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Wie schmeckt Europa?

WAZon: Frau Calothy, morgen in einer Woche startet das Europa Festival unter dem Motto "Europa sehen, hören und schmecken". Wie wollen Sie mit dem Programm alle Sinne ansprechen?

Calothy: Sehen kann man vor allem die Ausstellungen im Goethe-Zentrum, die mit immer wieder neuen Themen die Vielfalt Europas darstellen, zum Beispiel die unterschiedlichen Weihnachtsbräuche. Hören kann man unter anderem das Konzert eines belgischen Sängers, der morgen in einer Woche im FNCC auftreten wird.

WAZon: Und wie werden die Besucher Europa zu schmecken bekommen?

Calothy: Schon am ersten Tag wird es ein großes Büffet mit verschiedenen europäischen Spezialitäten geben. Wir planen, für Ungarn eine Gulaschsuppe, für Finnland typische Kuchen und für Deutschland Brötchen anzubieten, um nur einige Beispiele zu nennen.

WAZon: Gibt es in Namibia überhaupt ein Interesse für Europa?

Calothy: Ich denke schon. Das Problem ist, dass viele Leute einiges über Deutschland wissen, aber fast nichts über die anderen Länder Europas. Wir hoffen, dass wir viele Besucher haben, die nachher viel mehr über Europa wissen werden.

WAZon: Wer soll mit dem Festival angesprochen werden?

Calothy: Alle interessierten Menschen, jung, alt, gebildet, ungebildet. Natürlich richten sich die Ausstellungen beispielsweise besonders an Schulklassen. Aber das Konzert, die Filme - und natürlich auch das Essen - richten sich an alle.

WAZon: Wie und wann entstand die Idee zu dem Festival?

Calothy: Das war irgendwann zu Beginn des Jahres. Das FNCC und das Goethe-Zentrum dachten darüber nach, wie man auf unterhaltsame Art und Weise die Vielfalt Europas darstellen könnte. Und das Besondere ist, dass das Festival nicht nur von den beiden Organisationen veranstaltet wird. Alle Länder, die in Windhoek vertreten sind, sind mit im Boot.

WAZon: Was ist Ihr ganz persönlicher Höhepunkt des Festivals?

Calothy: Das Konzert des belgischen Pop-Sängers Tom Helsen wird sehr interessant werden. Er kommt aus einem Land, das selbst schon sehr unterschiedliche Facetten hat und mitten in Europa liegt. Deshalb glaube ich, dass nichts besser die Komplexität und die spannende Vielfalt Europas vermitteln kann als seine Musik.

Tom Helsen tritt schon am ersten Tag des Festivals auf. Ab 18.30 Uhr startet am kommenden Freitag (16. November) das große Eröffnungsfest im FNCC. Tom Helsen ist ein belgischer Pop-Songwriter und- Sänger, der in diesem Jahr sein viertes Album veröffentlicht hat. Im November 2007 gab der Sänger neun Konzerte im Vorprogramm der Sängerin Dido. Entdeckt wurde Tom Helsen 1996 auf Belgiens bekanntestem Rockfestival, als er gerade einmal zwei Jahre Gitarre spielte. Also nahm er eine erste Platte auf und tingelte mit seiner Ein-Mann-Band durch die Clubs und Bars. Bis er genug von der Solo-Karriere hatte und sich mit Desmond van Weddingen am Schlagzeug und Wim Janssens am Bass eine Band suchte. Der Sound von Helsens Songs veränderte sich dadurch natürlich grundlegend und er warf fast alles, was er alleine gesungen hatte, über Bord. Als "kristallklare Gitarrenpopsongs in der Tradition von Buffalo Tom" wurde seine Musik da bezeichnet.

Erst im Jahr 2000 veröffentlichte die Band, mittlerweile zu viert, ein drittes Album. In der Zwischenzeit gab es jedoch die Single "Tom is doing great", mit der der Sänger wenigstens ein kleines Lebenszeichen von sich gab. Seine neueste CD, mit deren Liedern er auch im FNCC auftreten wird, heißt "Hilite Hotel".

Wenn Tom Helsen die Bühne verlässt, übernehmen Clowns das Ruder. Sie nennen sich "Spanish NGO Clowns Without Borders" und widmen ihre Freizeit benachteiligten Kindern überall in der Welt und unterhalten sie mit ihren Clown-Späßen und Zauberei.

Neben den Ausstellungen werden ab 19. November im Goethe-Zentrum und im FNCC auch Filme gezeigt. Dabei haben die Organisatoren versucht, Filme aus möglichst vielen verschiedenen europäischen Ländern auszuwählen.

Den Anfang macht der schwedische Film "As it is in Heaven". Regisseur Kay Pollak sorgte mit diesem Streifen für einen der größten Hits in der schwedischen Filmgeschichte. Der Stardirigent Daniel lebt ein hektisches Leben und hastet von Konzert zu Konzert. Bis er eines Tages zusammenbricht und beschließt, ins Dorf seiner Kindheit zurückzukehren. Doch auch dort beginnt er wieder einen Chor zu leiten. Das führt bald zu Problemen, da er sich zum Schwarm sämtlicher Sängerinnen entwickelt. Er selbst interessiert sich nur für die tiefgründige Lena. Unter der Oberfläche lässt der Regisseur viele Konflikte brodeln, so dass der Film auch als leichte Kritik an kirchlichen Dogmen und dörflichen Gepflogenheiten verstanden werden kann.

Italienisch geht es dann am Dienstag mit Federico Fellinis Klassiker "Amarcord" (1974) weiter. Im Dialekt der Region Emilia-Romagna bedeutet der Titel "Ich erinnere mich". Obwohl man in dem Film keine Autobiografie Fellinis sehen sollte, hat der Regisseur doch viele Erlebnisse aus seiner Jugend in Rimini in dem Werk verarbeitet. Rimini in den 30er Jahren ist auch der Schauplatz des Films, der episodenhaft ein Jahr im Leben des 16-jährigen Titta zu Zeiten des italienischen Faschismus darstellt.

Für den nächsten Film muss man von Italien nach Belgien reisen: "Any Way the Wind Blows" stellt das Leben von acht Menschen während eines Sommertages in Antwerpen dar. Der Episodenfilm zeigt eine Gruppe von jungen Leuten, die sich an einem Freitag Nachmittag stylen, um auf dieselbe Party zu gehen. Im Vordergrund stehen dabei viele visuelle Effekte, Tanzszenen und ein anspruchsvoller Soundtrack.

Surreal wird es am letzten Filmabend: Der ungarische Streifen "Kontroll" aus dem Jahr 2003 spielt ausschließlich im U-Bahn-System der Stadt Budapest. Regisseur Nimród Antal fügte in dem Film viele Handlungsstränge zusammen: Zum einen sind da die U-Bahn-Kontrolleure, die den Betrieb jedoch nicht so ganz im Griff haben. Besonders der junge Kontrolleur Bulcsú ist ein sehr geheimnisvoller Typ, da er die unterirdischen Schächte so gut wie nie verlässt. Des Weiteren geht es um einen Mörder, der Fahrgäste vor die U-Bahn wirft, und um den erfolgreichsten Schwarzfahrer der Stadt. Ein düsterer Abschluss für ein hoffentlich buntes, helles Europafest.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-11-23

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