zu zeigen, ohne dass sie Moralapostel spielen. Die nackte Schilderung der Tatsachen in den Gedichten weckt auf, macht aufmerksam und - so hoffen die Mädchen - wird eine Veränderung bewirken.Victoria Hasheela sitzt auf der Parkbank, die Arme liegen ganz locker auf der Lehne, die Sonnenbrille steckt im Kragen ihres T-Shirts. Ganz entspannt lehnt sie da - und doch hört sie nicht auf, die Leute, die an ihr vorbeigehen, aufmerksam zu betrachten. Schließlich sind die Menschen und ihre Probleme der Stoff für Victorias Gedichte, die sie zusammen mit einer Freundin jetzt als Buch veröffentlicht hat.
Seit dem 6. September gibt es das Buch, doch man kann es nicht im Handel kaufen, sondern nur unter [email protected] bestellen. "Wir möchten das selber unter Kontrolle haben", sagt Victoria. Und das Prinzip funktioniert: Schon in den ersten sechs Tagen haben die Mädchen 60 von 360 Exemplaren verkauft. 100 Namibia-Dollar kostet das Buch, wenn man es geschickt bekommen will. Haben sie auch schon Feedback bekommen? "Jeden Tag bekomme ich e-mails, dass dieses Buch notwendig war. Das macht mich natürlich schon stolz", sagt sie. Geschmeichelt ist sie schon, doch das ist nur ein winziger Nebeneffekt für Victoria - kein Grund, einen kompletten Gedichtband zu schreiben.
Dabei war es nicht ihr erstes Buch: Bereits in drei Bänden, die in Großbritannien, den USA und Namibia erschienen sind, hat sie Gedichte veröffentlicht. Und es wird nicht ihre letzte Publikation sein: "Als nächstes will ich alleine einen Gedichtband machen, da soll es um die Freundschaft gehen", sagt sie. Einmal beruflich als Schriftstellerin zu arbeiten, kommt für die Informatikstudentin jedoch nicht in Frage: "Das Schreiben ist doch meine Leidenschaft, das will ich nicht beruflich machen", sagt sie. Systemanalytikerin oder Grafikdesignerin, das wäre ihr Traumberuf. Auch Tumweneni will nicht beruflich schreiben. Die 25-Jährige wird Ärztin und studiert in Südafrika. Victoria geht jetzt erst einmal nach Großbritannien, um dort weiter zu studieren. Und vielleicht auch, um mit ihren tiefen, aufmerksamen Augen noch mehr Stoff für ihre Gedichte einzusammeln.
Die meisten drehen sich um tragische Geschichten. "Als ich in der Schule war, habe ich die Zeitung gelesen und mir gedacht, vielleicht sollte ich auch meine Rolle spielen, um all dem Bösen in der Welt etwas entgegenzusetzen", sagt Victoria. Zu viel Tod, Korruption und Gewalt gebe es in ihrem Land und daran müsse sich etwas ändern.
Wie die Themen sind auch die Gedichte, unbequem, ehrlich, kaum kommt ein Reim vor. Hinter den feinen Gesichtszügen, dem zierlichen Körper und der glatten Stirn der jungen Frau vermutet man nicht solche schweren, ernsten Gedanken. Doch Victoria empfindet ihre Gedichte sogar als Mission: "Ich will durch das, was ich schreibe, eine Botschaft an mein Land richten: Die Ignoranz hinter sich lassen, die Einstellung ändern. Es gibt zu viel Schlechtes in unserem Land."
Die Gedichte in dem Buch von Victoria und Tumweneni tragen Namen wie "Tears of an Angry Nation", "Tell Me Why" oder "AIDS the Killer". Victoria und Tumweneni wollen etwas erreichen, den Missbrauch, die Kriminalität, sinnlosen Mord, Alkoholmissbrauch und AIDS bekämpfen. "Wenn wir nicht versuchen, etwas gegen die Ignoranz zu unternehmen, wird in der nächsten Generation ein Mord so normal sein, wie Schokolade zu essen." Wenn sie versucht, ihre Mission eindringlich zu erklären, zu überzeugen, schleichen sich Falten auf ihre sanfte Stirn. Doch sogar dann bleibt der ruhige Ausdruck um ihren Mund: Sie sieht den Problemen ins Auge, verliert dabei aber nie ihre Lebensfreude und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihr Lieblingsgedicht heißt "Happiness", Glück. In einem anderen heißt es: "You can change today, you can change now, it's never too late".
Dabei schreibt sie nicht immer über sich selbst, sondern oft über Erlebnisse ihrer Freunde oder einfach über Geschichten, die sie gehört hat: "Alle sind real, wenn sie mir auch nicht selbst passiert sind", sagt Victoria. Besonders eindringlich sind ihre - und Tumwenenis - Gedichte über folgenschwere Unfälle oder über unschuldige Kinder, die schlimme Schicksale erleiden. "Wenn ein Mann stirbt, bleibt der zurückgebliebenen Familie nichts. Die Verwandten des Ehemannes kommen und nehmen alles weg, was soll da aus der Familie werden?" Diese Missstände werden in den Gedichten der beiden Mädchen einfach erzählt, ohne Hass zu zeigen, ohne dass sie Moralapostel spielen. Die nackte Schilderung der Tatsachen in den Gedichten weckt auf, macht aufmerksam und - so hoffen die Mädchen - wird eine Veränderung bewirken.Victoria Hasheela sitzt auf der Parkbank, die Arme liegen ganz locker auf der Lehne, die Sonnenbrille steckt im Kragen ihres T-Shirts. Ganz entspannt lehnt sie da - und doch hört sie nicht auf, die Leute, die an ihr vorbeigehen, aufmerksam zu betrachten. Schließlich sind die Menschen und ihre Probleme der Stoff für Victorias Gedichte, die sie zusammen mit einer Freundin jetzt als Buch veröffentlicht hat.
Seit dem 6. September gibt es das Buch, doch man kann es nicht im Handel kaufen, sondern nur unter [email protected] bestellen. "Wir möchten das selber unter Kontrolle haben", sagt Victoria. Und das Prinzip funktioniert: Schon in den ersten sechs Tagen haben die Mädchen 60 von 360 Exemplaren verkauft. 100 Namibia-Dollar kostet das Buch, wenn man es geschickt bekommen will. Haben sie auch schon Feedback bekommen? "Jeden Tag bekomme ich e-mails, dass dieses Buch notwendig war. Das macht mich natürlich schon stolz", sagt sie. Geschmeichelt ist sie schon, doch das ist nur ein winziger Nebeneffekt für Victoria - kein Grund, einen kompletten Gedichtband zu schreiben.
Dabei war es nicht ihr erstes Buch: Bereits in drei Bänden, die in Großbritannien, den USA und Namibia erschienen sind, hat sie Gedichte veröffentlicht. Und es wird nicht ihre letzte Publikation sein: "Als nächstes will ich alleine einen Gedichtband machen, da soll es um die Freundschaft gehen", sagt sie. Einmal beruflich als Schriftstellerin zu arbeiten, kommt für die Informatikstudentin jedoch nicht in Frage: "Das Schreiben ist doch meine Leidenschaft, das will ich nicht beruflich machen", sagt sie. Systemanalytikerin oder Grafikdesignerin, das wäre ihr Traumberuf. Auch Tumweneni will nicht beruflich schreiben. Die 25-Jährige wird Ärztin und studiert in Südafrika. Victoria geht jetzt erst einmal nach Großbritannien, um dort weiter zu studieren. Und vielleicht auch, um mit ihren tiefen, aufmerksamen Augen noch mehr Stoff für ihre Gedichte einzusammeln.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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